Hannibal
erwischt, als sie vor dem Fitneßstudio parkte, und ihrem Wagen einen Peilsender verpaßt. Er ist batteriebetrieben und lädt sich bei laufendem Motor von allein wieder auf, so daß sie ihn nicht über ein Nachlassen der Batterieleistung entdecken kann. Die Software deckt die fünf benachbarten Bundesstaaten ab. Wer wird dieses Ding bedienen?« »Cordell, komm herein«, sagte Mason. Cordell und Margot knieten neben Krendler, und Carlo stand über die beiden gebeugt. Sein Hut war in etwa auf deren Nasenhöhe. »Paßt auf.« Krendler schaltete den Monitor an. »Das Ganze funktioniert wie ein Navigationssystem fürs Auto, einziger Unterschied, es zeigt an, wo sich Starlings Wagen gerade befindet.« Eine Übersicht über das Stadtgebiet von Washington erschien auf dem Bildschirm. »Hiermit wird gezoomt, das Bewegen der Zielzone läuft über die Pfeiltasten, kapiert? Okay, es zeigt keine Erfassung. Ein Signal von Starlings Peilsender bringt das hier zum Leuchten, und ihr hört einen Beep. Dann könnt ihr die Quelle auf der Übersichtskarte lokalisieren und zoomen. Der Beep wird kürzer, je näher ihr an euer Ziel kommt. Hier habt ihr Starlings Nachbarschaft im Straßenkartenformat. Jetzt kommt kein Signal von Starlings Wagen rein, da wir außer Reichweite sind. Käme aber, wenn ihr irgendwo im Stadtgebiet von Washington oder in Arlington wäret. Ich hatte noch im Hubschrauber Empfang. Das hier ist der Konverter für den Stromanschluß in eurem Lieferwagen. Eines noch. Ihr müßt mir garantieren, daß dieses Ding nicht in falsche Hände gerät. Dafür könnte ich mächtig was aufs Dach kriegen, es ist noch nicht in den Läden zu haben. Entweder ich bekomme es wieder, oder es liegt auf dem Grund des Potomac. Habt ihr mich verstanden?« »Hast du das begriffen, Margot?« fragte Mason. »Du, Cordell? Schafft Mogli herbei, er soll fahren, erklärt ihm alles.«
V. EIN PFUND FLEISCH
KAPITEL 77
Die Schönheit eines Luftgewehrs lag darin, daß es mit der Mündung im Van drinnen abgefeuert werden konnte, ohne daß jemand davon taub wurde - es war nicht nötig, die Gewehrmündung aus dem Wagenfenster zu halten, wo die Passanten sie sehen konnten. Sie würden das verspiegelte Fenster einen Spaltbreit öffnen und das kleine, subkutan eindringende Projektil mit einer größeren Ladung Azepromazin in die Muskelmasse von Dr. Lecters Rücken oder Hintern fliegen lassen. Es würde nur das für die Mündung des Gewehrs typische Krachen zu hören sein, vergleichbar einem grünen Zweig, der brach, kein Knall also, keine Flugbahn des mit Unterschall fliegenden Geschosses, die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte. Sie hatten geprobt, daß, sobald Dr. Lecter zusammenbrach, Piero und Tommaso, ganz in Weiß gekleidet, ihn zum Van »geleiten« und jedem Zuschauer versichern sollten, daß sie ihn ins Hospital brächten. Tommaso sprach von den dreien am besten Englisch, er hatte es auf dem Priesterseminar gelernt, aber das H in Hospital brachte ihn zum Wahnsinn. Mason hatte recht, den Italienern beim Zugriff auf Dr. Lecter den Vorzug zu geben. Trotz ihres Scheiterns in Florenz waren sie für die Menschenjagd am besten trainiert und am ehesten in der Lage, Dr. Lecter lebend in ihre Gewalt zu bekommen. Mason erlaubte, abgesehen von dem Betäubungsgewehr, bei der Aktion nur eine einzige Waffe - die des Fahrers, Deputy Johnny Mogli, eines Hilfssheriffs aus Illinois, der dienstfrei hatte und schon lange eine Kreatur der Vergers war. Mogli war mit Italienisch als Muttersprache aufgewachsen. Er war jemand, der grundsätzlich mit allem übereinstimmte, was das Opfer sagte, bevor er es tötete. Carlo und die Brüder Piero und Tommaso hatten ihr Netz, ihr Plastikschrot, ihr Tränengas und eine Auswahl von Fesseln. Es würde reichen. Sie waren bei Tagesanbruch fünf Blocks von Starlings Haus in Arlington entfernt in Stellung gegangen. Sie parkten auf einem Behindertenparkplatz in einer Geschäftsstraße. Heute trug der Lieferwagen selbstklebende Schilder mit der Aufschrift SENIOR CITIZEN MEDICAL TRANSPORT. Ein Behindertenausweis hing am Rückspiegel, und ein gefälschtes Behindertenzeichen klebte auf der Stoßstange. Im Handschuhfach lag ein Beleg von einer Karosseriewerkstatt über den erst kürzlich erfolgten Austausch der Stoßstange - so konnten sie immer behaupten, daß es in der Werkstatt zu einer
Verwechslung gekommen sein mußte, und Verwirrung stiften, falls die Nummer des Behindertenausweises kontrolliert wurde. Das Nummernschild des
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