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dazu angesetzt hat. Als Andre die verschwommene Bewegung rechts von sich sieht, kann er nur noch versuchen, den Kopf zwischen die Schultern zu ziehen und mit dem Tritt wegzurollen.
Zu spät. Hinter dem Tritt liegt Sarahs volles Körpergewicht, ihre ganzen ein Meter neunzig, die von Hüfte und Schulter herumgeschleudert und auf ein paar Quadratzentimeter an Andres widerstrebendem Schädel konzentriert werden. Sarahs Schienbein prallt mit genug Wucht gegen Andres Schläfe, daß Schmerzsplitter kreischend durch ihr Bein schießen. Andre fällt wie ein Sack Zucker um, Fehlzündungen in sämtlichen Nerven. Etwas ragt zwischen seinen Lippen hervor.
Sarah gewinnt ihr Gleichgewicht zurück, setzt den linken Fuß vor und verpaßt Andre mit der rechten Stiefelspitze einen Tritt von unten nach oben direkt zwischen die Augen. Andres Kopf schnellt nach hinten, knallt auf den Boden und prallt zurück. Eine Kyberschlange windet sich nutzlos aus seinem Mund, eine glitzernde Peitsche auf der Suche nach etwas zum Töten. Vielleicht ist Andre tot. Sarah ist das egal.
Ein Auge steht offen, eins ist geschlossen. Sarah starrt in das offene Auge, ignoriert die hin und her zuckende Kyberschlange, sieht etwas Falsches. Die Iris aus rostfreiem Stahl ist stark geweitet; wo die Pupille sein sollte, ist ein Loch, und Sarah erinnert sich an jenes _Klick_. Sie schaut an sich hinab, sieht die Stahlnadel in ihrer gepanzerten Jacke stecken und spürt, wie Furcht in ihr hochsteigt und sich in einer Welle der Übelkeit an ihr festklammert.
Andres Augen, die wie Visiere wirkten, weil sie Visiere _waren_. Eine Pfeilschußwaffe mit gespannter Feder, die auf Befehl einschnappt und durch die Luke der Pupille feuert. Sarah langt nach dem Pfeil, zieht ihn heraus und spürt ein Ziehen in ihrer Haut. Der Pfeil ist schlüpfrig und rutscht ihr aus der Hand, wobei er so etwas wie eine Ölspur auf ihren Fingerspitzen hinterläßt. Er ist durch ihre Jacke gegangen, durchgeschlüpft, wo eine stumpfnasige Kugel abrupt gestoppt worden wäre, und weniger als einen Millimeter in ihre Haut eingedrungen, vermutet sie; aber vielleicht reicht das schon.
Sarah hält die Finger an die Nase, schnüffelt und riecht einen ganz leichten medizinischen Geruch. Also vergiftet. Er ist nicht sehr weit eingedrungen, also hat sie vielleicht keine volle Dosis abbekommen.
"Wer _ist_ das?" Ein älterer Patient, der durch dicke Gläser glotzt und schockiert stammelt. Andres Kyberschlange peitscht sich auf dem schallschluckenden Teppich selbst zu Tode. Sarah rennt den pastellfarbenen Flur zu Dauds Zimmer entlang.
Er trainiert gerade, liegt rücklings auf dem Bett, während er mit den Gewichten arbeitet, und läßt Mslope zusehen, wie sich seine Muskeln unter der blassen Haut bewegen. "Daud", flüstert Sarah, als sie durch die Tür schlittert.
Mit schreckgeweiteten Augen kommt Mslope von seinem Stuhl hoch. "Raus!" sagt Sarah und sieht, wie Schmerz in die Augen des Mannes tritt. Er weiß, daß seine Zeit um ist.
Sie schenkt ihm keine Beachtung. Sie läuft zu Daud, sieht, wie ihm die Angst ins Gesicht steigt. Er läßt die Gewichte los, und ein Krachen ertönt.
"Es ist was schiefgegangen. Sie haben versucht, mich zu kidnappen." Sie drückt ihre Wange an Dauds Wange und flüstert ihm ins Ohr. "Wenn ich abhauen kann, ruf mich unter derselben Nummer an wie letztes Mal. Randolph Scott. Santa Fe. Ruf nicht von hier aus an! Dieses Telefon ist nicht sicher."
"Sarah." Seine Augen sind weit vor Furcht. "Ich dachte, es wäre alles in Ordnung. Ich dachte..." Sie nimmt seinen Kopf in die Hände und küßt ihn, ein wilder Kuß, der ihm vielleicht bei allem, was jetzt kommen wird, im Gedächtnis bleibt.
"Ich liebe dich", sagt sie und ist schon wieder auf den Beinen. Sie verläßt ihn, während er noch einmal ihren Namen ruft und sie mit der Hand an den Kleidern festzuhalten versucht. Sarah bemüht sich, seine Stimme auszulöschen. Sie spürt die erste zarte Berührung der Droge an der Nadel, was für eine es auch war; mit ihren Nerven stimmt etwas nicht. Es ist die federleichte Tatze eines Kätzchens, das seine Krallen noch nicht zeigt.
Sie hat den Plan des Hospitals im Kopf und weiß, wohin sie sich wenden muß. Den pastellgrünen Flur entlang, an der pastellrosa Kreuzung nach links. Dauds letzter Ruf klingt ihr in den Ohren. Ihr Schienbein schmerzt bei jedem Schritt. Sie gelangt an eine Stahltür, atmet ein letztesmal die kühle Luft ein und rollt sich tief gebückt in
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