Handyman Jack - Story-Sammlung
Segen. Außer Sicht und mit einem Dach über dem Kopf – selbst wenn es hier stank, war das trotzdem mehr als gut. Es war das Beste, was ihm passieren konnte. Ihm war, als sei ihm eine Last von der Seele genommen.
Jetzt musste er nur noch herausfinden, wer der Rest von ›wir‹ war.
»Tja, da haben Sie das Haus hier wohl ganz für sich allein, was?«, meinte er und sah sich hastig um. Sie standen in einem rechteckigen Raum, der gleichzeitig als Wohnzimmer, Esszimmer und Küche diente. Das Mobiliar bestand aus einem alten Beistelltischchen, einem Schaukelstuhl, einem durchgesessenen Sessel und einer abgewetzten Couch. Unbestimmbare Müllhaufen lagen in jeder Ecke. Ein uralter Fernseher mit einem riesigen Holzrahmen und einem winzigen Bildschirm stand am anderen Ende des Raumes schräg gegenüber der Tür. Der Fernseher lief und eine schwarze Ansagerin verlas die Nachrichten: „… ein Pfleger schwer verletzt bei einem spektakulären Ausbruch aus der neuropsychiatrischen Klinik von Monroe. Der Flüchtige wurde zuletzt bei Glen Cove gesehen …«
Gil jubelte innerlich. Glen Cove! Was für ein Glück! Das war die falsche Richtung. Im Augenblick war er in Sicherheit. »Fantastisch!«, stieß er hervor und stampfte triumphierend mit dem Fuß auf.
»Hey! Ganz ruhig!«, sagte George, während er einen schmutzigen, verbeulten Aluminiumkessel mit Wasser füllte und auf den Gasherd stellte.
Gil spürte den üblichen Wutanfall aufsteigen, der ihn immer überkam, wenn man ihn zurechtwies, aber er unterdrückte ihn. Er schob sich zwischen George und den Fernseher, als sein aktuellstes Fahndungsfoto eingeblendet wurde. Die Ansagerin fuhr fort: »Wenn Sie diesen Mann sehen, halten Sie sich von ihm fern. Er ist unter Umständen bewaffnet und als gefährlich einzustufen.«
Gil sagte: »Entschuldigung. Es ist einfach so, dass die Nachrichten mich manchmal so aufregen.«
»Ach wirklich?« George zündete sich eine neue Zigarette an. »Ich achte nicht so sehr darauf. Aber Sie müssen sich ruhig verhalten. Sonst stören Sie die Untermieter und die …«
»Untermieter?« Gils Stimme klang ein wenig lauter als beabsichtigt. »Sie haben Untermieter?«
Der alte Kerl biss sich mit seinen wenigen verbliebenen Zähnen auf die Oberlippe und schwieg.
Gil trat in den kleinen Flur hinaus und griff nach dem Heft des Messers, das er in seinem Hemd verborgen hielt. Da waren zwei Türen: Die auf der linken Seite war offen und enthüllte ein winziges Badezimmer mit einer Toilettenschüssel, einem Waschbecken und einer schimmelbefallenen Duschwanne, die Tür nach rechts war verschlossen. Er stieß vorsichtig dagegen: leer. Schmutzige, zerknitterte Laken auf einem schmalen Bett, eine Kommode, ein Spiegel, wahllos herumliegende Kleidungsstücke, aber keine andere Person.
»Wo sind sie denn?«, fragte er, als er in den größeren Raum zurückkam.
George lachte – ein wenig zu laut, wie Gil fand, und sagte. »Ich habe gar keine Untermieter. Das war nur ein Witz. Da ist das Krabbelzeug im Zwischenboden. Das ist alles. Sie wissen schon: Schnappschildkröten, Frösche, Schlangen, Grillen und so’n Zeug.«
»Sie dulden solches Getier unter Ihrem Haus?« Der Kerl hatte offenbar nicht mehr alle Tassen im Schrank.
»In gewisser Weise schon. Wissen Sie, vor Urzeiten, als ich das Haus hier gebaut habe, hat sich eine Horde von Grillen da« – er deutete nach unten – »im Zwischenboden eingenistet. Die haben mich nachts wahnsinnig gemacht. Also hatte ich irgendwann die geniale Idee, ein paar Frösche zu fangen, die ich da runtergeworfen habe, damit sie die Grillen fressen. Klappte hervorragend. Nach zwei Tagen war von da unten nicht das geringste Gezirpe mehr zu hören.«
»Schlau.«
»Das habe ich zuerst auch gedacht. Bis die Frösche anfingen, die ganze Nacht zu quaken. Das war noch schlimmer als die Grillen.«
Gil lachte. »Ich verstehe. Also haben Sie Schlangen genommen, um die Frösche zu killen.«
»Stimmt. Schlangen sind ruhig. Außerdem fressen sie auch Grillen. Andererseits behagte mir der Gedanke, über einem Schlangennest zu leben, auch nicht sonderlich.«
Das schien zu einer endlosen Geschichte zu werden.
»Deswegen haben Sie dann als Nächstes Schildkröten ausgesetzt, um mit den Schlangen aufzuräumen.«
»Ja.« George löffelte löslichen Kaffee in ein Paar fleckige Kaffeebecher, und Gil versuchte, nicht darüber nachzudenken, wann die wohl das letzte Mal gespült worden waren. »Aber ich schätze, die haben nicht alle
Weitere Kostenlose Bücher