Harper Connelly 02 - Falsches Grab-neu-ok-10.12.11
hinterließ Tolliver eine
Nachricht. »Dr. Nunley, hier spricht Tolliver Lang«, sagte er knapp. »Harper und ich müssen dringend mit Ihnen reden. Nach unserem
unerwarteten Fund gestern gibt es noch ein paar Dinge zu besprechen. Sie haben
ja meine Nummer.« Er klappte sein Handy zu.
»Jetzt denkt
er bestimmt, wir wollen unser Geld.«
Tolliver
überlegte. »Ja, und deswegen wird er uns auch zurückrufen«, sagte er
schließlich. »Wenn er uns nicht bezahlt, war die ganze Sache umsonst. Wir
können froh sein, wenn wir die Belohnung der Morgensterns bekommen.«
»Ehrlich
gesagt wäre es mir lieber, wir könnten das Geld ablehnen.« Er klopfte mir auf
die Schulter. Ich verstand genau, was er meinte. Im Grunde war uns beiden klar,
dass wir es annehmen würden. Wir hatten es schließlich mehr als verdient. »Ich
werde einfach das Gefühl nicht los, dass man uns in eine Falle gelockt hat.
Hoffentlich geschieht nicht noch mehr Unglück. Ich habe so den Verdacht, dass
wir hier als Sündenbock herhalten sollen.«
»Aber das
wird nicht passieren«, sagte Tolliver. »Ich weiß, dass ich Mist gebaut habe,
doch du kannst dich darauf verlassen, dass ich von nun an alles tun werde, damit
uns niemand mehr mit dieser Morgenstern-Geschichte in Verbindung bringt.
Außerdem bleibt es nun mal eine Tatsache, dass wir Tabitha nicht entführt
haben. Wann wurde sie noch mal genau entführt?« Wir fanden das Datum im
Internet, und Tolliver schlug in unserem Kalender vom letzten Jahr nach. Gott
sei Dank gibt es Computer. »Wir waren damals in Schenectady«, sagte
er so erleichtert, dass ich lachen musste.
»Das ist
ziemlich weit weg. Ich bin froh, dass du so gut Protokoll führst. Ich nehme an,
wir haben Quittungen, die das belegen können?«
»Ja, die
habe ich bereits in einem Ordner in unserer Wohnung abgelegt.«
»Jetzt zieh
nicht so einen Flunsch«, sagte ich und nahm sein Gesicht kurz in beide Hände,
um ihn auf die Wange zu küssen. Doch meine gute Laune hielt nicht lange vor.
»Tolliver, wer könnte das getan haben? Wer hat dieses Mädchen ermordet und hierher
gebracht? Kann das wirklich Zufall sein?«
Er
schüttelte den Kopf. »Das halte ich für wenig wahrscheinlich.«
»Wir wissen
beide, dass solche Zufälle äußerst selten sind. Aber ich habe Schwierigkeiten,
mir ein so raffiniertes Komplott vorzustellen.«
»Ich auch«,
erwiderte er.
Komischerweise
war die Nächste, von der wir hören sollten, Xylda Bernardo.
Wir hatten
gerade zu Mittag gegessen. Es war kein besonders angenehmes Essen gewesen. Art
war mit dabei, und da er ganz andere Essgewohnheiten hat als wir (er liebt
schweres, wir leichtes Mittagessen) und gern über Geschäftliches redet, während
er isst, kann ich nicht sagen, dass wir es besonders genossen. Art würde den
nächsten Flieger nach Atlanta nehmen, da er nicht wusste, was er noch hier in
Memphis sollte. Soweit er informiert war, hatte die Polizei nicht vor, uns
irgendeines Vergehens anzuklagen. Um das herauszufinden, hatte er jede Menge
Telefonate mit Bekannten bei der Justizbehörde von Mem phis geführt.
Im Grunde hatten wir Unsummen dafür bezahlt, dass Art erster Klasse herflog, in
einem schicken Hotel übernachtete, stundenlang telefonierte und eine
Presseerklärung abgab. Aber das Risiko hatten wir eingehen müssen.
Unser Anwalt
vertilgte gerade einen riesigen Salat, Knoblauchbrot und Ravioli mit
Kalbfleischfüllung, während Tolliver und ich eine Suppe und einen deutlich
kleineren Salat aßen. Ich sah zu, wie Art an gewaltigen Brotscheiben kaute und
uns sagte, mit was wir rechnen müssten.
»Sie werden
wahrscheinlich eine Aufstellung eurer Reisen verlangen, seit ihr die
Morgensterns kennengelernt habt«, erklärte Art.
Ich sah
Tolliver an, der nickte. Damit hatten wir keine Probleme. Während der letzten
Jahre hatten Tolliver und ich gelernt, jede einzelne Quittung,
Kreditkartenabrechnung und jedes Fitzelchen Papier aufzubewahren, das uns
betraf. Letztes Jahr waren wir besonders penibel gewesen. Wir hatten immer
einen einfachen Ziehharmonikaordner und den Laptop auf dem Autorücksitz liegen
und führten genau Protokoll. Wir schickten regelmäßig Pakete an unsere
Buchhalterin Sandy Dierdoff nach St. Louis. Sandy war eine üppige Blondine in
den Vierzigern. Als wir ihr erklärten, womit wir unseren Lebensunterhalt
verdienten, hatte sie nur die Brauen hochgezogen und schallend gelacht. Sie
schien unser ungewöhnliches Leben zu genießen. Ehrlich gesagt, hatte sie uns
sogar schon bessere
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