Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
Vom Netzwerk:
spöttisch.
    »Sagt ›Bitte‹, wenn Ihr etwas von mir wollt«, forderte er, als hätte er alle Zeit der Welt.
    Adrian stieß die Luft durch die Zähne aus. »Bitte«, zischte er ohnmächtig vor Zorn.
    »Geht doch«, höhnte Ratze. Dann packte er den Haken und zerrte so fest und grob daran, wie er nur konnte. Adrian wurde für einen Moment schwarz vor Augen. Etwas klirrte, sein Körper schlug hart auf.
    Mühsam schüttelte er die Benommenheit ab. Er rappelte sich hoch, der Enterhaken lag neben ihm. Blut rann seinen Arm hinunter und nässte sein Bein. Ratze war wieder im Kampfgetümmel verschwunden. Adrian schleppte sich die Stufen zum Achterkastell empor. Was er sah, machte ihm wenig Mut. Ein Pirat würgte den Kapitän, dieser blutete im Gesicht heftig und suchte sich verzweifelt zu befreien. Der Kaufmannsgehilfe hielt einen anderen mit größter Mühe auf Abstand, den Dolch mit zitternden Händen vor sich gereckt. Adrian hob sein Schwert mit seiner schwachen linken Hand und ließ es auf den Piraten niedersausen, der tödlich getroffen niedersank. Er stemmte den Fuß gegen den Mann, um sein Schwert wieder freizubekommen. Er konnte seine Waffe eben noch hochreißen, als der bärtige Pirat auf das Kastell sprang, gefolgt von weiteren Freibeutern, von denen die meisten jedoch schon verwundet waren.
    Die Augen des Bärtigen leuchteten mordlustig in dem blutigroten Gesicht. Bosse hatte sich befreit. Rücken an Rücken kämpften Adrian und der Kapitän, einen Angreifer nach dem anderen konnten sie besiegen, bald waren nur noch zwei übrig. Da hallten Rufe über das Schiff. Kam eine Kogge zu Hilfe? Hatten die Piraten gesiegt   – oder sie? Für die Dauer eines Lidschlags war der Bärtige abgelenkt. Adrian machte einen Ausfallschritt und rammte sein Schwert in die Brust des Widersachers, wobei seine Schulter teuflisch brannte. Der Bärtige umklammerte die Klinge in dem verzweifelten Versuch, sie aus der Brust zu ziehen. Sein Blick brach, während das Blut zwischen seinen Fingern hervorquoll. Im selben Moment sackte Bosse in Adrians Rücken zusammen. Ein Pirat beugte sich über den Schiffer und riss seinen Kopf hoch. Mit letzter Kraft zog Adrian sein Schwert aus dem Leichnam des Bärtigen und streckte den Seeräuber nieder.
    Adrian taumelte zu Bosse   – war er tot? War es vielleicht doch ein Fehler gewesen, einen so alten Mann anzuheuern? Sein Kapitän blutete aus mehreren Wunden, besonders in der Nähe der Augen schien er schwer getroffen zu sein. Glücklicherweise atmete er aber noch.
    Die restlichen Piraten flüchteten. Das gegnerische Schiff wurde abgestoßen, verschwand im dichten Nebel. Die Matrosen der Cruceborch stießen Schreie des Triumphs aus. Sie hatten gesiegt! Auch Adrian brüllte vor Schmerz, Trauer und Freude. Schwankend sah er sich um. Das Deck war von Leichen übersät, viele schienen Kaperer zu sein. Doch ihr eigener Blutzoll war ebenfalls hoch gewesen, etliche seiner Männer waren verletzt oder tot. Adrian sah den Bootsjungen Jan in seinem Blute liegen. Cord, der Koch, heulte vor Schmerz, sein Bein war unnatürlich verbogen und dunkelrot. Adrian riss einen Streifen von seinem Hemd und band notdürftig seinen Arm ab, dann verarztete er Cord und die anderen, so gut es eben ging. Er musste Hilfe leisten, viele waren noch schlechter dran als er.
    Was in den nächsten Stunden geschah, nahm er wie durch einen Schleier aus Schmerz wahr. Die toten Piraten wurden über Bord geworfen, für die ermordeten Schiffsmänner sprach er ein Gebet. Der Bootsjunge Liv weinte heftig, als die Leiche seines Kumpans Jan ins Meer gelassen wurde. Sogar die Seemänner, denen sonst jede Gefühlsduselei fremd war, mussten sich die Augen wischen.
    Adrian ließ wieder Kurs auf Lübeck nehmen. Dort würden sie die Cruceborch auf Schäden untersuchen und reparieren müssen. Er war wütend über den Angriff. Wie lange hatten sein Bruder Lambert und er für diese Kogge gespart, hatten Pfennig um Pfennig beiseitegelegt! Selbst für einen wohlhabenden Mann wie ihn war dieser Schaden ein Schlag, vor allem, wenn man seine Pläne bedachte. Nein, seine Ankunft würde nicht den Eindruck machen, den er sich erhofft hatte. Aber zumindest war die Ladung nicht verloren, und auch die flämischen Tuche für seinen Lübecker Geschäftsfreund waren anscheinend nicht beschädigt worden.
    ~~~
    Im Lübecker Hafen ließ er als Erstes die Verletzten von Bord bringen. An Land wartete schon Konrad Vresdorp auf ihn. Wie hatte sich die Ankunft des Schiffes

Weitere Kostenlose Bücher