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Handyman Jack - Story-Sammlung

Handyman Jack - Story-Sammlung

Titel: Handyman Jack - Story-Sammlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Sie war fünf Jahre alt, verdammt noch mal! Ich fing an, Basketball zu spielen und war Spielmacher, aber kam jemand zu meinen Spielen? Nein, natürlich nicht.
    Es war wirklich so, nach fünf Jahren Intensivpflege für Annie war unser Haushalt ein Pulverfass. In der Rückschau ist mir jetzt klar, dass es die Schuld meiner Mutter war, die es so furchtbar übertrieben hatte. Aber damals, als Vierzehnjähriger, habe ich Annie an allem die Schuld gegeben. Ich hasste sie wirklich dafür, dass sie behindert geboren war.«
    Er hielt inne, bevor er weiterredete. Jetzt kam der wirklich schwere Teil.
    »Eines Nachts, als es Dad gelungen war, Mom zu einem offiziellen Firmenempfang mitzuschleppen, vor dem er sich nicht drücken konnte, war ich allein im Haus, um auf Annie aufzupassen. Bei diesen seltenen Ereignissen schärfte meine Mutter mir jedes Mal ein, ich müsse bei Annie bleiben – du weißt schon, ihr Geschichten vorlesen oder so etwas. Das tat ich aber nie. Ich ließ sie normalerweise allein vor dem alten Schwarz-Weiß-Fernseher liegen, während ich im Wohnzimmer vor dem großen Farbfernseher saß. Aber dieses Mal ging ich doch in ihr Zimmer.«
    Er erinnerte sich an den Anblick, wie sie dalag, die Bettdecke halb über ihren fetten kleinen Fischkörper hochgezogen, der kaum einen Meter lang war. Es war Winter gewesen, so wie jetzt, und ihre Mutter hatte ihr einen Schlafanzug aus Flanell angezogen. Das stoppelige Haar, das aus ihrem Hinterkopf wuchs, war in zwei Zöpfe geflochten und mit rosa Spangen festgemacht.
    »Annies Augen strahlten auf, als ich ins Zimmer kam. Sie hatte nie etwas gesagt. Sie konnte es wohl nicht. Ihr Gesicht war für Mienenspiel denkbar ungeeignet und auch mit ihren flossenartigen Armen konnte sie nicht viel tun. Man musste in ihren Augen lesen und das war nicht einfach.
    Niemand von uns wusste, wie viel Verstand Annie besaß und ob sie überhaupt etwas von dem mitbekam, was um sie herum geschah.
    Meine Mutter behauptete, dass Annie alles begriff, aber ich schätze, sobald es um Annie ging, war meine Mom etwas verbohrt.
    Jedenfalls stand ich da vor Annies Bettchen und begann, sie anzubrüllen. Sie zitterte bei dem Krach. Ich habe sie mit jedem Schimpfwort belegt, das mir einfiel. Und während ich die Worte sagte, piekste ich sie mit den Fingern – nicht so stark, dass es Blutergüsse gab, aber heftig genug, um etwas von der Wut in mir herauszulassen. Ich nannte sie einen verdammten schmierigen Thunfisch mit Füßen. Ich sagte ihr, wie sehr ich sie verabscheute und wie sehr ich wünschte, dass sie nie geboren wäre. Ich sagte ihr, dass jeder sie hasste und dass sie nur für eine Freakshow taugen würde. Dann sagte ich: ›Ich wünschte, du wärst tot! Warum stirbst du nicht einfach? Du solltest schon vor Jahren sterben! Warum tust du uns nicht allen einen Gefallen und tust es jetzt?
    Als mir die Worte ausgingen, sah sie mich mit ihren riesigen Augen an und ich sah die Tränen und wusste, sie hatte mich verstanden. Sie rollte sich herum und drehte sich zur Wand. Ich rannte aus dem Zimmer.
    In dieser Nacht habe ich mich in den Schlaf geweint. Ich hatte gedacht, ich würde mich besser fühlen, wenn ich ihr das alles gesagt hätte, aber alles, was ich jetzt vor mir sah, war dieser vierzehnjährige Rowdie, der eine hilflose Fünfjährige anschreit. Ich fühlte mich schrecklich. Ich beschloss, beim nächsten Mal, wenn ich allein mit ihr war, würde ich mich entschuldigen, ihr sagen, dass ich all diese schrecklichen Dinge, die ich da gesagt hatte, gar nicht so gemeint hatte. Ich würde ihr versprechen, ihr Geschichten vorzulesen und ihr bester Freund zu sein, ich würde alles tun, um mein Verhalten wiedergutzumachen.
    Am nächsten Morgen wurde ich durch das Schreien meiner Mutter geweckt. Annie war tot.«
    »Oh, mein Gott!«, sagte Martha und krallte ihre Finger in seinen Arm.
    »Natürlich gab ich mir die Schuld daran.«
    »Aber du hast doch gesagt, sie hatte einen Herzfehler.«
    »Ja, sicher. Und die Obduktion zeigte auch, dass sie daran gestorben war – ihr Herz hatte ausgesetzt. Aber ich bin den Gedanken nie losgeworden, dass es meine Worte waren, die schließlich zu dem Herzversagen geführt haben. Ich weiß, das klingt kitschig und melodramatisch, aber ich habe immer gedacht, sie hing nur ganz schwach an ihrem Leben und dass sie einfach losgelassen hat, nachdem ich sie so behandelt habe.«
    »Kevin, das solltest du nicht mit dir herumschleppen. So etwas erträgt kein Mensch!«
    Die alte Schuld und

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