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Hard News

Hard News

Titel: Hard News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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trotzdem noch eine Schlacht mit einem feindlichen Zerstörer liefert. In der Hand hielt er fest umklammert eine teure Stoppuhr.
    Maisel und Sutton hatten es geschafft, das halbe Script für den Beitrag über die Guardian Angels zu schreiben und es handschriftlich in den Teleprompter einzugeben, aber um 19:56 hatten sie abbrechen müssen. »Dann improvisiere ich eben«, hatte Sutton gesagt.
    »Du hast einen Countdown von zehn Sekunden«, rief Maisel über Lautsprecher, »und fünf Sekunden zum Mogeln …«
     
    Sutton, in vollem Make-up unter den heißen Scheinwerfern, nickte ihm knapp zu und setzte sich auf den schwarzledernen Sessel hinter dem Schreibtisch mit dem Current Event-Logo. Ein Techniker klemmte ihr das winzige Mikrofon an den Kragenaufschlag und steckte ihr den kleinen Kopfhörer ins linke Ohr, das, welches unter den Haaren verborgen war (wo man es nicht so leicht sehen konnte, so dass niemand auf den irrigen Gedanken kam, sie trüge eine Hörhilfe).
    »Okay«, rief Maisel. »Es geht los.«
    Sie nickte erneut und richtete den Blick auf den Teleprompter, auf den ein Studioproduzent deutete.
    Im Regieraum schaltete Lee Maisel den Lautsprecher aus und fing an, in das Mikrofon zu sprechen, das seine Worte zu den Kopfhörern von Sutton und dem übrigen Team übertrug. Er blickte zu der großen Uhr an der Wand des Regieraums und fing an herunterzuzählen. »Sieben, sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins … jetzt die Grafik hoch … Titelmelodie …«
    Genau vier Sekunden später sagte er: »Grafik ausblenden, Kamera eins einblenden … Titelmelodie aus … Okay, Piper, du bist … drauf.«

22
    Piper Suttons Augen bohrten sich direkt in die von zehn Millionen Menschen. Sie lächelte ernst und sagte mit ihrer tiefen, beruhigenden Stimme, der so viele Menschen inzwischen mehr vertrauten als der ihrer Ehegatten, Eltern, Kinder und Freunde: »Guten Abend. Willkommen bei Current Events am Dienstag, dem zwanzigsten April. Ich bin Piper Sutton …«
    Die Sendung begann.
    Genau sechsundfünfzig Minuten später standen, während in wahnwitziger Geschwindigkeit der Abspann lief, die Zuschauer im ganzen Land auf oder streckten sich, stritten über den einen oder anderen Beitrag oder kritisierten Piper Suttons Kleidungsstil in dieser Woche oder fragten sich, auf welche Sitcom sie nun umschalten sollten, und niemand hatte eine Ahnung, dass er gerade Fernsehgeschichte gesehen hatte.
    Morrie Weinberg überwachte die Rückgabe des Szepters an den Computer, und die fünfzig Millionen Dollar teure Anlage begann, die vordergründige Kunst der Fernsehwerbung in die amerikanischen Haushalte zu übertragen.
    Kaum waren die Studiomikrofone ausgeschaltet, brach die Nachrichtenredaktion in Beifall aus. Sutton, die viel zu diplomatisch war, um ihn zu ignorieren, lächelte kurz und deutete ihrem Publikum eine Verbeugung – keinen Knicks – an.
    Maisel kam aus dem Regieraum und stürmte direkt auf sie zu, umarmte sie und küsste sie auf die Wange.
    Dan Semple und Jim Eustice hatten beide aus der Regiekabine zugeschaut. Jetzt kamen sie zu ihr. Eustice schüttelte ihr förmlich die Hand und gratulierte ihr, dann ging er zusammen mit Maisel. Semple küsste Sutton flüchtig, und die beiden gingen hinaus auf den Korridor.
    Niemand von ihnen würdigte Rune eines Blickes, die auf ihrem Schreibtischsessel saß und den Monitor anstarrte, auf dem ihr Beitrag hätte laufen sollen.
     
    Am nächsten Morgen wurde sie von Courtney aufgeweckt, die zu ihr ins Bett kletterte.
    »Können wir in den Zoo gehen?«
    Rune hatte das Mädchen am Abend zuvor gleich nach der Sendung abgeholt. Sie waren nach Hause gegangen und hatten zum Abendessen ein Thunfischsandwich und als Nachtisch Raisin Bran gegessen. Um zehn waren beide zu Bett gegangen.
    Rune drehte sich um und richtete sich auf. »Wohin?«
    »In den Zoo.«
    »Zuerst Kaffee, dann denken wir über den Zoo nach.«
    »Ich will Saft. Kaffee ist bah.«
    Nun, nachdem sie zu etwas Schlaf gekommen war, ging es Rune besser. Der Horror des letzten Abends war verblasst. Gewiss, die Bänder waren gestohlen worden, aber die Ereignisse hatten auch ihr Gutes. Zunächst war nun klar bewiesen, dass jemand anderes Hopper umgebracht hatte. Randy hatte die Bänder offensichtlich nicht gestohlen; der Mörder oder ein Komplize musste es gewesen sein. Außerdem hatte die Story nun eine andere Dimension bekommen: Dass jemand ins Studio eines großen Nachrichtensenders einbrach und einen Nachrichtenbeitrag klaute – das war

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