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Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Titel: Harper Connelly 04 - Grabeshauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Schutzfunktion?«
    »Wahrscheinlich halten sie uns für abgeklärter und taffer als sich selbst«, sagte Tolliver nach einigem Nachdenken.
    »Nun, damit haben sie recht. Aber was heißt das schon?«
    »Er ist mein Vater. Ich fühle mich verpflichtet, etwas zu unternehmen.«
    »Das kann ich gut verstehen«, sagte ich, denn taktvoller konnte ich es nicht ausdrücken. »Ich kann auch verstehen, dass du
     noch ein paar Tage länger bleiben willst. Von mir aus gern. Aber wir können nicht für immer hier bleiben, vor dem Haus zelten
     und darauf warten, dass sich dein Dad den Mädchen erneut nähert. Es sei denn, er wird wieder verhaftet – und seien wir doch
     mal ehrlich: Dazu wird es bestimmt kommen, da er wieder Drogen nehmen wird. Wir können nichts dagegen machen, wenn er sie
     unbedingt sehen will, außer Iona und Hank gehen zur Polizei. Und selbst dann kann die Polizei die Mädchen nicht rund um die
     Uhr im Auge behalten.«
    »Ich weiß.«
    Tolliver klang kurz angebunden. Ich machte den Mund zu und verkniff mir den Rest. Auf der übrigen Fahrt zum Motel schwiegen
     wir.
    Wenn es etwas gibt, das mich nervös macht und irritiert, dann Meinungsverschiedenheiten mit meinem Bruder. Ich versuche zwar,
     Tolliver nicht mehr als meinen Bruder zu bezeichnen, denn das ist irgendwie gruselig. Aber eine alte Gewohnheit gibt man nicht
     so schnell auf.
    Zurück im Motelzimmer, konnte ich mich auf nichts konzentrieren. Ich wollte nicht lesen, und das Fernsehen istsonntagabends eine einzige Katastrophe, außer man interessiert sich für Sport. Ich schaffte es nicht, mich in mein Kreuzworträtsel
     zu vertiefen. Ich griff zu unseren Wäschesäcken. »Ich suche einen Waschsalon«, sagte ich und ging. Ich war so schnell draußen,
     dass ich nicht mehr mitbekam, ob Tolliver etwas darauf erwiderte. Wir brauchten ein wenig Abstand.
    Ich erkundigte mich an der Rezeption, und der Angestellte gab mir eine ausgezeichnete Wegbeschreibung zu einem großen, sauberen
     Salon, etwa anderthalb Kilometer vom Motel entfernt. Wir haben immer einen Vorrat von 2 5-Cent -Münzen, Waschpulver und Trocknertüchern im Kofferraum. Ich konnte also losziehen.
    Im Waschsalon gab es eine Aufsicht, eine ältere Frau mit krisseligen weißen Haaren und einer rundlichen Figur. Sie saß an
     einem kleinen Tisch, sah auf, als ich hereinkam, und nickte mir anstelle einer Begrüßung zu. Da Wochenende war, war im Salon
     viel Betrieb. Aber nachdem ich mich umgesehen hatte, entdeckte ich zwei leere Maschinen nebeneinander. Ich fand einen Plastikstuhl
     und trug ihn dorthin. Nachdem ich die Maschinen gefüllt und angestellt hatte, setzte ich mich und zog mein Buch aus der Tasche.
    Jetzt, wo kein grübelnder Tolliver in der Nähe war, konnte ich sehr wohl lesen. Keine Ahnung, warum. Aber es tat gut, Menschen
     um mich zu haben und bald wieder saubere Kleidung zu besitzen.
    Ich war ganz bei mir. Es gab keine Leichen in der Nähe. Einen köstlichen Moment lang war da keinerlei Summen in meinem Kopf.
    Von Zeit zu Zeit sah ich mich um, damit ich niemandem im Weg war. Eine etwa gleichaltrige Frau starrte mich an, als ich den
     Kopf hob und der Schleudergang fast fertig war.
    »Sind Sie diese Frau?«, fragte sie. »Sind Sie diese Hellseherin, die Leichen findet?«
    »Nein«, erwiderte ich prompt. »Man hat mich schon mehrmals darauf angesprochen, aber ich arbeite im Einkaufszentrum.«
    Das sage ich immer, wenn ich in einer städtischen Gegend unterwegs bin. Bisher hat es immer funktioniert. Es gibt immer ein
     Einkaufszentrum, und es erklärt auch, warum mich der Fragende schon mal irgendwo gesehen hat.
    »Welches Einkaufszentrum?«, fragte die Frau. Sie war hübsch, sogar in ihren Freizeitklamotten. Und sie war hartnäckig.
    »Tut mir leid«, sagte ich mit dem entsprechenden Lächeln. »Aber ich kenne Sie nicht.« Ich zuckte die Achseln, was in etwa heißen sollte:
Sie sind bestimmt ganz in Ordnung, aber ich habe keine Lust, mit Ihnen über meine Privatangelegenheiten zu reden.
    Die junge Frau reagierte nicht darauf. »Sie sehen genauso aus wie sie«, sagte sie und lächelte mich an, als müsste ich mich
     darüber freuen.
    »Aha«, sagte ich und zog meine Wäsche aus den Maschinen. Ich hatte mir bereits eines dieser Rollwägelchen geschnappt.
    »Wenn Sie es sind, müsste Ihr Bruder auch irgendwo in der Nähe sein«, verkündete die Frau. »Ich würde ihn gern kennenlernen.
     Er sieht scharf aus.«
    »Aber ich bin nicht die, für die Sie mich halten.« Ich rollte meinen

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