Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
Auf ein ausverkauftes Haus hatte ich aber in keinem Augenblick zu hoffen gewagt – und nun war es so, dass wir noch mindestens hundert Karten mehr hätten loswerden können.
Endlich ging es los! Dieter hielt eine kurze Begrüßungsrede und stellte unser Label vor. Dann betrat Margot Werner die Bühne, es wurde mucksmäuschenstill. Sie trug ein gefühlvolles Medley eigener Stücke und Chanson-Klassiker wie Je ne regrette rien vor und bekam dafür rauschenden Applaus. Aber noch bevor der verebbte, setzte das barocke Stück ein, das ich als Entree ausgesucht hatte: Jetzt schritten die ersten Models in ihren prächtigen Roben über den Laufsteg. Ich stand mit Dieter hinter der Bühne und hatte einen Gänsehautschauer nach dem anderen. Das waren meine Kreationen! All diese Leute waren hergekommen, um meine Haute Couture zu sehen! Ich konnte es kaum fassen!
Die Gäste offenbar auch nicht: Die Gesichter der Menschen sahen aus wie die von Kindern vor dem Weihnachtsbaum. Viele saßen mit vor Staunen offenem Mund da. Andere lächelten breit, während meine märchenhaften Modelle vorbeischwebten. Es war fast wie in dem Traum, den ich vor Jahren gehabt hatte. Sogar brausenden Zwischenapplaus gab es, sonst eine Rarität bei Modenschauen.
Zum Schluss standen die Leute sogar auf vor Begeisterung. Normalerweise ist das der Moment, in dem der Designer flankiert von seinen Models den Laufsteg betritt. Stattdessen rauschte ich im Louis-XIV.-Outfit mit Brokat und Rüschen auf die Bühne. Am Arm führte ich meine »Mätresse«, eines der Models, das die Rolle der Sängerin übernahm und mit mir den taufrischen Pompöös -Rap zum Besten gab. Zur Sicherheit allerdings mit Vollplayback. Das war ein Heidenspaß. Das Publikum geriet nun komplett außer Rand und Band und fing tatsächlich an zu tanzen … Ich bin sicher, das hatte es im Neuen Schloss noch nie gegeben.
Nach der Show wurden wir von der Presse bestürmt und mussten unzählige Interviews absolvieren. Die Journalisten gaben sich in der Backstage die Klinke in die Hand und wollten alles über dieses mysteriöse neue Pompöös-Label wissen. Währenddessen wurden draußen im Publikum Meinungen zur Show gesammelt, ich habe die Sendungen später alle im Fernsehen gesehen. Es gab viele Leute, die mich mit berühmten italienischen und französischen Modemachern verglichen, und einige fanden, die Performance hätte etwas von einem Happening des surrealistischen Künstlers Salvador Dalí. Natürlich wurde auch das Prinzenpaar ins Visier der Kameras genommen – ganz, wie ich es auf dem Amt prophezeit hatte. Allerdings sagte Brigitta von Preußen zum Glück nicht, dass sie nichts gesehen hätte, wie ich es auf dem Amt schwarzgemalt hatte. Stattdessen schwärmte sie mit leuchtenden Augen: »Es war ganz wunderbar. Ich dachte tatsächlich, in Paris oder New York zu sein.«
Dieter und ich saßen nach dem Event noch lange mit unseren Gästen draußen in der lauen Sommernacht. Als wir im Morgengrauen todmüde ins Bett fielen, schwirrte mir der Kopf vor lauter unglaublichen Eindrücken. Doch statt mich wenigstens einmal eine Nacht auf den Lorbeeren auszuruhen, war ich schon wieder mit den Gedanken Lichtjahre voraus. Ich sagte zu Dieter:
»Das war schon mal gut. Aber das geht noch besser. Nächstes Mal machen wir das Ganze noch größer und mit internationalen Stargästen. Mit Weltstars. Im ganz großen Stil. Hörst du?«
Keine Antwort.
»Dieter?« Ich beugte mich nach links und sah meinen Freund leise schlafen. Er hatte mich nicht gehört – aber meine Engel. Das konnte ich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht ahnen.
GINA, CHAKA, GRACE
U nser Fest im Schloss hallte noch eine Weile nach. Etliche Sender berichteten über uns, alle Zeitungen brachten etwas über Pompöös und das »rauschende Fest auf dem Schloss«.
Nur unsere heimliche Hoffnung erfüllte sich leider nicht: Wir hatten darauf gesetzt, dass sich durch eine überzeugende Haute-Couture-Show ein starker Geschäftspartner finden würde. Einer, der gemeinsam mit uns meine Mode produzierte. Eine Firma, die das Know-how und die Logistik hatte, um Pompöös vom Geheimtipp zu einem großen Label zu machen. Wir brauchten dringend Möglichkeiten zur Distribution.
Im Moment hatten wir den berühmten Enfant-terrible-Status. Die Leute mochten uns, schienen aber zu denken: Toll, da sind zwei Verrückte in Stuttgart, die machen Happenings und ganz schrilles Zeug. Dass wir das nicht allein zu unserem Vergnügen taten, sondern
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