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Hannes - Falk, R: Hannes

Hannes - Falk, R: Hannes

Titel: Hannes - Falk, R: Hannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Falk
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zwischen der Zina und dem Florian hat sich ein bisschen hingezogen, ichhabe derweil mit der Marina geplaudert. Sie ist unglaublich rassig und temperamentvoll, und die Redlich hat eine Augenbraue hochgezogen, als sie an uns vorbeigegangen ist. Am Ende sind die beiden gefahren und der Flori hat mir erzählt, dass er gerne am Wochenende zum See möchte, weil er sich dort mit der Zina trifft. Wenn das Wetter noch mitspielt, werde ich ihn fahren. Die letzten Tage war es nieselig und trüb, und der Morgennebel hat mir den Blick auf die Kastanie vor deinem Zimmerfenster vermasselt. Sonst gibt es eigentlich nix Neues. Hab dir auch das alles schon erzählt, du bist aber nur an der Wand entlanggekreist.
    Freitag, 20.10.
    War heute vor der Schicht bei dir und bin zufällig gekommen, als gerade deine Krankengymnastik angefangen hatte. Jedenfalls war ein Typ mit Pferdeschwanz und Brille gerade eifrig dabei, dir die Beine hoch- und runterzuhieven. Er trug einen Kopfhörer und hat im Takt der Musik den Kopf bewegt. Dann hat er angefangen zu singen, es war wohl David Bowie, den er hörte, zumindest war es so was Ähnliches, was er gesungen hat. Er hat im Takt mit dem Kopf genickt, gesungen, ziemlich laut sogar, und deine Beine umhergehievt. Er hatte mich gar nicht bemerkt, weil er mit dem Rücken zu mir gestanden ist. Ich hab mich aufs Fensterbrett gesetzt und das Ganze eine Weile beobachtet. Er war so entspannt bei der Arbeit, und die Bewegungen, die er mit deinen Körperteilen machte, waren durchaus gekonnt. Als er sich schließlich deinen Armen zuwandte, hat er mich entdeckt. Er hat sich aber nur kurz andie Stirn getippt wie ein Soldat und dabei noch nicht einmal aufgehört zu singen. Ich hab dich angeschaut, hatte vom Fensterbrett aus aber leider keinen guten Blick und hätte dennoch schwören können, dass du grade grinst. Ich bin aufgestanden und zu dir ans Bett rüber, und darin bist du gelegen und hast gegrinst. Endlich hatte ich einen Zeugen! Es war das allererste Mal, dass ich nicht alleine war mit dir, wenn du gegrinst hast, Hannes. Ich hab den Pferdeschwanz angetupft und der hat seinen Kopfhörer abgenommen. »Der Hannes grinst doch, oder? Das ist doch ganz deutlich zu sehen«, hab ich ihn gefragt. Und der Pferdeschwanz hat gesagt: »Ja, klar grinst der. Der macht gerne Gymnastik, nicht wahr, Sportsmann«, und hat dir dabei die schlaffen Oberarme geklopft. »Und außerdem steht er auf Bowie.« Dann hat er seinen Kopfhörer wieder aufgesetzt und weitergesungen.
    Montag, 23.10.
    Sitze hier im Vogelnest und schreibe dir über das Wochenende. War am Samstagnachmittag bei dir. Habe mir diese Zeit extra gewählt, zum einen, weil ich endlich mal wieder ausschlafen wollte, zum anderen hat mich die Neugier dazu getrieben. Ich wollte halt sehen, wie die guten Vorsätze, die wir neulich in der Nacht beim Kalle gefasst haben, in der Praxis aussehen. Wir haben nämlich in dieser Nacht beschlossen, uns nicht mehr zu streiten, weil wir seit Jahren gute Freunde sind und gerade jetzt zusammenhalten sollten.
    Bin also zu dir rein und hab zuerst deine Mutter getroffen. Im Gang mit Wolldecke auf dem Arm, drinnen das Kind. Siehat mir erzählt, dass dein Vater nun ausgezogen ist, weil er die Johanna Cornelia nicht akzeptiert. Sie hat das so erzählt, als hätte sie ein Loch im Strumpf, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob sie das nicht mehr aufgeregt hätte. Sie hat gesagt: »Ach, der kriegt sich schon wieder ein«, wobei sie das A vom »Ach« derart in die Länge zog, dass es einen abfälligen Ton ergab. Bin dann zu dir rein, und dort saß die Nele auf meiner Fensterbank und schaute in meine Kastanie. Hab mich also auf deine Bettkante gesetzt, dir die Sportberichte vorgelesen, und du hast die Wand abgekreist. Irgendwann hat die Nele gesagt: »Denkst du wirklich, ihn interessieren die Sportberichte?« Ich hab aufgehört mit dem Vorlesen und stattdessen deine Hand massiert. Du hast den Druck erwidert, bei beiden Händen. Ich hab deinen Kopf genommen, damit du mich anschauen kannst. Das ist tatsächlich auch geschehen, und du hast mit den Augen mein Gesicht abgetastet. Ich habe mit dir gesprochen und du bist in meinem Gesicht gekreist. Irgendwann wurde mir dein Kopf zu schwer und ich ließ dich ins Kissen zurück. Danach hast du wieder die Wand abgekreist. Ich hab die Nele gefragt, ob sie weiß, wie’s dem Kalle so geht, und sie hat nur den Kopf geschüttelt. Hat ihn zuerst gesenkt und dann geschüttelt. Sie hat sehr traurig

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