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Hannes - Falk, R: Hannes

Hannes - Falk, R: Hannes

Titel: Hannes - Falk, R: Hannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Falk
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Starnberger Sees und dem kleinen Boot hinterhersah, dann fällt mir ein, wie schön sie da war. Ihre Wangen waren rot und ihre Augen glasklar und ruhig. Nie hab ich sie schöner gesehen. Wie ein farbiges Ahornblatt, bevor der Herbstwind es davonträgt. Ja, es ist nun wieder mal Zeit, meine Runde zu drehen, bin morgen natürlich bei dir.
    Donnerstag, 05.10.
    Das Kind ist da und es ist ein Mädchen. Die Geburt war zäh und lange, aber ohne Komplikationen. Mutter und Kind wohlauf, sagt man doch da, oder? Ich würde dir jetzt gerne gratulieren, mein Freund, aber die Umstände erlauben das nicht. Erst mal sehen, wer der Papa ist von euch beiden. Na, jedenfalls ist der Kalle nicht mehr rauszubringen aus der Entbindungsstation und belagert Neles Bettkante quasi rund um die Uhr. Das hat mir deine Mutter gesagt. Und dass sie noch nie so ein schönes Kind gesehen hat und dass es dir so ähnlich schaut, da gäb es keinen Zweifel. Dein Vater hat gesagt, er weigert sich, das Kind anzuschauen, bevor nicht klar ist, ob du der Vater bist.
    Bei dir hat sich seit gestern nichts verändert. Als ich gekommen bin, bist du halb aufrecht im Bett gesessen und ichhab dir ins Gesicht geschaut. Du auch in meines, kurzfristig. Dann ist dein Blick wieder an die Wand zurück und dort geblieben. Ich hab dann deinen Kopf zwischen meine Hände genommen und den so zu mir hergedreht, dass du mich anschauen musstest. Dabei hab ich laut mit dir gesprochen. Du hast mich dann tatsächlich für kurze Zeit angeschaut, ob du mich wahrgenommen hast, wag ich zu bezweifeln. Gleich darauf ist dein Blick zurück an die Wand. Hab mich also auf das Fensterbrett gesetzt und in die alte Kastanie geschaut. Dein tastender Blick macht mich nervös. Hab dir später die Sportberichte vorgelesen.
    Sonntag, 08.10.
    Hallo Hannes,
    war gestern bei dir, leider nicht alleine, weil dein Vater nun hier rumhockt, seit du deine Augen geöffnet hast. Bin auf dem Fensterbrett gesessen und hab eben deinem Vater zugesehen, wie er dich gewaschen hat. Du bist dagelegen mit freiem Oberkörper und hast die Augen kreisen lassen, ganz langsam die Wand entlang. Deine Muskulatur ist völlig hinüber, Hannes. Du bist weiß und schlaff, wie ein Schneeball, der so dahinschmilzt. Egal.
    Jedenfalls ist irgendwann die Tür aufgegangen und die Nele stand da mit dem Kind auf dem Arm. Dein Vater hat sich umgedreht und sie angeschaut. Sie stand da halt im Türrahmen, etwas hilflos, und doch so etwas wie Trotz im Gesicht. Dein Vater hat gesagt: »Hast du den Vaterschaftstest bekommen?«, und sie hat gesagt: »Nein, aber   …«
    Er hat sie gar nicht ausreden lassen. Er hat sich wieder deiner Waschung gewidmet und gesagt: »Dann raus hier!« Etwas später ist deine Mutter ins Zimmer gekommen und hat geschnaubt vor Wut. Sie hat gesagt, das sei eine unglaubliche Frechheit von ihm, und dass es doch auch sein Enkelkind wär. Er soll es doch einfach nur mal anschauen, dann würde er es selber sehen. Dein Vater hat gesagt, er will es schwarz auf weiß und sie soll nun mal die Schnauze halten, weil der Junge sonst wieder krank wird von dem ganzen Lärm.
    Ich bin dann gegangen. Jetzt weiß ich auch, warum dein Vater nun neuerdings Tag und Nacht bei dir sitzt, Hannes. Es ist nicht, wie ich zuerst dachte, seit du die Augen offen hast, sondern vielmehr, seit das Kind da ist. Er bewacht dich, Hannes. Er möchte verhindern, dass dir die Nele das Kind reinbringt. Er möchte verhindern, dass dir die Nele womöglich ein Kuckucksei auf die Bettkante legt.
    Ach ja, der Flori ist wieder bei uns im Vogelnest seit der Beerdigung von der Frau Stemmerle. Es hat ihn ziemlich mitgenommen, und ich glaube, er traut sich nicht zurück in die alte Villa. Schließlich war es ja die Frau Stemmerle, die ihm erlaubt hatte, dort zu wohnen, und nicht ihr Sohn. Ich hab dem Flori vor ein paar Tagen von dem Gespräch erzählt, das ich am See mit dem Herrn Stemmerle hatte, dass der ebenso froh ist, wenn sich jemand um das Anwesen kümmert und so. Das hat ihn schon gefreut. Er hat es aber trotzdem vorgezogen, hierzubleiben.
    Am Donnerstag ist auf einmal die Zina im Vogelnest erschienen. Ich war zwar leider nicht dabei, die Walrika hat’s mir aber am Balkon erzählt. Die beiden wären ein wenigdurch den Garten gewandert und hätten Händchen gehalten. Die Walrika hat hinterher zu mir gesagt: »Die beiden passen vortrefflich zueinander. Das, was der Florian zu wenig redet, redet sie zu viel. Sie bringt ihn zum Lachen, und das ist alles, was in

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