Hannahs Entscheidung
nicht mehr, diese zuzulassen. Meiner Ansicht nach besaß ich nicht das Recht, das Leben zu genießen, während es Maggie und meinem Kind grausam genommen wurde.«
Hannah hielt es nicht länger aus. Sie stand auf, um sich auf dem Boden vor seinem Sessel niederzukauern. Behutsam nahm sie eine seiner eiskalten Hände in ihre, um sie zwischen ihren Fingern zu wärmen. »Du trägst keine Schuld an dem, was passiert ist. Es war …«
»Schicksal?« Bitter auflachend befreite er sich aus ihrem Griff. »Hätte ich Vernon Cummings nicht getötet, würde Maggie heute noch leben. Und unser Baby ebenso.«
»Hättest du ihn nicht erschossen, hätte er dich umgebracht, Sam.«
Er quittierte ihre Aussage mit einem gleichgültigen Achselzucken. »Vermutlich.« Er blickte ihr direkt in die Augen. »Eine Zeit lang habe ich mir tatsächlich gewünscht, er hätte es getan. Was hatte mein Leben noch für einen Sinn ohne meine Familie?«
In diesem Moment wirkte er so verloren und hilflos wie ein kleiner Junge. Wie gern würde sie ihn jetzt küssen. »Sam. Du musst dir verzeihen.«
»Ich weiß.« Sein Mund verzog sich zu der Andeutung eines Lächelns. »Das haben mir Mom und Tayanita bereits gepredigt. Mehr als einmal.«
»Sie sind beide kluge Frauen .«
»Das sind sie.« Er studierte Hannahs Miene. Lange und gründlich, sodass ihr beinahe unbehaglich dabei wurde. »Ich sollte mit der Vergangenheit abschließen und die Dämonen vertreiben.«
Sie berührte sein Knie, nickte zustimmend und streichelte über den rauen Stoff der Jeans. Mach das, Sam.
Er hielt ihre Finger fest. »Setz dich zu mir«, bat er. Sie tat ihm den Gefallen und ließ sich von ihm auf seinen Schoß ziehen. »Ich brauche deine Wärme«, murmelte er in ihr Haar.
Sie vergrub das Gesicht an seiner Schulter und wünschte, sie könnte einen Teil seines Schmerzes von ihm nehmen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie ein Mensch jemals in seinem Leben so ein Trauma bewältigen sollte. »Es tut mir so leid, Sam.« Diesmal sprach sie die Worte bewusst aus.
Sam hob sanft ihr Kinn, um sie anzusehen. Hatte sie die feinen Linien links und rechts von seinem Mund, die sich dort eingegraben hatten, vorher nie bemerkt? »Als ich von deinem Kind erfuhr, war es, als durchlebte ich den schrecklichen Albtraum aufs Neue. Ich dachte an das Kind, mein Kind, das ich niemals kennenlernen würde. Das Kind, das ich für immer verloren hatte. Mir war, als hätte mir jemand eine Faust in den Magen gerammt, mir bei lebendigem Leib ein glühendes Messer ins Herz gestoßen, verstehst du?«
Unfähig, etwas zu erwidern, schlug sie die Lider nieder. Sie war verwirrt, schrecklich durcheinander. Das, was Sam ihr gerade anvertraut hatte, erschütterte sie bis ins tiefste Mark. Dennoch fühlte sie sich in genau diesem Augenblick, so nah bei ihm, unglaublich wohl und geborgen. Sams Nähe erzeugte ein wohliges Kribbeln in ihrem Körper, süß und aufregend zugleich. Sein herber, warmer Duft hüllte sie ein wie eine weiche Decke. Wie viele Minuten verstrichen, während sie bei ihm saß und sie einander einfach nur hielten? Die Zeit schien stillzustehen.
Schließlich drückte Sam ihr einen zarten Kuss auf die Stirn. Mit dem Daumen streichelte er über ihre Schläfe. »Du bist schön, Hannah Mulligan.« Ihr Herz pochte ein wenig schneller. Seine Lippen senkten sich auf ihren Mund. Es war nur der Hauch eines Kusses, zart wie ein Schmetterlingsflügelschlag. »Könntest du dir vorstellen, hierzubleiben?«
»Hier? Wie meinst du das?« Sie forschte in seinem Gesicht.
»Hier bei mir. Auf Green Acres.«
Hannah schüttelte kaum merklich den Kopf. »Sam, ich …«
»Ssht.« Mit dem Zeigefinger verschloss er ihre Lippen. »Mir ist klar geworden, dass du mir etwas bedeutest. Viel, sehr viel. Ich möchte nicht, dass du gehst. Gib uns eine Chance. Ich möchte dich kennenlernen.« Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem kleinen traurigen Lächeln. »Lass es nicht zu Ende sein, bevor es überhaupt begonnen hat.« Erneut küsste er sie, diesmal fordernd. Ihre Lippen glühten, als er sich von ihr löste. »Ich will dich, Hannah Mulligan.«
Hannahs Atem ging rasch und flach. Ihr Puls jagte. O ja, sie wollte Sam genauso sehr, wie er sie begehrte. Sie strich ihm mit der flachen Hand über die Brust, genoss es, die harten Muskeln unter dem dünnen Stoff seines T-Shirts zu fühlen. Sie zwang sich, ruhig zu atmen. So einfach war das aber alles nicht. Sie hatten noch nicht über ihr Kind gesprochen. Shanes Kind. »Ich
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