Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hard News

Hard News

Titel: Hard News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
Krimi gedreht. Alle waren ganz aufgeregt. Sie haben ’n paar von den Jungs als Statisten eingesetzt. Mich haben sie nicht genommen. Die wollten Leute, die wie Sträflinge aussehen. Ich hab, glaube ich, mehr wie ’n Angestellter ausgesehen. Oder … Was meinen Sie, wie ich ausseh?«
    »Wie ein Mann, den man unschuldig verurteilt hat.«
    Boggs setzte ein verunglücktes Lächeln auf. »Gut gesagt. Tja, das ist ’ne Rolle, die ich schon seit einiger Zeit spiele. Bis jetzt hat’s mir keiner abgenommen.«
    »Ich möchte, dass Sie freigelassen werden.«
    »Na ja, Miss, sieht aus, als hätten wir ’ne Menge gemeinsam.« Er erwärmte sich merklich für sie.
    »Ich habe mit Fred Megler gesprochen …«
    Boggs nickte, wobei sein Gesicht Enttäuschung verriet, nicht jedoch Zorn oder Abneigung. »Wenn ich das Geld gehabt hätte, um mir ’nen richtigen Anwalt zu nehmen, so wie diese Insiderhändler und, Sie wissen schon, diese Großdealer, die man im Fernsehen sieht, dann wär’s vielleicht anders gelaufen, denke ich. Fred ist nicht übel. Ich glaube nur nicht, dass er mit ganzer Kraft bei meinem Fall war. Ich schätze, man könnte sagen, er hätte ein bisschen mehr auf mich hören sollen. Ich hab ’ne gewisse Erfahrung mit dem Gesetz. Nicht, dass ich stolz drauf wäre, aber es bleibt die Tatsache. Ich hab schon öfter Gerichtssäle von innen gesehen. Er hätte auf mich hören sollen.«
    »Er hat mir Ihre Geschichte erzählt«, sagte Rune. »Aber ich hab gleich gewusst, dass Sie unschuldig sind, als ich Sie gesehen habe.«
    »Und wann war das?«
    »Auf Film. Ein Interview.«
    Sein Lächeln war nun wehmütig. Er wich ihrem Blick aus, was sie störte. Sie glaubte, es sei aus Scheu, nicht aus Hinterlist, aber sie wollte keine unsteten Blicke auf dem Video.
    »Ich weiß Ihre Meinung zu schätzen, Miss«, sagte Boggs, »aber wenn das alles ist, was Sie vorzuweisen haben, dann komm ich mir trotzdem vor wie ’n Viertelpfundhering an ’ner Zwanzigpfundleine.«
    »Sehen Sie mich an und sagen Sie mir: Haben Sie’s getan oder nicht?«
    Sein Blick wich jetzt nicht mehr aus; er bohrte sich in ihren und beantwortete die Frage ebenso deutlich wie seine Worte:
    »Ich hab Lance Hopper nicht umgebracht.«
    »Das genügt mir.«
    Boggs lächelte nicht mehr. »Das Dumme ist«, sagte er, »dass es den Leuten vom Staat New York nicht zu genügen scheint.«
    Zwei Stunden später war Boggs bei: »Und da hab ich mich entschieden, nach New York zu trampen. Und das war der größte Fehler in meinem Leben.«
    »Hatten Sie Maine satt?«
    »Das Hummergeschäft lief nicht so, wie ich’s gehofft hatte. Mein Partner – schauen Sie, mit Zahlen bin ich nicht so gut –, der hat die Bücher geführt und das ganze Geld, das reinkam, war bei weitem nicht so viel wie das, was rausging. Ich hab den Verdacht, er hat die Zahlen ziemlich im Dunkeln gehalten, und als der den Laden verkauft hat, hat er mir gesagt, er hätte ihn ein paar Gläubigern überlassen, aber ich denke, er hat ganz gut dabei abgesahnt. Jedenfalls hatte ich selber nicht mehr als zwei-, dreihundert Mücken und zwei Paar neue Jeans, ’n paar Hemden. Ich dachte mir, ich hau ab, bevor der nächste Winter kommt. Schnee gehört in Filme und in Papiertüten mit Sirup drauf. Ich also den Daumen raus und ab nach Süden. Mitgenommen wurd ich so oft, wie ’n Huhn Zähne hat, aber irgendwann haben ein paar angehalten, und ich bin in Purchase, New York, gelandet. Wenn das kein Name ist, dann weiß ich nicht.« Er grinste. »Purchase … Es hat geregnet, und ich hatte meinen Daumen schon so lange rausgehalten, dass er aussah wie ’ne gebleichte Pflaume. Keiner hat angehalten, außer dem einen Typ. Der ist in so ’ner – wie wir das nennen – Familienkutsche rechts rangefahren. Großer alter Chevy, zwölf Jahre alt oder so – kennen Sie, könnte man ’ne zehnköpfige Familie drin unterbringen. ›Steig ein‹, hat er gesagt, und ich hab’s gemacht. Der größte Fehler meines Lebens, Miss. Das kann ich Ihnen flüstern.«
    »Jimmy.«
    »Genau. Aber schließlich hab ich ihm gesagt, mein Name war Dave. Ich hatte einfach so ’n Gefühl, dass das nicht jemand wäre, dem ich gern viel von mir erzählen würde.«
    »Was ist passiert, nachdem Sie eingestiegen waren?«
    »Wir sind nach Süden in Richtung Stadt gefahren, haben uns unterhalten. Über Frauen vor allem, wie’s Männer halt so machen. Erzählen, wie man pausenlos von Weibern verarscht wird und dass man sie nicht versteht, aber eigentlich

Weitere Kostenlose Bücher