Handyman Jack 10 - Der Erbe
etwas, was ich noch nicht probiert habe: mit Sauerkraut gefüllte Piroggen.«
Jack zog eine Grimasse. »Zum Frühstück?«
»Hey, ich bin schwanger. Das bedeutet, ich darf mir solche Ausrutscher erlauben.« Sie legte ihre Karte weg und sah Jack an. »Ich kann heute nicht in dir lesen, Jack. Was denkst du gerade?«
»Ich denke, dass ich nicht sehen will, wie jemand zum Frühstück mit Sauerkraut gefüllte Piroggen ist.«
»Sei doch mal ernst.«
Er dachte darüber nach.
»Ich fühle mich seltsam. Wirklich seltsam. So als würde ich mein wahres Ich aufgeben, aber mein wahres Ich ist jemand ganz anderes. Also gebe ich eigentlich das falsche künstliche Ich auf, das aber echter geworden ist als das wahre Ich. Ergibt das irgendeinen Sinn?«
»Wenn jemand anderes das sagen würde – nein. Dann würde ich sagen, du hast etwas geraucht, was dir nicht bekommen ist. Aber wenn du das sagst – alles vollkommen klar.«
Die Kellnerin kam zurück, den Stift schreibbereit über dem Block gezückt.
»Haben Sie schon gewählt?«
»Ich hätte gern die Piroggen mit Sauerkraut«, sagte Gia.
»Gekocht oder gebraten?«
»Wo ist da der Unterschied?«
Die Antwort kam ganz trocken: »Die einen sind gekocht, die anderen gebraten.«
Jack rieb sich mit der Hand über den Mund, um sein Lächeln zu kaschieren. An jedem anderen Tag wäre er vielleicht verärgert gewesen, aber noch waren an diesem Morgen keine Bomben explodiert, also war sogar eine muffelige Bedienung etwas Erfreuliches.
»Ich hätte sie gern gekocht«, sagte Gia. Dann sah sie ihn an und lachte. »Ist der Laden hier nicht einfach toll?«
3.
Jack brachte es nicht über sich, über La Guardia zu fliegen und die Ashe-Brüder waren beide für Chartertouren gebucht, deswegen entschloss er sich, mit Spirit Airlines von Atlantic City aus zu fliegen. Die Fahrt dahin war länger als die zum Kennedy Airport, aber die Landschaft war schöner. Und er hatte es nicht eilig.
Der Flug nach Florida letztes Jahr – der erste und einzige Linienflug, seit er erwachsen war – hatte ihm gezeigt, dass die Kontrollen am Flughafen seinen falschen Ausweis nicht erkannten, also ging er diesen Flug mit viel mehr Ruhe an als seinen letzten. Aber die Aussicht, kontrolliert zu werden, machte ihn immer noch kribbelig.
Er hatte im Isher Sports Shop reingeschaut, wo Abe einen ganz schönen Tanz veranstaltet hatte, weil er sich für immer von Handyman Jack verabschieden wollte – »Ich würde ja den Kaddish sprechen, aber ich erinnere mich nicht mehr an die Worte« –, bevor er ihm die Adresse in dem Jachthafen gab.
Dann startete Jack den Crown Vic und wandte sich nach Süden. Er trug seine Yeniceri-Sonnenbrille. Er mochte die unbehinderte Sicht, während so gleichzeitig der größte Teil seines Gesichts verdeckt war.
Atlantic City war überhaupt kein Problem. Er fand sofort einen Parkplatz. Die Identitätsüberprüfung am Ticketschalter machte ihn zwar leicht nervös, verlief aber routinemäßig. Die Schlange vor der Sicherheitskontrolle war kurz, das Prozedere effizient. Er war viel ruhiger, als er diesmal hindurchging, als beim letzten Mal. Vielleicht hatte das auch etwas damit zu tun, dass er dieses Mal keine versteckte Waffe bei sich trug.
Ohne Waffe – vor allem in einem Flugzeug – fühlte er sich nackt. Nicht hilflos, nur nackt.
Da bis zum Abflug noch eine halbe Stunde Zeit war, rief er seine Mailbox ab und fand da einen Anruf von seinem Schwager Ron, der um Rückruf bat.
Dr. med. Ron Iverson war der Exmann von Jacks Schwester Kate. Sie waren sich nur einmal begegnet, auf der Beerdigung von Jacks Vater, und diese Begegnung war nicht sehr angenehm gewesen. Ron hatte es Jack nie verziehen, dass er nicht zu Kates Begräbnis gekommen war. Er war kein schlechter Kerl. Und da Jack ihm nie einen Grund genannt hatte, warum er nicht da gewesen war – er hatte Kate geliebt und wenn es irgend menschenmöglich gewesen wäre, dorthin zu kommen, dann hätte er es getan –, war seine Verärgerung begründet.
Dies war das erste Mal, dass er Jack anrief. Es musste wichtig sein.
Neugierig tippte Jack die Nummer ein, die Ron hinterlassen hatte. Nach ein paar krampfhaften Floskeln kam Ron auf den Grund seines Anrufes zu sprechen.
»Hör mal, Jack. Ich weiß, du bist an Familienangelegenheiten nicht interessiert, aber der Nachlass deines Vaters muss geregelt werden.«
»Also, ich …«
»Es geht nicht um mich«, fügte er hastig hinzu. »Kates Drittel geht an Kevin und Lizzie, und deren
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