Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball
uns nicht.«
»Warum hat das OEM dann bei unserem letzten Gespräch unbedingt wissen wollen, was mir Schwester Frances über den Fall gesagt hat?«
Es entstand erneut ein verlegenes Schweigen. Dann sagte Torgeson: »Ich glaube, da haben Sie sich verhört. Sie standen unter dem Einfluss von Medikamenten, sie hatten Schmerzen …«
»Sie haben doch Tonbandgeräte.« Ich betrachtete meine Fingernägel. »Sie können sich die Befragung ja noch einmal anhören. Sonst habe ich Ihnen nichts weiter zu sagen.«
Nach einer Pause begannen die beiden Männer vom Branddezernat, mich zu meinem kurzen Aufenthalt in der Wohnung von Schwester Frances zu befragen. Klare, vernünftige, sachdienliche Fragen, die ich relativ genau beantworten konnte. Sie brachten zwar keine neuen Ergebnisse, aber ich war nun mal die einzige Zeugin.
Je öfter ich erzählte, wie die Brandbomben durchs Fenster geflogen kamen, desto unwirklicher wurde das Ganze. Es war einfach, so von den Flaschen zu reden, als wären sie ein Requisit in einem Thriller. Dass sie tatsächlich jemanden getötet hatten, konnte man dabei fast vergessen. Als ich fertig war, fragte ich, was für Spuren des Brandbeschleunigers sie an den Scherben entdeckt hätten. Raketentreibstoff? Napalm? Benzin?
»Solche Fragen können wir nicht beantworten«, sagte der Mann von der Homeland Security.
Ich musste mich sehr zusammenreißen, um nicht laut loszuschreien. »Was ist mit den Tätern? Sie müssen doch Fotos von ihnen haben, mit Datum und Uhrzeit, nicht wahr? Die könnten sie doch jederzeit auf der Straße herumzeigen, um die Kerle zu identifizieren, oder nicht?«
»Wir können das nicht kommentieren. Diese Untersuchung hat mit Fragen unserer nationalen Sicherheit zu tun.«
»Ach ja? Aber diese Bilder doch nicht, oder?« Ich hob die Fotos hoch, die mich am Eingang des Freedom Centers zeigten, und stand auf. »Ich werde sie mal Schwester Zabinska zeigen. Vielleicht weiß die ja, wer das sein könnte.«
Die Frau vom OEM sprang auf, packte die Fotos und hätte mich mit ihrem Mundgeruch fast umgehauen. »Diese Bilder sind Regierungseigentum und streng geheim.«
»Aha«, sagte ich. »Geht es um die nationale Sicherheit?«
Sie funkelte mich wütend an. »Ich möchte Ihnen dringend raten, dieser Nonne nicht noch einmal den Vorschlag zu machen, mit einem Bolzenschneider ein amtliches Vorhängeschloss aufzubrechen!«
Ich lächelte sie an. Wir spielten »Wer behält am längsten die Nerven?« und ich war fest entschlossen, das Spiel zu gewinnen. »Wissen Sie«, sagte ich, »wir leben in einem Land, wo manche Leute hohe Gehälter dafür beziehen, dass sie nichts tun. Als Steuerzahlerin freut es mich sehr, dass Sie wirklich hart für Ihr Geld arbeiten. Ich werde dafür sorgen, dass man Ihnen eine Belobigung in die Personalakte steckt.«
30
Täuschungsmanöver
Obwohl ich dieses Gefecht halbwegs gut überstanden hatte, wusste ich natürlich, dass ich eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Gesetz nicht gewinnen konnte. Die eigentliche Frage war, worum es ihnen ging. Sie schienen sich – wenn mein erschöpftes Gehirn sich nicht täuschte – doch wesentlich mehr für das Gespräch zwischen Schwester Frances und mir zu interessieren als für ihren gewaltsamen Tod.
Ich musste zugeben, dass die Frage, warum ich noch einmal in die ausgebrannte Wohnung gegangen war, ihre Berechtigung hatte. Aber warum überwachten sie das Gebäude überhaupt?
Die Befragung hatte mich ziemlich erschöpft. Ich versuchte, ein paar Notizen zu machen – mit dickem Filzstift, in großen Blockbuchstaben, aber das strengte mich so an, dass ich darüber einschlief. Als mich zwei Stunden später der Pförtner anrief, um mir zu sagen, dass Schwester Zabinska gekommen sei, schreckte ich wieder hoch.
»Sie sehen sehr schwach aus. Können Sie überhaupt mit mir reden?«, fragte sie zur Begrüßung. Sie war groß und kräftig gebaut, aber ihre Schultern waren vor Schmerzen gekrümmt, und ihr Gesicht war grau und von Kummer zerfurcht.
»Ach, das ist nur mein Haar«, sagte ich, um erst gar kein Mitleid zuzulassen. »Ich hab es mit der Schere ein bisschen gestutzt, aber als Friseurin bin ich wohl nicht sehr talentiert. Das FBI hat gesagt, ich sähe aus, als hätte ich beim Damenringkampf verloren.«
»Ja, genau, das FBI . Darüber wollte ich mit Ihnen reden …«
Sie folgte mir auf den Balkon vor dem Wohnzimmer, wo Lotty im Sommer immer einen Tisch und zwei Stühle stehen hat. Ich forderte sie auf, sich zu
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