Handyman Jack 09 - Das Höllenwrack
Verspätungen und die im Flughafen verbrachte unnütze Wartezeit addierte. Sogar noch billiger als eine Autofahrt, wenn man die astronomischen Parkgebühren in Manhattan bedachte.
Er entdeckte eine Reihe bewaffneter Soldaten mit schwarzen Mützen, Tarnanzügen und Kampfstiefeln, die im Bahnhofsgebäude postiert waren.
Klar, dachte er mit aufwallendem Zorn. Jetzt seid ihr in Massen aufmarschiert. Aber wo, zum Teufel, habt ihr gestern gesteckt?
Doch er verdrängte diese Gedanken.
Er hatte schließlich noch ein Zimmer für Tom gefunden – und zwar in einem Hotel direkt gegenüber dem Bahnhofsgebäude. Aber nur, weil er jemandem vom Management mal einen kleinen Gefallen getan hatte. Das Zimmer hatte er mit der Kreditkarte einer seiner Tarnidentitäten bezahlt.
Er war ein wenig zu früh erschienen und hatte ausreichend Zeit gehabt, sich in der Halle umzuschauen. Im Book Corner hatte er ein neues Buch von Stephen Hunter entdeckt. Er nahm sich vor, es irgendwann einmal zu kaufen, wenn er wieder fähig war, sich auf mehr zu konzentrieren als auf einen Eisenbahnfahrplan.
Apropos Fahrplan … Er trat zu der großen Ankunftstafel, die weithin sichtbar über dem Durchgang zu den Bahnsteigen hing. Dort drängten sich zahlreiche Leute und blickten zu den ständig wechselnden Ankunftszeiten hoch wie Gläubige zu einem heiligen Altar. Dieser Gemeinde schloss er sich an. Tom hatte den Metroliner genommen und sollte um 13.59 Uhr eintreffen. Laut Schrifttafel hatte der Zug keine Verspätung und würde in zehn Minuten einfahren.
Diese Zeitspanne verbrachte er damit, seine Mitmenschen zu beobachten.
Die Besucher der Penn Station schienen angespannt und nervös. Jack vermutete, dass er selbst in diesem Punkt wahrscheinlich auch keinen Unterschied machte. Was in einem Flughafen geschehen konnte, wäre auch in jedem Bahnhof denkbar.
Er fragte sich, wie viele von den Leuten wohl bewaffnet waren. Er hatte sich seine neue Reservepistole um den Fußknöchel geschnallt und die Glock mitsamt ihrem Nylonhalfter auf dem Rücken in den Gürtel seiner Jeans gesteckt.
Sollte jemand anfangen zu schießen, so würde er sehr schnell feststellen müssen, dass es zumindest einen Besucher gab, der sofort zurückschoss.
Schließlich wurde die Einfahrt des Metroliners gemeldet. Und da war dieser fette Mittvierziger in einem grauen Anzug, schwer atmend und das Gesicht gerötet, während er einen Koffer die Treppe hochzog.
Tom hatte schon damals angefangen, an Gewicht zuzulegen, ehe Jack sich überhaupt davongemacht hatte, um namenlos in Manhattan unterzutauchen. Aber er hatte in den fünfzehn Jahren, seit Jack ihn zum letzten Mal gesehen hatte, doch noch enorm zugelegt. Er sah aus wie der »Vorher «-Typ auf einem Plakat der Anonymen Fresssüchtigen. Aber er hatte dasselbe braune Haar und dieselben braunen Augen wie sein Bruder Tom, und dessen aufgedunsenes Gesicht kam ihm vage vertraut vor.
»Tom?«
Der Mann blickte auf, blinzelte und runzelte die Stirn. »Jackie?«
»Der bin ich.« Er streckte ihm die Hand entgegen. »Auch wenn ich schon lange nicht mehr ›Jackie‹ bin.«
Toms Hand war feucht. Seine Lippen verzogen sich zu der Andeutung eines Lächelns.
»Ja, das hätte ich mir eigentlich denken können.« Er schüttelte den Kopf und blies die Wangen auf. »Eine schlimme Sache, nicht wahr. Ein verdammtes Desaster.«
Dem konnte Jack nicht widersprechen.
Tom sah sich suchend um. »Ich brauche erst mal einen Drink, ehe wir ins Leichenschauhaus fahren.«
Jack erklärte ihm die Umstände hinsichtlich der Freigabe der Leiche.
»Mein Gott, warum hast du mir das nicht eher gesagt?«
»Ich habe dir eine entsprechende Nachricht hinterlassen.«
Tom schüttelte den Kopf. »Ich brauche trotzdem einen Drink. Gibt es hier irgendeinen Laden, wo man so etwas bekommt?«
Jack zuckte die Achseln. »Machst du Witze? Wir sind hier in New York. Hier gibt es Bars wie Sand am Meer. Oder wenn du vor dem Verdursten bist und nicht warten kannst …« Er wandte sich zu der Zeile von Läden und Imbissrestaurants in der Halle um und deutete auf die gelbe Lichtreklame über dem Eingang von Houlihan’s. »Wir können dort reingehen.«
»Dann nichts wie hin.«
4
Tom trank Grey Goose on the rocks. Jack hatte miterleben dürfen, wie er in den ersten zehn Minuten zwei Gläser leerte und ein drittes bestellte. Er selbst hatte immer noch die erste Hälfte seines Glases Brooklyn Lager vor sich stehen. Die Beleuchtung war gedämpft, aber Jack glaubte ein
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