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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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Pfeil von einer Sehne schnellte. Laut aufschreiend warnte Henrike ihren Reisegefährten, der sich eben noch wegducken konnte. Sie entdeckte den Schützen, der inzwischen auf einen Felsen gekrochen war. Flugs nahm sie ihren Bogen wieder auf, zog einen Pfeil aus dem Köcher und legte an. Sie traf den Kerl ins Bein. Sein Schmerzensschrei ließ die anderen innehalten. Auch Adrian konnte nun einen harten Treffer erzielen. Triumphierend lachte Henrike auf. Die Angreifer sahen, dass sie unterlegen waren, und ergriffen die Flucht. Zwei verschwanden in der einen, der Bogenschütze in der anderen Richtung.
    Henrike und Adrian teilten sich auf und setzten ihnen nach. Getrieben durch eine Mischung aus Angst und Kampfesmut rannte sie dem Bogenschützen nach, verlor jedoch seine Spur. Außer Atem kam sie zum Kampfplatz zurück, wo der Angreifer, den sie niedergeschlagen hatte, noch immer lag. Das Blut in ihren Adern pumpte. Noch nie hatte sie sich so lebendig gefühlt. Wo aber war Adrian? Er war doch hoffentlich nicht noch einmal angegriffen worden? Sorge überfiel sie. Henrike war drauf und dran, ihm ins Dickicht hinterherzulaufen, da sah sie ihn durch die Zweige brechen, bis auf einige Kratzer im Gesicht anscheinend unverletzt.
    »Wir haben sie in die Flucht geschlagen! Wir zwei!«, jubelte sie und fiel ihm erleichtert um den Hals.
    Er hob sie hoch und wirbelte sie durch die Luft. Als sie wieder stehen blieben, leicht wankend, waren sich ihre Gesichter plötzlich ganz nah   – und für einen kaum wahrnehmbaren Momentberührten sich ihre Lippen. Es war ein zauberhaftes, zartes Gefühl. Trotzdem fuhren sie vor Schreck über die plötzliche Nähe auseinander, sahen sich verlegen an. Auch Adrian war rot geworden. Oder rührte das noch vom Kampf her?
    »Bist du verletzt?«, fragte er verlegen und besorgt zugleich.
    Sie bemerkte, dass er sie zum ersten Mal geduzt hatte, und die Freude darüber gab ihr noch mehr Auftrieb. Ohne auf seine Frage zu antworten, sprudelte es aus ihr heraus: »Ich habe ihn getroffen, hast du gesehen? Und du   – mit dem Schwert hast du einen Pfeil weggeschlagen, ich hab’s beobachtet. Wir waren gut, wir zwei!«
    »Ja, das waren wir«, gab er lachend zu und schaute sie glücklich an. »Du überraschst mich immer wieder!« Im nächsten Moment sah er sich jedoch sorgenvoll um. »Sie könnten sich wieder sammeln und noch einmal zurückkommen. Wir sollten so rasch wie möglich verschwinden.«
    Henrike stimmte ihm zu. »Aber wo ist Janne? Ob sie sich versteckt hat?«
    Sie beobachtete den Gefangenen misstrauisch, der jedoch nach wie vor unbeweglich dalag.
    »Janne, komm heraus, sie sind weg!«, rief sie laut in das undurchdringliche Gebüsch, das sie ringsum umgab. Ein Rascheln war zu hören, gleichzeitig bebten die Äste an einem Graben. Janne zog sich langsam an ihnen hoch. Sie war verdreckt, aber offenbar unverletzt. Dunkle Schlieren in ihrem Gesicht verrieten, dass sie geweint hatte.
    »Ach, wäre ich doch nicht mit Euch geritten, hätte ich Euch doch nur nicht vertraut! Das werd ich meinen Lebtag nicht vergessen!«, lamentierte die Köchin lautstark.
    Henrike war beunruhigt. Ob sie ihren zarten Kuss beobachtet hatte? Wenn die Köchin sich gegen sie stellte und Tante Ilsebe alles verriet, wäre ihre Strafe hart, das wusste sie. Ohne auf das Gejammer einzugehen, wandten sie sich nun dem guten Baggezu. Während Henrike ihn beruhigte, zog Adrian den Pfeil aus seinem Fleisch. Glücklicherweise war er nicht zu tief eingedrungen.
    Henrike wies auf den bewusstlosen Angreifer. »Aber was machen wir mit ihm? Nehmen wir ihn mit?«
    »Wir fesseln ihn und übergeben ihn in Lübeck den Bütteln. Wir sollten ihn allerdings vorher schon mal befragen.«
    »Müssen wir uns nicht beeilen? Falls die Männer zurückkommen   ...«, gab Henrike zu bedenken.
    »Es wird nicht lange dauern«, sagte Adrian. Er kniete sich neben den Mann und schüttelte ihn, bis er erwachte. Stöhnend krümmte dieser sich auf dem Boden. »Wer hat dich geschickt?«, fragte er streng.
    Der Mann schnaufte, Blasen aus Blut und Speichel bildeten sich auf seinen Lippen.
    Adrian zückte seinen Dolch. »Für Spielchen habe ich keine Zeit. Entweder du sagst mir, wer dich geschickt hat, oder ich schlitze dir den Leib auf.«
    Henrike, die ja wusste, dass Adrian seine Worte nicht in die Tat umsetzen würde, spielte mit. »Beim letzten Mal haben sich die Hunde über die Eingeweide des Banditen sehr gefreut, weißt du noch«, sagte sie scheinbar kaltblütig.
    Da

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