Happy End in Seattle (German Edition)
„Nein“, sagte sie, tapfer um Fassung ringend, „wir können später darüber reden.“
„Ich beeile mich. Ich werde zurück sein, ehe du überhaupt gemerkt hast, dass ich weg war.“
Nein, das war kaum möglich. Hallie spürte seine Abwesenheit sofort, spürte sie wie einen Messerstich. Von einem Windstoß erfasst, fiel die Tür hart hinter ihm ins Schloss. Hallie ging in die Küche zurück und sank wieder auf ihren Stuhl. Sie schloss die Augen. Tief durchatmend, merkte sie erst jetzt, dass sie am ganzen Körper zitterte.
Auf der Fahrt zu Mary Lynn war Steve richtig in Rage gekommen. Als er vor ihrem Haus anhielt, kochte er vor Wut. Sie hätte sich keinen besseren Zeitpunkt aussuchen können, das musste er seiner Ex-Frau lassen. Hallie hatte sich so viel Mühe mit dem Essen gegeben, ihm einen so liebevollen Empfang bereitet. Sie hatte ihm zu zeigen versucht, wie sehr sie ihn liebte, und was war seine Antwort darauf? Er ließ sie einfach sitzen. Dabei war es das Letzte, was er gewollt hatte.
Er schlug die Wagentür zu und marschierte zum Haus. Fast wäre er, ohne zu klingeln, hineingegangen – was ihm immer wieder passierte, nachdem ihm dieses Haus einmal gehört hatte.
Meagan öffnete ihm die Tür. Erleichtert fiel sie ihm um den Hals. „Ich bin so froh, dass du gekommen bist, Dad. Ich wusste nicht mehr, was ich machen sollte.“
„Schon gut, Schätzchen. Es war kein Problem für mich.“ Er hatte gelogen. Es war sehr wohl ein Problem. Er ahnte, dass ihm Hallie diesmal nicht so schnell verzeihen würde, und er konnte ihr kaum einen Vorwurf daraus machen. Er würde sich mit Mary Lynns Problem befassen, sie beruhigen und dann schleunigst wieder nach Hause fahren, um Hallie für die Enttäuschung zu entschädigen, die er ihr bereiten musste. „Wo ist deine Mutter?“ fragte er Meagan.
„Im Schlafzimmer.“ Sie zeigte in die Richtung, als wüsste er den Weg nicht allein.
„Wo ist Kip?“
„Ich weiß es nicht. Ich habe ihn seit heute früh nicht mehr gesehen. „Ich … ich glaube, Mom und er vertragen sich nicht.“
„Und wo ist Kenny?“
„Er schläft. Nachdem du ihn nach Hause gebracht hast, ist er gleich ins Bett gegangen.“
Im Bett sollte er jetzt auch sein, überlegte Steve. Und nicht mit einem Plüschtier wie sein Sohn. Mit einer fahrigen Bewegung strich er sich durchs Haar. Er war müde und ungeduldig und kaum in der Stimmung, sich mit Mary Lynns Launen zu befassen.
Auf dem Weg ins Schlafzimmer ging er durch die Küche. Meagans Abendessen bestand offensichtlich aus einer Scheibe Brot mit Erdnussbutter und Gelee. Das angeschnittene Brot lag noch auf dem Tisch, Gelee und Erdnussbutter standen geöffnet daneben.
„Das war ich nicht“, sagte Meagan, die seinem Blick gefolgt war. „Das hat Kenny gemacht.“
„Hast du etwas zu Abend gegessen?“
Sie zuckte die Schultern. „Noch nicht. Ich mache mir zu viel Sorgen um Mom.“
„Das brauchst du nicht. Ich bin sicher, sie wird sich gleich wieder beruhigen. Mach dir jetzt etwas zu essen. Ich kümmere mich unterdessen um deine Mutter.“ Meagan in der Küche zurücklassend, eilte er ins Schlafzimmer. Nachdem er kurz angeklopft hatte, trat er ein.
Mit dem Gesicht nach unten lag Mary Lynn auf dem Bett. Sie schluchzte herzerweichend. Als er hereinkam, hob sie kurz den Kopf. Kaum hatte sie ihn gesehen, stieß sie einen Schrei aus, sprang vom Bett auf und stürzte sich in seine Arme.
„Ich bin ja so froh, dass du gekommen bist“, wimmerte sie. „Oh, Steve, ich weiß nicht, was ich machen soll.“
In all den Jahren, die er mit Mary Lynn verheiratet war, hatte Steve sie nicht ein einziges Mal so verzweifelt gesehen. Jetzt konnte er Meagans Besorgnis verstehen. Er legte die Arme um sie und setzte sich mit ihr aufs Bett. „Was ist passiert?“
Allmählich verebbte ihr Schluchzen. „Ich … ich bin ein solcher Dummkopf“, schniefte sie. „Oh, Steve, wie konnte ich bloß so unglaublich dumm sein?“
„Du bist nicht dumm“, versicherte er ihr. Beschwichtigend strich er ihr über den Rücken. „Und jetzt sag mir, worüber du dich so aufgeregt hast.“
„Es ist wegen Kip. Er hat mich belogen.“
Steve zwang sich, die Ruhe zu bewahren. Was immer dieser Kip Mary Lynn vorgeschwindelt hatte – seine Sorge galt Kenny und Meagan, die bei dieser Geschichte die Leidtragenden waren.
„Ich habe erfahren, dass er schon zweimal verheiratet war. Von der zweiten Frau hatte er mir nichts gesagt, ich habe es zufällig herausgefunden. Ich … ich
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