Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
ihren strengen Gesichtszügen, dem großen Busen und den kurzen blonden Haaren an eine Weltraumheldin, also hatte ich extra für sie ein körperbetontes Space-Outfit aus silbern eingefärbtem Leder entworfen. Dazu gab es einen Gürtel aus langen ledernen »Dornen«, der hinten geschlossen wurde. Diesen Gürtel sollte ihr auf dem Laufsteg eines der männlichen Models, ein langhaariger Beau, abknöpfen. Der Plan war, dass er um Brigitte herumtanzte und schließlich den Gürtel abnahm – doch der arme Junge tanzte und tanzte, aber traute sich nicht, so viel Respekt hatte er vor der Frau, die als Titelheldin im Actionfilm Red Sonja alle Kerle verdroschen hatte.
Also kam er unverrichteter Dinge und leicht verzweifelt hinter die Bühne zurück. Als Brigitte Nielsen merkte, dass die langen Dornen noch im Weg waren, war sie für den Bruchteil einer Sekunde irritiert – aber blieb total professionell. Sie lief zurück zum Anfang des Laufstegs, ich scheuchte den Gürtelöffner nach draußen – und diesmal klappte es. Ein Glück!
Kurz darauf traten die Weather Girls auf. Das Publikum tobte, als die beiden stattlichen Damen in meinen Kreationen ihren Hit It’s Raining Men zum Besten gaben. Die in Deutschland lebenden Amerikanerinnen hatten Dieter und ich schon vor ein paar Jahren in Berlin in der Fernseh-Revue Hexenkessel beim RBB, dem Rundfunk Berlin-Brandenburg, kennengelernt. Dort war ich mit dem Pompöös -Song aufgetreten – direkt nach Alphaville. Gastgeberin der Show war unsere treue Kundin und Freundin Romy Haag. Die Weather Girls waren sofort fasziniert vom Rokoko-Kleid meiner »Sängerin« gewesen. Sie hatten mich damals gefragt, ob ich ihnen nicht Kostüme für ihre Live-Shows machen könnte – allerdings schickten sie gleich hinterher, dass das vermutlich ihr Budget sprengen würde. Ich hatte versprochen, ihnen so tolle Kostüme zu machen, wie sie es sich nur wünschten. Im Gegenzug hatte ich die beiden allerdings verpflichtet, bei Gelegenheit in einer meiner Shows zu modeln und zu singen. Eine sehr glückliche Abmachung, wie sich jetzt herausstellte.
Bei all dem Staraufgebot kamen meine Kreationen nicht zu kurz: Es gab schiere Stürme von Applaus. Das Publikum honorierte meine neuen eleganten und zeitlosen Entwürfe ebenso wie meine bunten Cocktailkleider mit großen Hüten und die prunkvollen Roben, für die ich bekannt geworden war.
Alles sah also nach einem grandiosen Erfolg aus, doch als die Pressekonferenz auf dem Programm stand, war ich trotzdem nervös. Ich hatte Sorge, dass irgendjemand sich näher nach der unseligen Geschichte mit Mr. X erkundigen würde. Es war eine Horrorvorstellung für mich, das alles noch einmal ausbreiten zu müssen wie einige Monate zuvor bei Gericht – aber zum Glück erwies sich diese Angst als vollkommen unbegründet. Die Journalisten beschäftigten ganz andere Fragen.
So hielt mir ein Mitarbeiter von Sat.1, der sehr feminin wirkte und vermutlich auch »verzaubert« war, das Mikro insGesicht und meinte sehr ernst: »Herr Glööckler, Sie machen hauptsächlich Mode für Frauen, wieso hatten Sie dann heute nur Männer als Models? War das ein Stilmittel?« Einen Moment dachte ich, der Mann stünde unter Drogen. Ich hatte zwanzig Models gehabt, die Hälfte waren Frauen – inklusive Brigitte Nielsen. Das Make-up war zwar sehr androgyn gestaltet und es gab unter den Männern auch eine exaltierte Drag Queen, aber die Frauen waren eindeutig als Frauen identifizierbar gewesen. Nach einem sehr kurzen Besinnungsmoment konterte ich: »Wissen Sie, das liegt daran, dass Sie schon so lange keine Frau mehr gesehen haben. Sie sind aus der Übung.« Daraufhin lief der arme Kerl an wie eine reife Tomate und ergriff die Flucht.
Ein Redakteur einer Tageszeitung mokierte sich: »Das ist ja alles schön und gut. Aber das kann man doch nicht anziehen! So kann man schließlich nicht U-Bahn fahren!«
Eine sehr junge Journalistin wollte wissen: »Und wo verkaufen Sie Ihre Mode?«
Bei solchen Fragen muss ich mich immer sehr zusammenreißen, um mich nicht aufzuregen. Dass die Show wieder eine reine Kreativshow war, die zeigen sollte, was ich kann, begreifen deutsche Journalisten nur schwer. Später erzählte mir eine Freundin von einer kleinen Szene, die sie am Rande der Pressekonferenz mitbekommen hatte. Der Chefredakteur einer großen französischen Tageszeitung hatte einen mosernden deutschen Kollegen angeherrscht: »Monsieur, wenn Sie keine Ahnung von Mode haben, was machen Sie
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