Hannahs Entscheidung
mein Wohnwagen nicht geräumig genug. Wir würden uns auf die Füße treten. Aber sobald Sam da ist, werde ich ihn fragen, ob er …«
»Sam Parker?« Was hatte Sam Parker mit der ganzen Angelegenheit zu tun?
»Ich habe ihn vorhin angerufen«, sagte Tayanita, »und hergebeten. Du kannst sicher erst einmal auf Green Acres bleiben.«
»Ich soll bei Sam übernachten?« Niemals. Hannah schüttelte vehement den Kopf. Welch absurder Gedanke! Eher würde die Hölle zufrieren, als dass Hannah Zuflucht bei diesem Mann suchen würde. Sie wandte sich vom Fenster ab und fing an, hin und her zu laufen.
»Auf Green Acres ist ausreichend Platz, und dort bist du auf jeden Fall sicher.«
»Nein.« Hannah blieb stehen. Ihr Herz pochte ungestüm. Allein die Vorstellung mit diesem Mann unter einem Dach – niemals. »Nein. Auf diesen Vorschlag kann ich nicht eingehen.«
Tayanita lächelte nachsichtig. »Weißt du was? Ich werde uns jetzt eine Tasse Tee machen. Du setzt dich hin und ruhst dich aus. Das Café bleibt vorerst geschlossen.« Sie bückte sich, um Tsalis Rücken zu tätscheln, die nervös um ihre Beine tänzelte, weil sie die ganze Aufregung nicht verstehen konnte.
*
Von Weitem betrachtet wirkte Hannah wie ein junges Mädchen, dachte Tayanita, während sie sich mit dem vollbeladenen Tablett durch die Schwingtür kämpfte. Wie ein unglückliches junges Mädchen. Ihr Teint schimmerte fahl im künstlichen Licht, unter den hübschen grünen Augen lagen violette Schatten.
Am liebsten hätte Tayanita ihre neue Freundin auf der Stelle in den Arm genommen, fest gedrückt und ihr ins Ohr geraunt, dass alles gut werden würde. Stattdessen schob sie das Tablett auf den Tisch und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. »Zimmerservice. Der Tee ist da.«
Hannah erwiderte das Lächeln nicht. »Ich sehe mich lieber nach einem Motel um. Du weißt doch, dass Sam und ich nicht gut miteinander können.« Sie klang verstimmt.
Unbeirrt schenkte Tayanita Tee ein. Sie streckte Hannah einen Becher entgegen. »Hier, das wird deine Nerven beruhigen. Und was Sam betrifft«, sie setzte sich ihr gegenüber, »Green Acres ist groß genug, dass ihr euch aus dem Weg gehen könnt, falls nötig. Aber warten wir doch ab, was Sam dazu sagt. Lass ihn mich wenigstens fragen.« Möglicherweise wäre es heilsam für Sam, wenn er sich auf Green Acres mit jemand anderem als Deanna und Jackson auseinandersetzen müsste. Manchmal hatte sie den Eindruck, dass ihn, abgesehen von seinen Büchern und den Tieren, nichts und niemand mehr interessierte. Als hätte er den Glauben verloren, dass das Leben noch schöne Dinge für ihn bereithalten konnte. Es schmerzte sie, den ehemals so lebensfrohen Freund noch immer derart verhärtet zu sehen. Vor einigen Tagen war sie bei Bi-Lo’s auf Emilia Parker gestoßen, die ihr im Flüsterton Ähnliches anvertraut hatte. Emilia machte sich Sorgen um ihren Sohn. Die Frauen waren sich einig: Solange Sam nicht bereit war, endlich sich selbst zu verzeihen, würde es niemandem gelingen, die Mauer, die er um sich herum errichtet hatte, einzureißen. Vielleicht würde es Hannah glücken, ihn aus der Reserve zu locken. Sie und Sam mochten zwar wie Feuer und Wasser aufeinanderprallen, doch Tayanita vermutete, dass hinter der offensichtlichen Feindseligkeit mehr steckte, als beide ahnten. Die ganze Sache könnte durchaus interessant werden, dachte Tayanita innerlich schmunzelnd. Wenn sich die zwei Streithähne darauf einließen. »Green Acres ist wunderschön«, meinte sie beiläufig, während sie nach der Zuckerdose griff. »Die Farm ist einfach ein Traum. Du musst sie wenigstens einmal besucht haben, solange du bei uns in Willow Creek bist, Hannah.« Sie häufte Zucker in ihre Tasse und rührte um. Dabei sah sie verstohlen auf ihre Armbanduhr. Wo Sam nur blieb? »Wie schmeckt dir der Tee? Hast du ihn schon probiert?«
»Hm?« Hannah tauchte aus ihren Gedanken auf. Sie schien meilenweit entfernt gewesen zu sein.
»Der Tee«, wiederholte sie sanft. »Magst du ihn?«
Hannah hob ihre Tasse, um zu schnuppern. »Er duftet süß und aromatisch. Ich rieche Vanille.« Sie probierte. »Ja, definitiv Vanille. Was ist drin? Verrätst du es mir?«
»Köstlich, nicht wahr? Es ist Süßgrastee.« Tayanita nahm ebenfalls einen Schluck. »Also, lass mich mal sehen. Wir haben hier Rotweidenrinde, Zitronen- und Süßgras und Labradortee darin. Man sagt diesem Tee nach, dass er positive Schwingungen anziehen soll.«
»Aha.«
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher