Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball
rief ich die Bilder der Überwachungskamera auf. Es war unmöglich zu sagen, wer die drei Gestalten waren. Wenn Tante Rachel sich nicht so sicher gewesen wäre, wäre ich noch nicht einmal davon überzeugt, dass die mittlere Petra war. Ich vergrößerte das Bild, so weit es irgendwie ging, und kam zu dem Ergebnis, dass der Mann auf ihrer Linken sie wahrscheinlich am Arm gepackt hatte. Seine Mütze war tief in die Stirn gezogen und sein Kragen hochgeschlagen, aber die Figur passte gut zu Alito.
Ich überlegte, wie ich ihn dazu bringen könnte, mir zu sagen, ob er dabei war. Mein mädchenhafter Charme würde dafür wahrscheinlich nicht ausreichen. Konnte man ihm damit drohen, dass sich das FBI dafür interessierte? Eine solche Drohung würde er von meiner Seite nicht ernst nehmen. Dazu hatte er wahrscheinlich zu viele Kontakte aus seiner Zeit als Polizist. Nur wenn er den Eindruck hatte, dass Strangwell und seine Kumpel ihn fallen ließen, würde er vielleicht reden.
Ich suchte seine Telefonnummer heraus und rief in Lake Catherine an. Als Hazel sich meldete, fragte ich sie nach ihrem Mann.
»Larry will nicht mit Ihnen reden«, sagte sie.
»Ich will auch nicht mit ihm reden«, sagte ich. »Aber es gibt etwas, das er wissen muss. Er ist als einer der Männer identifiziert worden, die vor zwei Tagen in mein Büro eingebrochen sind. Ich sag das nur, weil er mal mit meinem Vater gearbeitet hat. Ich denke, das bin ich ihm schuldig.«
Hazel schwieg.
»Ich werde die Polizei anrufen, aber ich werde damit noch genau vier Stunden warten. Bitte sorgen Sie dafür, dass Larry das erfährt, Mrs Alito. Larry ist einer der Männer, die –«
»Ich hab’s schon begriffen!«
Sie legte auf, und ich starrte das Telefon an.
Ich hatte versprochen, mit dem Anruf bei der Polizei noch zu warten, aber von der Presse hatte ich nichts gesagt. Ich rief meinen alten Partner Murray Ryerson vom Herald Star an und erzählte ihm die Geschichte. Über Petras Verschwinden wusste er natürlich Bescheid, die Sache mit dem Einbruch war ihm dagegen neu.
Im Gegensatz zu Alitos Frau hatte er eine Menge Fragen. Gleich als Erstes wollte er wissen, wer denn den Einbrecher identifiziert hatte.
»Murray«, sagte ich leise. »Es besteht die Gefahr, dass mein Telefon und mein Handy abgehört werden. Entweder von der Homeland Security oder von Mountain Hawk, diesem privaten Sicherheitsdienst. Deshalb kann ich keine vertraulichen Informationen am Telefon preisgeben. Ich kann dir nur sagen, dass er noch nicht hundertprozentig identifiziert worden ist. An deiner Stelle würde ich mal Les Strangwell abchecken, den Leiter der Krumas-Kampagne –«
»Strangwell?« Murrays Bariton stieg um eine volle Oktave. »Was hast du in deinem Büro, was den Leiter der Krumas-Kampagne beschäftigt? Warum sollten die einen Expolizisten anheuern, um –«
»Das weiß ich nicht, Murray. Ich kann dir nur sagen, dass sich Strangwell letzte Woche mit Alito getroffen und ihm einen Auftrag gegeben hat.«
»Wo bist du, Vic? In deinem Büro? In zwanzig Minuten bin ich bei dir und –«
»Ich kann keine Verabredungen dieser Art treffen, Darling. In den nächsten Tagen werde ich viel unterwegs sein. Ich lasse gegebenenfalls von mir hören …« Dann legte ich auf, während Murray eine ganze Salve von weiteren Fragen abfeuerte.
Als ich noch überprüfte, ob ich meine Brieftasche, meine Waffe und meine Schlüssel eingesteckt hatte, fing das Telefon an zu klingeln. Ich zog mir die Cubs-Mütze tief in die Stirn. Heute hatte ich keine Salben und Sonnenschutzcremes für meine immer noch empfindliche Haut. Nur die Cubs konnten mich schützen.
Das Telefon klingelte immer noch, als ich die Bürotür hinter mir schloss. Wenn die Anrufe abgehört worden waren, hatte ich nur wenige Minuten, ehe jemand da war, um mich zu beschatten. Ich rannte zwar nicht gerade die Straße hinunter, aber ich ging ziemlich schnell, und an der ersten Kreuzung bog ich links ab.
Sobald ich den Oakley Boulevard verlassen hatte, war ich in einer stillen Wohngegend, in der mir jeder Verfolger rasch aufgefallen wäre. Ich bog mal rechts und mal links ab und ging auf diese Weise so lange in nördlicher und westlicher Richtung, bis ich zur Armitage Avenue kam.
Ich brauchte dringend ein Auto. Den Mustang wollte ich nicht benutzen, und ein Mietwagen kam auch nicht in Frage, solange ich noch keinen neuen Führerschein hatte. Außerdem hätte Homeland Security es sofort erfahren, wenn ich einen Wagen gemietet hätte.
Weitere Kostenlose Bücher