Happy End in Seattle (German Edition)
wünsche ihm, dass er Spaß hat im Zeltlager, aber ich bete, dass er nicht zu müde ist, um sich dessen zu erfreuen, was hier zu Hause auf ihn wartet.
Steve nahm Kennys Schlafsack aus dem Kofferraum seines Wagens, der auf der Straße vor Mary Lynns Haus stand. Der Rücken tat ihm weh, und er war unausgeschlafen und halb verhungert. Obendrein sehnte er sich so danach, endlich zu Hallie zu kommen, dass er fast in seinen Wagen gesprungen und losgefahren wäre, ohne sich von Kenny zu verabschieden.
Einen Blick zum Haus werfend, sah er, wie Meagan, den Telefonhörer ans Ohr geklemmt, ihm von ihrem Zimmer im Obergeschoss aus zuwinkte. Da sie das Wochenende allein mit ihrer Mutter verbrachte, vermutete Steve, dass sie aus lauter Langeweile die ganze Zeit mit ihren Freundinnen telefoniert hatte. Er winkte zurück und wandte sich dann seinem Sohn zu.
Kenny umarmte ihn stürmisch. „Danke, Dad. Es war echt gut.“
„Ich fand es auch gut.“ Nicht so gut, dass er sich das nächste Mal wieder als Freiwilliger zur Verfügung stellen würde, aber gut genug, um ihm dabei zu helfen, das Tief zu überwinden, in dem er sich befunden hatte.
„Hallo, Steve.“ Mary Lynn stand auf der Veranda. Die Arme schützend vor der Taille verschränkt, die Mundwinkel herabgezogen, wirkte sie seltsam verloren. Steve kannte diesen Ausdruck. Wenn sie so aussah, war ihr meistens das Geld ausgegangen, und sie brauchte einen Vorschuss auf seine nächste Zahlung. Nun, inzwischen hatte sie einen neuen Mann, den sie anbetteln konnte. Sollte sie doch zu Kip gehen, wenn sie Geld brauchte. Er wollte sich jedenfalls nicht mehr von ihr manipulieren lassen.
„Hallo, Mary Lynn.“ Neben seinem Wagen stehend, schob er die Hände in die Taschen seiner Jeans.
Kenny rannte zu seiner Mutter hin. „Es war toll! Wir sind ganz lange aufgeblieben und haben uns Geistergeschichten erzählt. Und dann sind wir alle zum Schlafen in ein Zelt gekrochen. Und mitten in der Nacht musste Jimmy McPherson mal, aber er hatte Angst rauszugehen, wegen der Geister. Da hat er einfach ins Zelt gemacht, auf Johnny Adams’ Schlafsack.“
„Es stimmt“, sagte Steve auf Mary Lynns fragenden Blick hin. „Der arme Jimmy wird wahrscheinlich Jahre brauchen, um über die Blamage hinwegzukommen. Und Johnny Adams war auch nicht gerade entzückt.“ Obwohl er weg wollte, war Steve die Zeit mit seinem Sohn kostbar, vor allem jetzt, nachdem ihm nur noch die Wochenenden mit Kenny und Meagan geblieben waren.
Mary Lynn lächelte. „Ich freue mich, dass ihr beiden Spaß hattet.“
Selbst aus der Entfernung konnte Steve sehen, dass Mary Lynns Lächeln forciert war. „Ich muss jetzt gehen“, sagte er, als Kenny seine Campingsachen ins Haus trug.
„Kannst du nicht noch ein paar Minuten hereinkommen?“ fragte Mary Lynn. „Du siehst aus, als könntest du eine Tasse Kaffee gebrauchen.“
Er spielte mit dem Gedanken, ihre Einladung anzunehmen, entschied sich dann jedoch dagegen. Er hätte zu viel Zeit damit verloren. Stattdessen zog er sein Scheckbuch aus der Hosentasche. „Wie viel brauchst du?“ fragte er knapp. Besser, er regelte die Sache gleich, als dass er sich eine lange Litanei darüber anhören musste, warum ihr wieder mal das Geld ausgegangen war und sie die Unterhaltszahlung für die Kinder früher brauchte.
Der Blick, den sie ihm zuwarf, war zutiefst gekränkt. „Ich habe nicht vor, dich um Geld zu bitten.“
„Gut.“ Entschlossen ging er um seinen Wagen herum. Er brauchte eine heiße Dusche, eine Rasur und Hallie, in genau dieser Reihenfolge. Verdammt, er war verrückt nach ihr. Sein Magen knurrte, und er erweiterte seine Liste. Dusche, Rasur, Essen und danach Hallie.
„So machst du es immer mit mir.“
Mary Lynns vorwurfsvolle Stimme hielt ihn zurück. Die Frau wusste genau, wie sie ihn packen konnte. „Was mache ich immer so?“ Er fragte es aus reiner Gewohnheit.
„Mich abwimmeln. Ich möchte etwas mit dir besprechen, das mir auf der Seele liegt, und du schiebst mich rücksichtslos beiseite, weil du zu einem albernen Baseballspiel oder zu deinem Kegelclub oder zu irgendetwas anderem willst, das dich von deiner Familie fernhält.“
„Okay, Mary Lynn“, sagte er, nur mühsam die Geduld wahrend. „Was willst du diesmal?“
„Ich hasse es, wenn du in diesem Ton mit mir sprichst.“ Mary Lynn tat beleidigt.
Fast hätte er die Beherrschung verloren. Er schloss einen Moment die Augen, um sich zusammenzureißen. „Wenn es ein Problem gibt, dann sollten wir
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