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Hard News

Hard News

Titel: Hard News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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einigermaßen in Ruhe gelassen.
    ›Einigermaßen‹ bedeutete jedoch nicht ›vollständig‹.
    Washington murmelte seinen kurzen Muslim-Gruß ›Merhaba sardeek‹ und runzelte die Stirn. »He, Mann, du hast Ärger«, flüsterte er.
    »Was?«, fragte Boggs, der spürte, wie ihm das Herz in die Hose rutschte.
    »Die wollen dir noch mal auf die Pelle rücken. Diesmal ernsthaft. Ich hab mein’ Kredithai bei mir im Block angehauen, und der sagt, er hat’s ganz sicher gehört.«
    Randy Boggs runzelte die Stirn. »Wieso, Mann? Das kapier ich nicht. Hast du irgendwas gehört?«
    Washington zuckte die Achseln. »Ich versteh’s auch nicht.«
    »Okay.« In Boggs’ Gesicht zuckte es leicht. »Scheiße.«
    »Ich werd mich ’n bisschen umhören«, sagte Washington.
    »Wir kriegen schon noch raus, was da für ’n Scheiß abgeht.«
    Boggs dachte darüber nach. Er legte es nicht darauf an, Ärger zu bekommen. Er warf Schwarzen keine Mörderblicke nach, er glotzte unter der Dusche keinem auf den Schwanz, er bekam keine Stangen Marlboros von den Wärtern, schaute die Aryan Brotherhood nicht schief an. Es fiel ihm kein Grund ein, wieso jemand auf ihn losgehen sollte.
    »Ich weiß nicht, was ich gemacht habe. Ich glaub nicht …«
    »Hey, bleib cool, Mann.« Washington grinste. »Wie lange sitzt du noch? Vierundzwanzig Monate. Sollte nicht allzu schwer sein, dein’ Arsch so lange heil über die Runden zu bringen.«
    »Der Stall hier, Mann, wie ich den hasse.«
    Severn Washington lachte, wie er immer lachte, wenn jemand etwas Selbstverständliches von sich gab. »Ich hab ’n Gegengift. Komm, wir spielen ’n bisschen Football.«
    Und Randy Boggs war einverstanden. »Klar.« Und als er sein Spiegelbild in einem mit Maschendraht vergitterten Fenster sah, dachte er, dass das, was er da mit rot unterlaufenen Augen sah, nicht sein lebendiger Körper sei, sondern etwas anderes – etwas Grässliches, das kalt und tot dalag, während sein Blut aus seinem Fleisch entwich.
    Dachte, dass trotz der Versicherung dieses riesigen Mannes seine einzige Hoffnung jetzt diese halbe Portion von Mädel mit dem Pferdeschwanz und der großen Kamera war.

11
    Diese Stadt war ein Spielplatz, der nie langweilig wurde.
    Wenn man das Grundgefühl der Angst einmal beiseite ließ (und es gab nichts, wovor Jack Nestor sich fürchtete), war New York der größte Spielplatz der Erde.
    Er spürte die Erregung sofort, als er aus dem Port-Authority-Busbahnhof trat. Ein elektrisierendes Gefühl. Und einen Augenblick lang fragte er sich, was ihm bloß einfiele, seine Zeit in dem verpissten Florida zu verschwenden.
    Er roch: den fischigen Fluss, Holzkohlenqualm von Brezelverkäufern, Scheiße, Abgase. Dann stieg ihm der Duft von irgendeinem streng riechenden Kraut in die Nase, das drei als Araber verkleidete Schwarze auf einem Klapptisch verkauften. So etwas hatte er noch nie gesehen. Er ging zu ihnen. Da standen Bilder von Männern aus alten Zeiten, wie es schien, in der gleichen Kleidung. Die zwölf Stämme Israels. Nur dass sie alle schwarz waren. Schwarze Rabbis.
    Was für eine verrückte Stadt!
    Nestor ging die 42 nd Street entlang und machte in ein paar Peepshows halt. Er ging wieder und wanderte noch etwas weiter, schaute sich die alten Kinos an, die Theater, wütende Autofahrer, selbstmörderische Fußgänger. Hupen blökten wie wild, als hätten alle, die ein Auto fuhren, eine Frau in den Wehen auf dem Rücksitz. Die Energie machte ihn schon fertig, aber er wusste, in ein, zwei Tagen würde er durchstarten.
    Er blieb stehen und kaufte sich einen Hot Dog, den er mit drei Bissen verschlang. An der nächsten Straßenecke kaufte er sich noch einen. Diesmal bat er auch um Zwiebeln. An der dritten Ecke kaufte er noch zwei Hot Dogs, ohne Zwiebeln, und blieb stehen, um sie zu essen und ein Sprite zu trinken, das überhaupt kein Sprite war, sondern irgendeine Zitronenlimonade einer Marke, von der er noch nie gehört hatte. Es schmeckte wie Medizin. Als der Verkäufer eine Wurst spaltete, um sie mit Sauerkraut zu füllen, fragte Nestor ihn, wo es in der Nähe ein Hotel gebe. Der Mann zuckte die Achseln. »Weißnich.«
    »Hä?«
    »Weißnich.«
    »Ist das ’n Hotel?«
    »Weißnich.«
    »Wieso versuchst du nicht, Englisch zu lernen, verflucht?«
    Nestor ging weiter. Zwei Straßen weiter erblickte er ein Schild: King’s Court Hotel. Was der gleiche Name war, wie der eines Motels, in dem er einmal in Miami Beach gewohnt hatte und das gar nicht übel gewesen war. Er

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