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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Umschreibung.«
    Er zuckte die Achseln, trank einen Schluck von seinem Tee.
    »Wann immer ich versuche, dich zu verstehen, entwischst du mir. Du bist wie ein Fisch, den ich im Wasser zu fangen versuche, und der mir immer wieder durch die Hände gleitet.«
    »Kein falscher Vergleich für einen Priester, immerhin ist der Fisch ein besonderes Symbol für uns Katholiken.«
    »Du weichst mir wieder aus.«
    »Ich denke, wir sollten uns darauf konzentrieren, wie wir Marie das Notizbuch zuspielen, ohne sie weiter in Gefahr zu bringen.«
    »Und jetzt lenkst du vom Thema ab.«
    »So, tue ich das?«
    Aufmerksam betrachtete Hanna ihn. Dann stand sie auf, ging in ihr Zimmer und kam mit ihrer Kamera zurück. Sie setzte sich, hob die Kamera und fing an, Bilder von ihrem Gegenüber zu machen. Er ließ es über sich ergehen, ohne sie zu unterbrechen. Nachdenklich klickte sie sich durch die Fotos.
    »Hast du eine Antwort gefunden?«, wurde sie von seiner Stimme unterbrochen.
    »Auf welche Fragen?«
    »Ob du mir vertrauen kannst oder nicht.«
    »Wieso bin ich für dich so durchschaubar?«
    »Das bist du nicht, Johanna, du bist nur deinem Vater sehr ähnlich. Also, wie schaffen wir das Notizbuch zu Marie, ohne dass jemand etwas mitbekommt?«
    »Wir sind Zwillinge, vergessen?«
    Er sah sie nachdenklich an, dann schlich sich langsam ein Lächeln auf sein Gesicht.

20 New York
    »Musste es ausgerechnet ein Schönheitssalon sein?«, maulte Hanna gedämpft unter dem heißen Handtuch hervor, das über ihrem Gesicht lag.
    »Wo sonst wären wir von Männern ungestört? Und außerdem werden wir am Ende so identisch aussehen, dass wir uns selbst nicht unterscheiden können.«
    »Toll, und wie lange dauert die gesamte Prozedur?«
    »Kannst du dich nicht ein einziges Mal entspannen und genießen?«
    »Ja, aber nicht in einem Schönheitssalon!«
    »Still jetzt«, kommandierte Marie.
    Zwei Stunden später kamen die Damen des Elizabeth Arden Schönheitssalons auf der 5th Avenue in New York zusammen, um das Ergebnis zu begutachten, und staunten. Abgesehen davon, dass es keine einzige raue Stelle mehr an Hannas kompletten Körper gab und dass kein Muskel mehr verspannt war, waren sie nicht mehr zwei verschiedene Menschen, sondern nur noch die doppelte Ausführung eines einzigen. Hanna musste Details suchen, damit sie ihre Identität nicht völlig aus dem Blick verlor. Das etwas dunklere Blau ihrer Augen, die kräftigeren Schultern, die ausgeprägtere Muskulatur und der kleinere Busen, die in den Bademänteln nicht sichtbar waren. Dieser Mantel verdeckte auch Hannas Narben und das Tattoo. Ansonsten glich sie Marie aufs Haar.
    »Auf, jetzt geht es ans Eingemachte.«
    Marie hatte einen unglaublichen Spaß an der Sache entwickelt. Wäre der ernste Hintergrund nicht gewesen, vielleicht hätte Hanna den Wandlungsprozess mit demselben Vergnügen miterlebt. So lag ein dicker Klumpen in ihrem Magen, der sich verdichtete, als sie sich anzog. Marie hatte die Klamotten für die Veranstaltung der World Health Organisation – kurz WHO – herausgesucht.
    Den Text ihres Vortrags zu lernen war für Hanna ein Klacks, ein hautenges Kleid zu tragen und auf sechs Zentimeter hohen Absätzen zu balancieren hingegen eine Herausforderung. Das Kleid, dunkelblau und um die Taille gerafft, reichte bis eine Handbreit über die Knie. Zum Glück gingen die Ärmel bis zum Ellenbogen, sodass das Tattoo darunter verschwand. Auch beim Ausschnitt des Kleides hatte Marie auf Hanna Rücksicht genommen. Ein schlichter runder Ausschnitt, der in Höhe ihrer Schlüsselbeine endete – damit konnte sie leben. Passend dazu hatte sie eine eng anliegende Perlenkette, deren Verschluss aus einem traubengroßen Saphir mit vierzehn kleinen Diamanten bestand und Ohrringe – zum Glück schlichte weiße Perlen.
    Hanna nahm die Gesundheitsohrringe heraus, die sie seit drei Tagen trug, und steckte die Perlen in ihre Ohren. An ihren Handgelenken, dort wo sich die feinen Narben von der Fesslung bei ihrer Entführung befanden, trug sie rechts ein Armband, das aus drei Perlenreihen mit einem goldenen Verschluss bestand. Am linken Handgelenk trug sie eine schlichte, breite, goldene Armbanduhr. Sie hatte sich zu einem Push-up-BH überreden lassen, was ihren Busen in dem Kleid genauso stattlich erscheinen ließ wie der von Marie. Bei dem Spitzentangahöschen streikte sie jedoch und zog sich ihre Pantys an. Darin fühlte sie sich einfach wohler.
    Skeptisch betrachtet Marie ihren Po und nickte dann. »Okay,

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