Happy End in Seattle (German Edition)
vielleicht einen Termin vereinbaren, um es zu besprechen.“ Nicht jetzt, dachte er. Bloß nicht jetzt.
„Musst du die ganze Zeit da drüben an deinem Auto stehen? Es ist doch lächerlich, wenn wir uns in dieser Lautstärke unterhalten. Die gesamte Nachbarschaft kann ja zuhören.“
Steve wusste, wenn er das Haus erst einmal betreten hatte, würde er stundenlang festsitzen. Es war jedes Mal dasselbe. Früher hatte es ihm nur recht sein können, wenn Mary Lynn ihn festhielt. Aber inzwischen war ihm nicht mehr nach ihren Spielchen zu Mute. Und heute schon gar nicht.
Als er über die Rasenfläche ging, fiel ihm auf, wie ungepflegt sie aussah. Das Gras musste dringend geschnitten werden. Wenn Kip schon sein Haus okkupierte, dann konnte er auch den Garten in Ordnung halten.
Bei den Verandastufen blieb er stehen. „Ist es so besser?“
„Nein.“
„Hör zu, Mary Lynn, ich habe nicht viel Zeit. Kannst du mir nicht endlich sagen, was du von mir willst?“
„Du sprichst schon wieder in diesem Ton mit mir.“
„Ist es wichtig oder nicht?“ erkundigte er sich knapp.
„Ich sagte dir doch, es ist wichtig. Aber wie ich sehe, bist du nicht bereit, mir oder deinen Kindern zu helfen. Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal von dir sagen muss, Steve Marris, aber du bist ein kalter, gefühlloser Mensch.“ Mit diesen Worten wandte sie sich ab und stürmte aufschluchzend ins Haus.
Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre Steve ihr gefolgt. Aber nicht jetzt. Sollte doch Mary Lynns neuer Ehemann sich mit ihren Stimmungen herumschlagen. Er war nicht mehr für sie zuständig. Nur noch für seine Kinder war er verantwortlich, für sie ganz allein.
Mit diesem Gedanken stieg er in sein Auto und fuhr los. Doch trotz aller Vorsätze und Überzeugungen konnte er nicht aufhören, über Mary Lynn nachzugrübeln. Das muss die Gewohnheit sein, dachte er, oder ein Rest von Schuldgefühlen. In seinem neuen Leben war kein Platz für Mary Lynn vorgesehen. Dafür hatte Hallie einen Platz darin erhalten.
Er hatte die Wahrheit gesagt, als er ihr seine Liebe gestand. Das kam ihm erst jetzt so richtig zum Bewusstsein. Wie ein verliebter Schuljunge kam er sich vor. Er fragte sich, wann, in welchem Moment er sich in Hallie verliebt hatte, wusste jedoch keine Antwort darauf. Hatte sich ihre Liebe vielleicht ganz allmählich aus ihrer Freundschaft heraus entwickelt? Eigentlich spielte es keine Rolle. Es war nun mal geschehen, und er wusste nur, dass er Hals über Kopf in sie verliebt war.
Zum ersten Mal, seit Mary Lynn ihn aus dem Haus getrieben hatte, machte ihm das Leben wieder Spaß. Er war rundum zufrieden. Keine Wenn und Aber beeinträchtigten sein Glück. Er hielt es kaum noch aus vor Erwartung, als er sich seinem Wohnviertel näherte. Nachdem er das Auto abgestellt hatte, eilte er geradewegs zu Hallie hinüber. Er roch nach Lagerfeuer und Schweiß und wer weiß wonach sonst noch, aber es kümmerte ihn nicht. Er wollte ihr sagen, dass er zu Hause war. Er wollte sie küssen und in den Armen halten, und sei es nur für einen kurzen Augenblick.
Ungeduldig wartete er, dass sie ihm die Tür öffnete.
„Vergibst du mir?“ fragte er, ohne ihr Zeit zu lassen, seine Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen.
„Das kommt darauf an.“
„Worauf?“
„Wie lange du dir noch Zeit lässt, mich zu küssen, du Dummkopf.“
Fast hätte er die Innentür mit dem Fliegengitter, die ihm den Zugang zu ihr verwehrte, aus den Angeln gerissen. Hallie warf sich geradezu in seine Arme, und er hob sie hoch, atmete ihren Duft ein und presste ihren warmen weichen Körper an sich. Von diesem Moment hatte er geträumt. Dieses Wiedersehen hatte er sich ausgemalt, während er mit seinen zehn Pfadfindern durch den Wald gestiefelt war.
Sie küssten sich lange und innig und voller Staunen über ihre neu entdeckte Liebe. Mit seinem Kuss wollte Steve ihr zeigen, wie sehr er sie brauchte, wie verzweifelt er sich nach ihr gesehnt hatte. Dabei loderte die Leidenschaft so heftig in ihm auf, dass es ihn eiserne Selbstbeherrschung kostete, Hallie nicht auf der Stelle zu lieben.
Er barg das Gesicht an ihrer Schulter. Hallies Liebe erschien ihm wie ein Geschenk des Himmels. Er spürte, wie sie ihn bereits zu heilen begann. Und er schwor sich, diese Liebe niemals als Selbstverständlichkeit hinzunehmen oder gar zu enttäuschen.
„Ich habe dir Abendessen gemacht“, sagte Hallie. „Schmorhuhn.“ Sie sprach das Wort aus, als hätte es irgendeine Bedeutung.
„Und ich bin hungrig
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