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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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sicher, ob die Männer sie schützen oder überwachen sollten. Wie hatte es Hanna geschafft, mit ihrer Schwester Kontakt aufzunehmen, wenn sie so bewacht wurde? An der Assistentin kam man nicht so einfach vorbei. Und was, wenn sie nicht vorbeigekommen war? Nein, Hanna hatte sich bei Lisa auch am Sonntag gemeldet. Wenn die FoEI sie hätte, würde sie seine Schwester ganz sicher nicht durch einen Anruf in Gefahr bringen, soweit vertraute er ihr. Statt Marie in die Tiefgarage unter dem Haus zu folgen, blieb das Fahrzeug der Verfolger am Straßenrand stehen. Einer der Männer stieg aus und ging zum Eingang. Der Treppenaufgang war verglast, aber mit Sicherheit gab es einen Aufzug. Er sah ihn klingeln. Kurze Zeit später betrat er das Haus. Ben suchte einen Parkplatz für sein Auto, keine einfache Angelegenheit in dieser Gegend. Er nahm die Feuerleiter eines angrenzenden Hauses in Augenschein, sah sich kurz um und kletterte hinauf. Die wenigsten Menschen achteten darauf, was sich vor ihrer Nase abspielte. Außerdem bewegte er sich leise. Auf dem Dach angelangt, sprang er zum Nachbardach hinüber, blieb einen Moment in der Hocke, bis sich das Klopfen in seiner verletzten Seite legte. Zum Glück besaß dieser Wohnblock Flachdächer. Während ein Teil des Dachs von Schornstein und Klimaanlage eingenommen wurde, waren die anderen zu Terrassen für die obersten Wohnungen ausgebaut. Ben hatte sich schnell orientiert und ließ sich vorsichtig auf Maries Terrasse herabgleiten. Ihre Pflanzenbeete boten ihm mit Büschen, Gräsern, Narzissen, Tulpen und Märzbechern genug Schutz, um von drinnen nicht sofort gesehen zu werden. Über die Fensterfront der Terrasse bekam er Einblick in das Wohnzimmer und die Küche. Beide Räume hatten einen Ausgang zu dem kleinen Garten hin. Es dauerte nicht lange, da sah er Marie – und nicht nur sie. Ihr Verfolger hatte die Jacke abgelegt und seine Krawatte gelöst und bewegte sich mit einem breiten Grinsen auf die Frau zu, die rückwärts vor ihm zurückwich. Ben spannte die Muskeln an und schätzte die Distanz ab, als er Marie kichern hörte. Er stockte. Der Typ hatte sie jetzt erreicht, zog sie mit einem Ruck in seine Arme und senkte seinen Kopf. Sie schmiegte sich an ihn, kam seinem Kuss entgegen, schlang ihre Arme um seinen Hals. Die Hände des Mannes wanderten zum Reißverschluss ihres Kleides. Okay, Marie wusste nicht nur, dass sie überwacht wurde, sondern schien sich damit arrangiert zu haben und ihre Vorteile daraus zu ziehen. Er hatte keine Lust, den beiden bei ihrem Sexspiel zuzuschauen. Morgen würde er sich die Wohnung genauer ansehen, wenn sie bei der Arbeit war. Vielleicht würde er auf einen Hinweis stoßen, wo sich Hanna verbarg.
     
    Zu Hause angekommen, duschte er, schluckte eine Schmerztablette und fiel in einen unruhigen Schlaf. Er träumte von der brennenden Hütte, doch statt Hanna trug er seine Mutter hinaus. Das Messer des Angreifers blitzte auf und schlitzte ihm die Seite auf. Der Schmerz jagte ihm durch den Körper. Er riss die Augen auf und meinte für einen Moment, erwäre nicht allein im Raum. Er ließ sich aus dem Bett rollen, griff in einer fließenden Bewegung unters Kopfkissen und brachte die Waffe in Anschlag. In die Dunkelheit lauschend, scannte er den Raum, konnte aber nichts feststellen. Dennoch schlich er durch die Wohnung und prüfte alles sorgfältig. Zum Schluss schaute er sich die Eingangstür an, ging in den Keller und zuletzt durch die Praxis. Alles in Ordnung. Am liebsten hätte er auch noch die Wohnung seiner Schwester inspiziert, unterließ es aber bei dem Gedanken an seine letzte Aktion. Die Sorge um Hanna hatte dunkle Ringe unter Lisas Augen hinterlassen. Alle seine Überredungskünste und auch die seines Vaters hatten Lisa nicht dazu bringen können, eine Pause einzulegen und für eine Weile aus Berlin zu verschwinden. Bens Schwager war auch keine Hilfe gewesen, wodurch es zu einem Bruch in ihrem bisher gutem Verhältnis gekommen war. Gestern hatte Lisa ganz normal in ihrer Praxis gearbeitet, mit einer längeren Pause um die Mittagszeit herum. Mehr Ruhe gönnte sie sich nicht. Dabei stand einer Schwangeren eine Auszeit von acht Wochen vor der Geburt zu. Bei Lisa waren es nicht mal mehr zwei Wochen bis zum errechneten Geburtstermin. Er nahm noch eine Schmerztablette mit zwei Gläsern Wasser, da er bei seinen Träumen ungefähr die Menge Flüssigkeit ausgeschwitzt hatte, und legte sich wieder hin.
     
    »Konntest du heute Nacht nicht schlafen?« Lisa

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