Handyman Jack 04 - Tollwütig
beeilte sich, in den Schränken nachzuschauen. Ja! Kleider! Oder was man als solche bezeichnen konnte. Eine verwaschene gelb-grün karierte Hose, Bootsschuhe aus Leinen, ›Islanders‹ stand quer über dem Rücken der Satinjacke zu lesen, und die Mütze trug vorne die Aufschrift ›Nascar‹, aber Jack hatte das Gefühl, einen wertvollen Schatz gefunden zu haben.
Alles außer der Mütze war ihm zu groß, doch das war ihm egal. Sobald er die Mütze vorsichtig über seinen Kopfverband gezogen hatte, warf er einen Blick in den Korridor. Der massige Polizist schwatzte noch immer mit der Krankenschwester, daher verließ Jack das Zimmer und schlenderte in die entgegengesetzte Richtung davon.
Er hatte den Mützenschirm tief nach unten gezogen und hielt den Kopf gesenkt. Er blickte nur hoch, um nach Hinweisschildern zu suchen, die den Weg zum Ausgang wiesen. Sein Herz schlug wieder heftiger, und seine Nerven waren abgespannt wie Drahtseile, während er auf den Klang der Alarmglocken und auf Sicherheitsmänner wartete, die durch die Flure herbeigerannt kamen. Aber alles blieb still. Er benutzte die Treppe, nicht den Fahrstuhl, eilte durch die Eingangshalle und hinaus in die frische Luft.
Frei. Zumindest vorerst.
Der Wind frischte auf und die Wolken schienen noch niedriger zu hängen und schwerer zu sein als vorher. Regen kündigte sich an. Er wollte das Krankenhaus so weit wie möglich hinter sich lassen, daher marschierte er los. Allzu schnell konnte er jedoch nicht gehen. Jeder Schritt erzeugte einen stechenden Schmerz in seinem linken Bein. Irgendwer oder irgendwas schien sein Gehirn als Amboss zu benutzen und sein versengtes Gesicht kribbelte unangenehm im Wind.
Abgesehen davon fühle ich mich großartig.
Aber wo war er? Er war im vergangenen Monat zweimal durch Monroe gefahren, konnte sich an diese Gegend aber nicht erinnern. All diese Wohngegenden mit ihren Ranches und Cape-Cod-Bauten und gepflegten Rasenflächen sahen einander ziemlich ähnlich. Dann entdeckte er ein Hinweisschild in Form eines Pfeils, der zum Industrie- und Geschäftszentrum deutete. Er folgte ihm. Dort würde er sicherlich weniger auffallen.
Unterwegs schaute er in den Taschen der Islanders-Jacke nach und fand die Einweisungspapiere des Krankenhauses mit dem Namen des Patienten – Peter Harris – sowie ein paar Münzen und zwei Zwanzigerscheine.
Vielen Dank, Peter Harris. Wenn ich dieses Abenteuer überstehe, zahle ich dir alles mit Zins und Zinseszins zurück.
Im Industrie- und Geschäftsviertel wimmelte es nicht gerade von Münzfernsprechern – vielleicht passten sie nicht zum Walfängerdorfflair dieser Gemeinde –, doch er fand immerhin einen vor einem Fischrestaurant und führte mit Abe ein kurzes R-Gespräch.
»Abe, ich brauche eine Fahrgelegenheit.«
»Wohin?«
»Nach Hause.«
»Kannst du kein Taxi nehmen?«
»Ich stecke ein wenig in der Klemme.«
Abe seufzte. »Und wo befindet sich diese Klemme, in der du gerade steckst?«
»In Monroe. Vor einem Restaurant namens« – er warf einen Blick auf das Namensschild – »Memison’s. Wann kannst du hier sein?«
»Oy. Monroe. Konntest du dir nicht etwas Näheres aussuchen? Okay, ich lese dich vor Memison’s auf, aber rechne mit mindestens anderthalb Stunden, bis ich dort bin.«
»Danke, Abe, und hör mal – ruf Gia an und sag ihr, mir gehe es gut. Ich hätte sie ja auch selbst anrufen können, aber ich will mich nicht allzu lange in der Telefonzelle aufhalten. Sag ihr, jemand habe mir das gleiche Zeug verpasst, dass diese Schuljubilare hat durchdrehen lassen, aber ich habe es ganz gut überstanden.«
»Auf einer Irrfahrt und in Monroe gestrandet… das nennst du okay?«
»Erzähl es ihr einfach, Abe.«
Jack legte auf und sah sich um. Er musste anderthalb Stunden totschlagen. Die Uhr am Bankgebäude stand auf halb eins. Verdammt. Er war stundenlang bewusstlos gewesen, und mittlerweile dürften die Cops auch wissen, dass er geflüchtet war. Sie würden ihre Suche zuerst auf das Krankenhaus konzentrieren, aber sobald sie begriffen, dass er sich nicht dort versteckte, würden sie die ganze Stadt durchkämmen. Wo könnte er sich eine Stunde lang aufhalten, wo niemand ihn bemerken würde?
Und dann hatte er eine Idee.
8
Das Telefon klingelte. Nadia rührte sich nicht. Es war nicht ihr Handy – dessen Nummer war die Einzige, die sie der Polizei genannt hatte –, daher interessierte es sie nicht, wer sie über das Netztelefon anrief.
Sie saß im Wohnzimmer ihrer
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