Handyman Jack - Story-Sammlung
eine Fahrkarte, und stecke Sie zu all den Pendlern in den Zug nach New York. Wenn Sie erst mal in der Stadt sind, können Sie ganz leicht untertauchen.«
George meinte, Tränen in den Augen des Jungen zu sehen. »Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll.«
»Vergiss es einfach. Leg dich in meinem Schlafzimmer hin. Du siehst fertig aus. Ruh dich aus. Niemand wird dich hier vermuten.«
Der junge Mann nickte, dann ging er zum Fenster und sah hinaus. »Es ist schön hier«, sagte er.
George wusste, dass es wahrscheinlich noch schöner wäre, wenn das Fenster sauberer wäre, aber seine Augen waren nicht mehr gut genug, um einen Unterschied zu bemerken.
»Wenn mir das hier gehören würde«, sagte der junge Mann leidenschaftlich, »dann würde ich verdammt noch mal einen Weg finden, wie man es vor den Spekulanten und dem Finanzamt schützen könnte. Vielleicht könnte man ein Natur- oder ein Vogelschutzgebiet oder so etwas daraus machen. Irgendetwas, um es wild und unberührt zu lassen.«
Mit einem Kopfschütteln drehte er sich um und ging in den hinteren Raum. George sah ihm erstaunt nach. Ein Naturschutzgebiet. Warum hatte er noch nicht daran gedacht? Dann wäre es steuerbefreit und dürfte nicht mehr in Parzel len aufgeteilt werden! Das löste alle seine Probleme!
Aber es war zu spät, die ganze Maschinerie jetzt noch in Bewegung zu setzen. Es würde Jahre dauern, all die Anträge zu stellen und den bürokratischen Aufwand abzuwickeln, bis ein solcher Antrag genehmigt wäre. Und die hatte er nicht mehr. Er brauchte keinen Arzt, um zu wissen, dass sein Körper auf dem letzten Loch pfiff. Er sah nicht mehr richtig, er hatte Probleme beim Atmen, und, bei Gott, er konnte nicht mal mehr richtig pissen. Der Verschleiß schritt gnadenlos voran und Ersatzteile gab es nicht.
Aber was würde passieren, wenn er schließlich den Löffel abgab? Was würde mit dem Land geschehen? Und die Untermieter? Wohin sollten die gehen?
Vielleicht war dieser junge Kerl die Lösung. Vielleicht gab es für George einen Weg, ihm das Land zu vererben. Er würde es respektieren, es bewahren, so wie George es tun würde, wenn ihm die Zeit dazu bliebe. Vielleicht war das die Lösung.
Aber dazu müsste er ihm die volle Wahrheit über die Untermieter erzählen. Er wusste nicht, ob der Junge dafür schon bereit wäre.
Er setzte sich auf die Treppenstufen vor der Tür in die Sonne und zündete sich eine neue Zigarette an. Er musste über eine Menge nachdenken.
Die Nachmittagsnachrichten liefen.
George hatte den ganzen Tag gearbeitet, an dem Karottenbeet draußen, aber er hatte auch im Haus sauber gemacht. Jetzt, da er Gesellschaft hatte, bemerkte er erst, wie lange der letzte ordentliche Hausputz schon zurücklag.
Aber vor alldem hatte er erst einmal gewartet, bis der junge Mann eingeschlafen war, dann hatte er die Falltür unter dem Teppich in der Ecke des Wohnzimmers angehoben und den Untermietern gesagt, sie sollten sich den Tag über ruhig verhalten. Sie verstanden und versprachen, still zu sein.
Jetzt saß er vor dem Fernseher, sah sich die Lokalnachrichten an und sichtete die heutige Post: Drei kleine Tantiemenschecks von den Grußkartenfirmen – nicht viel, aber es würde helfen, die vierteljährlichen Steuern aufzubringen. Er sah zum Bildschirm hoch, als er hörte, wie »die Stadt Monroe auf Long Island« erwähnt wurde. Eine gut aussehende Asiatin saß einem vornehm wirkenden Mann in einem blauen Anzug gegenüber. Sie sprach gerade: „… erklären Sie bitte unseren Zuschauern, warum dieser Gilroy Connors so gefährlich ist, Dr. Kline.«
»Er ist ein Soziopath.«
»Und was genau ist das?«
»Einfach ausgedrückt, ist dies eine Persönlichkeitsstörung, bei der das Individuum zu keiner Unterscheidung von ›meins‹ und ›nicht-meins‹ fähig ist, und damit dann auch keinen Begriff von richtig oder falsch im traditionellen Sinne hat.«
»Anders gesagt, kein Gewissen.«
»So ist es.«
»Sind solche Menschen alle Mörder wie Connors?«
»Nein. Die berüchtigtsten Verbrecher und Serienmörder sind Soziopathen, aber Gewalt ist bei ihnen nicht zwingend ein Teil ihrer Persönlichkeit. Die Vertrauenspersonen, die Witwen um ihre Pensionen bringen oder Behinderte bestehlen, sind mindestens ebenso sehr Soziopathen wie die Charles Mansons dieser Welt. Das Grundelement eines soziopathischen Charakters ist das völlige Fehlen von Schuldbewusstsein. Diese Individuen tun alles, was nötig ist, um das zu bekommen, was sie haben
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