Harper Connelly 02 - Falsches Grab-neu-ok-10.12.11
Abend
befragt?«
»Natürlich
nicht.«
»Auch nicht,
wenn sich dabei herausstellt, dass Sie einen Kerl aus der Lobby geworfen haben,
während meine Schwester vollkommen passiv geblieben ist?«
Ich machte
übertrieben große, weinerliche Augen. Zerbrechlich sehe ich ohnehin aus, auch
wenn ich in Wahrheit äußerst zäh bin.
»Wen,
glauben Sie, werden sie wohl als gewalttätiger in Erinnerung haben - Sie oder Harper?«
»Mist. Und
ich habe ihr auch noch geholfen!« Rick Goldman sah uns an, als könne er es kaum
fassen, dass Leute wie wir frei herumlaufen dürfen. »Sie sind ja widerlich!«
»Ich wusste
es sehr zu schätzen, dass Sie mir geholfen haben... bis Sie mich beleidigten«,
sagte ich. »Clyde Nunley war eine Nervensäge, keine
Bedrohung. Jetzt ist er tot, und ich habe nichts damit zu tun. Wir waren gerade
bei den Morgensterns, und sie haben es in den Nachrichten gesehen, während wir
dort waren. Ziemlich verstörend, das Ganze.«
»Sie haben
Sie eingeladen?« Auch das rief eine heftige Reaktion bei ihm hervor.
»Es gibt
tatsächlich Leute, die uns nicht wie Mörder und Betrüger behandeln«, entgegnete
ich.
Er hob die
Hände, als hätte ich endgültig eine Grenze überschritten. »Ich geb's auf«,
sagte er.
Eine kleine
Show vom guten alten Rick.
»Sie beide
sind nichts als Trickbetrüger«, verkündete er. »Ich werde noch wahnsinnig, weil
ich nicht herausfinde, wie Sie das anstellen. Sie haben den Nagel auf den Kopf
getroffen, was diese Toten angeht. Wie sind Sie bloß im Vorfeld an die
Aufzeichnungen gekommen? Ich muss unbedingt wissen, wie
Sie das gemacht haben!«
Man kann
niemanden überzeugen, der für keinerlei Argumente zugänglich ist.
»Sie werden
mir niemals glauben, dass ich echt bin«, erwiderte ich. »Also wüsste ich auch
nicht, warum ich mich mit Ihnen unterhalten soll. Außerdem wird die Polizei
vermutlich gleich da sein, und ich würde gerne vorher noch duschen.« Das war
gelogen, denn ich hatte schon geduscht. Ich wollte nur, dass Rick Goldmann
verschwand, und zwar auf der Stelle.
12
Manfred Bernardo rief uns gegen drei aus der Lobby an und fragte, ob
er hochkommen könne. Ich lächelte, als ich daran dachte, was die
Hotelangestellten zu Manfreds Metallgesicht sagen würden.
»Was wohl
passiert, wenn er durch die Sicherheitskontrollen am Flughafen muss?«, sagte
ich zu Tolliver. Er las gerade einen Krimi von Robert Crais, einen der älteren mit
Elvis Cole, und lächelte von Zeit zu Zeit in sich
hinein.
»Ich glaube
nicht, dass das ein Problem ist, mit dem Manfred häufiger zu tun hat«, sagte
Tolliver nur mäßig interessiert.
Manfred
gehörte offensichtlich zu den Menschen, die gern andere anfassen. Als ich ihm
die Tür öffnete, merkte ich, dass er nur wenige Zentimeter größer war als ich.
Aber als mir das auffiel, beugte er sich auch schon vor und küsste mich auf die
Wange.
Ich küsste
ihn nicht zurück, denn ich mag diese Küsserei nicht besonders. Aber ich muss
gelächelt haben, als ich ihn ins Zimmer schob.
»Hallo
Tolliver«, sagte er, als Tolliver aufstand, um ihm die Hand zu geben. Tolliver
starrte Manfred kurz an. Manfred war wieder ganz in Schwarz gekleidet, diesmal
hatte er eine Lederhose, ein halb durchsichtiges schwarzes T-Shirt und eine
Lederjacke an. Er trug schwere Stiefel und ein kleines Vermögen in Silber an
Händen, Gesicht und Hals. Seine platinblonden Haare waren nachgefärbt und sein
Ziegenbärtchen farblich perfekt darauf abgestimmt. Ob er das wohl mir zuliebe
getan hatte? Oder fiel Manfred einfach gerne auf?
»Bitte, setz
dich. Ich hoffe, deiner Großmutter geht es gut?«, fragte ich. Ich nahm auf dem
Zweiersofa Platz und erwartete, dass sich Manfred auf den Ohrensessel neben
Tolliver setzen würde, aber er ließ sich neben mir nieder.
»Es geht ihr
nicht wirklich gut«, meinte Manfred. Sein Lächeln erstarb, und ich sah, dass er
sich Sorgen machte. »Sie hat Albträume von Leuten in Gräbern, die dort
eigentlich nicht hingehören.«
»Habt ihr
schon Nachrichten gesehen? Ich weiß nicht, wie weit ihr von Memphis weg wohnt,
aber empfangt ihr die Memphiser Lokalnachrichten?«
»Wir sehen
nicht fern«, sagte Manfred nur. »Oma meint, das stört ihre Gehirnwellen. Wenn
ich etwas sehen will, gehe ich zu einem Freund.«
»Dann
solltest du dir anschauen, was uns ein FBI-Agent heute Morgen gebracht hat«,
schlug Tolliver vor, schaltete den Fernseher an und legte das Band ein.
Manfred sah
schweigend zu. Er hatte meine Hand genommen, was
Weitere Kostenlose Bücher