Happy End am Mittelmeer
was er berührte, schien vor ihm dahinzuschmelzen. Nie zuvor hatte er etwas so Wundervolles empfunden. Er wollte nicht mehr aufhören.
Und sie auch nicht. Bei jedem früheren Kuss hatte sie nur geübt, um die Sache zu testen, die sie weder warm noch reizvoll fand. Jetzt aber fühlte sie sich, als hätte sie nach einer reifen Frucht gegriffen und wäre im Greifen von einer Klippe gestürzt. Es war ein Fallen, das sie in Strudeln von einer köstlichen Empfindung zur nächsten drehte und bei dem sie wünschte, dass es nie wieder aufhörte. Solange sie in Davids Armen war, wollte sie immer weiter fallen. Sie reckte sich. Sie griff nach ihm – sie bettelte um mehr. Seine Umarmung war so tröstlich für sie wie ein warmer, sicherer Ort. Sie küsste so versunken, als sei sie endlich dort angekommen, wohin sie gehörte.
Allerdings nicht lange. Er zog sich zurück und verfluchte sich selbst leise, ein solcher Idiot zu sein. Genau davor hatte er sich selbst gewarnt. Er konnte das nicht tun. Es war dumm, aber vor allem war es nicht fair ihr gegenüber.
„Es tut mir leid. Das wollte ich nicht.“
„Pst.“ Erschrocken riss sie die Augen auf. „Er kommt.“
Sie lauschten mucksmäuschenstill, während der Bauer sich laut verabschiedete und sich, ein Liedchen singend, dem Wagen näherte.
„David, er ist betrunken“, stieß Ayme hervor.
„Nicht doch.“
„Doch, ist er. Hör ihn dir doch an.“
„Er ist nicht total betrunken. Nur ein bisschen beschwipst von seinem abendlichen Likör. Das ist alles.“
Der Bauer kletterte auf den Kutschbock, ergriff die Zügel, schnalzte, und sie fuhren los. Das Fuhrwerk knarrte laut. Die Pferdehufe klapperten über das Kopfsteinpflaster. Und der Bauer sang lauthals.
„Er hat eindeutig zu viel getrunken!“
„Ja, ich gebe es zu. Aber er muss kein Auto lenken, und das Pferd kennt den Weg.“
„Das Pferd!“, kommentierte sie spöttisch.
„Ja, das Pferd. Hier auf dem Land kannst du die Zügel schleifen lassen, und das Pferd bringt dich immer noch ans Ziel.“
Sie war nicht sicher, ob sie ihm das abkaufen sollte. „Woher willst du das wissen?“
„Ich habe hier früher gewohnt. Jeden Sommer verbrachten wir mindestens einen Monat auf dem Land.“
Die Holzräder holperten über einen Stein, und sie wurden alle durchgerüttelt.
„Autsch. Das schaukelt doch mehr, als ich es in Erinnerung habe. Das muss wohl am Alter liegen. Ich spüre es in den Knochen.“
Ayme lachte leise und brachte auch ihn zum Lachen. Sie hatte recht. Das war alles eine verrückte Geschichte. Aber immerhin ließen sie so vielleicht die ‚Lauerer‘ hinter sich. Das hoffte er. Er wusste nicht mit Gewissheit, was sie wollten, aber er wusste sicher, dass er es ihnen nicht geben wollte. Und er hatte das Gefühl, dass es ihnen irgendwie darum ging, sein Erscheinen in Italien Ende der Woche zu verhindern.
Zum Glück konnten sie zu seiner Adoptivschwester Marjan gehen. Altersmäßig waren sie nicht weit auseinander. Er hatte sie nicht vorher anrufen können, aber er wusste, sie würde sich freuen, ihn zu sehen. Das tat sie immer. Hoffentlich würde sie sich auch freuen, Ayme und das Baby bei sich aufzunehmen, bis er Cicis Vater gefunden hatte. Dann hätte er freie Hand, um sich mit Monte in Italien zu treffen. Und er wäre auch nicht mehr der Versuchung ausgesetzt, die Ayme zunehmend für ihn darstellte, grübelte er gerade, als er das Haus seiner Schwester sah.
Schnell sagte er Ayme Bescheid, nahm Cici in den Arm, und dann sprangen sie einfach vom Wagen. Der Bauer sang so laut, er hätte es wohl nicht einmal bemerkt, wenn eine ganze Blaskapelle aus dem Heu hervorgekrochen wäre.
Sie huschten hinüber auf die andere Straßenseite zum Bauernhaus, und nachdem David geklingelt hatte, öffnete ihnen eine hübsche, leicht mollige Frau die Tür, sah sie kurz erstaunt an und fiel ihrem Bruder wortlos um den Hals.
Ayme hielt sich ein wenig im Hintergrund, folgte ihnen schließlich in das gemütliche Haus. Marjan teilte ihnen mit, dass ihre Familie nicht da und sie allein sei.
„Hans besucht jedes Jahr seine Mutter zu ihrem Geburtstag und nimmt die Kinder mit. Normalerweise begleite ich ihn, diesmal aber hatte ich versprochen, Kuchen für das große Käsefest in der Stadt zu backen, deshalb bin ich hier und rolle stattdessen den ganzen Tag Kuchenteig aus.“
David war froh, dass er nur ihr allein die Sachlage erklären musste. Zu seiner Erleichterung hatte er auch die Zeit, sich zu überlegen, was er ihr zu
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