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Hans Heinz Ewers

Hans Heinz Ewers

Titel: Hans Heinz Ewers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geschichten des Grauens
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kaum um ihn bekümmert und sich gewiß nicht in ihn verliebt haben, während er die Gräfin bis in den kleinsten Puls in Flammen setzte. Nicht, weil er ein guter Reiter war – der Graf ritt viel besser als er. Aber weil er zu Pferde ein anderer Mensch war, oh, ein ganz anderer als der, den sie eben gesehen. Der Graf war immer derselbe, ob er zur Jagd war oder am Bridgetische saß. Und dieser Mann war immer ein anderer, was er auch tat. Alles war ihm ein Spiel, aber er spielte alles gleich gut. Nichts in der Welt nahm er ernst; obwohl ihn alles interessierte, schien ihm doch nichts wirklich wert dieses Interesses. Nur daß er da war und lebte. Das war ihm der Mittelpunkt, und dieser einzige Instinkt war so eingewurzelt und stark, daß er sich, unbewußt, übertrug auf seine Umgebung.
    Vielleicht war das der Grund seiner Siege. Man vergaß ihn schnell, wenn er fern war; aber wenn er da war, war er der Herr.
    Stanislawa d’Asp fand in ihm eine neue und weitere Welt. Eine Welt voller Rätsel und Geheimnisse, voll verschlossener Türen und Tore, die er keine Miene machte, zu offen. Bei dem Grafen war alles einfach und klar; wie in dem stillen Schloßpark wandelte sie da. Jedes Beet kannte sie und jeden Rosenbusch, und hinten die gewaltige Eiche, die kein Weststurm entwurzeln konnte, stolz und aufrecht: seine große Liebe. Bei dem andern aber lief sie in einem verhexten Irrgarten. Sie ging einen Weg dahin, der ihr schön schien, schöner als einer vom Schloßpark. Unendlich weit schien er zu führen und war doch zu Ende nach wenigen Schritten, abgeschnitten durch undurchdringliche Stechpalmhecken. Sie bog einen anderen Pfad ein, und ihn versperrte irgendein närrisches Tier. Und sie fand nicht heraus und taumelte fast in den schweren Düften, die ihre verschlafenen Sinne seltsam weckten – –
    Der Vlame aber suchte nichts bei dieser Frau. Und eines Abends, beim Nachtmahl, sagte er, daß er entzückende Wochen verlebt habe auf dem stillen Schloß und daß er von Herzen dankbar sei seinem Freunde und der liebenswürdigen Gräfin. Aber daß er nun fort müsse, wieder hinaus in die Welt, und daß er morgen abreise, nach Bombay. Er sprach das alles leichthin, aber es war wohl so wahr, wie er es sagte. Der Graf drängte ihn, doch zu bleiben, aber die Gräfin sagte kein Wort. Nur als sie aufstanden und der Graf den Dienern Befehle gab für die Abreise, bat sie den Gast, ihr in den Garten zu folgen.
    Und dort sagte sie ihm, daß sie mitfahre. Jan Olieslagers war auf eine Szene gefaßt, doch nicht darauf; so kam es wohl, daß er, ein wenig nur, aus seiner Sicherheit fiel und, suchend nach Worten und Gründen, die irgendeinen Schein von Vernunft tragen möchten, etwas sprach, das er sonst vielleicht vermieden hätte. Er mochte ihr nicht sagen, daß er ihre Begleitung nicht wünsche, daß sie ihm gar nichts sei und höchstens in dem großen Schloß seiner Erinnerungen ein kleines, verlorenes Kämmerlein bewohne. Daß sie irgendeine Blume sei, abgepflückt so im Vorübergehen für das Knopfloch, gut für den Nachmittag, bis man zum Abendessen den Anzug wechsele. – Da fand er eines, das ihm deshalb brauchbar schien, da die Gräfin wissen mußte, daß etwas daran wahr sei. Und dann mochte auch das andere gelten. So schickte er denn mit Gefühl und mit gutem Anstand erst ein paar Phrasen voraus: daß er lange gekämpft habe und daß ihm fast das Herz breche. Aber er sei nun einmal das große Leben gewöhnt und wisse bestimmt, daß er es nicht mehr missen könne. Sein Vermögen aber reiche kaum für ihn aus und würde nicht entfernt genügen für die Ansprüche der Gräfin. Sie seien beide so verwachsen mit Luxus und Komfort, und jede Entbehrung würde – Und einmal müsse man sich doch trennen, und eben darum gehe er jetzt, um nicht den Abschied noch schmerzlicher – –
    Wie immer glaubte er im Moment an das, was er sagte; so überzeugt war er, daß die Gräfin in jeder Silbe ihn ernst nahm. Sie schwieg, da legte er seinen Arm um sie. Ein wenig verzog sich seine Oberlippe, nur noch ein paar Worte – nicht weinen – Schicksal – Wiedersehen – Seufzer und Tränen – – so und dann wäre es gut.
    Aber die Gräfin entwand sich ihm. Sie hob sich hoch, sah ihm voll ins Gesicht; dann sagte sie ruhig: „Vincenz wird uns das geben, was wir brauchen.“ Er war sprachlos, starrte sie an, gurgelte halbe Worte: „Wa –? – Du bist ja wahn – –“ Aber sie hörte ihn nicht mehr, schritt langsam dem Schlosse zu. Und so gewiß war

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