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Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Titel: Harper Connelly 04 - Grabeshauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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darauf achtet, kann man sehen, ob jemand durch das Guckloch schaut. Keine zehn Pferde würden mich dazu bringen.
    Ich hörte den Lift auf dem Flur und den Gong, als er mein Stockwerk erreichte. Ich hörte, wie sich die Türen öffneten. Ein
     Servierwagen klapperte, ein Geräusch, das ich kannte. Gleichzeitig hörte ich, wie sich jemand vor meiner Tür bewegte. Ja,
     da war immer noch jemand. Aber nach einer Sekunde verschwand mein Besuch. Ich sah durch das Guckloch, doch leider zu spät.
     Ich konnte keinen Blick mehr auf die Person erhaschen, die davor gestanden hatte.
    In der nächsten Sekunde klopfte es deutlich fester an die Tür, und eine Frauenstimme sagte: »Zimmerservice.« Das Guckloch
     bestätigte, dass es sich tatsächlich um eine Hotelangestellte mit Servierwagen handelte. Nachdem ich gesehen hatte, wie gelangweilt
     sie wirkte, öffnete ich ohne zu zögern die Tür.
    »Haben Sie jemand weggehen sehen?«, fragte ich. Ich wollte nicht paranoid klingen und fügte deshalb hinzu: »Ich habe gerade
     ein Schläfchen gemacht und dachte, es hätte geklopft, bevor Sie kamen. Aber als ich an der Tür war, war mein Besuch schon
     verschwunden.«
    »Mir kam jemand entgegen«, sagte die Frau, »Aber ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, tut mir leid.«
    Das war’s dann wohl.
    Ich war ziemlich wütend auf mich. Ich hätte doch durch den Türspion schauen sollen. Vielleicht hätte ich einen Fremden entdeckt,
     der sich in der Zimmernummer geirrt hatte. Vielleicht war es Manfred gewesen, der wusste, dass ich in diesem Hotel wohnte.
     Vielleicht hätte ich auch das Gesicht meines Feindes gesehen.
    Aus Enttäuschung darüber, so ein Angsthase gewesen zu sein, schaltete ich den Fernseher ein und sah mir eine alte Folge von
     ›Law and Order‹ an, während ich meine Suppe und meinen Salat aß. Sollte ich sie einmal zu oft gesehen haben, gab es bestimmt
     noch eine x-te Wiederholung von ›CSI‹. Im Fernsehen siegt häufig die Gerechtigkeit, aber leider nicht im wirklichen Leben.
     Vielleicht sehen wir deshalb so viel fern.
    Ich aß langsam und ertappte mich dabei, bewusst leise zu kauen, um mitzubekommen, wenn jemand vor der Tür wäre. Das war wirklich
     albern. Ich legte die Sicherheitskette vor und fühlte mich gleich ein Stückchen besser. Als ich mit dem Essen fertig war,
     sah ich mich sorgfältig um, bevor ich den Wagen auf den Flur schob. Dann verriegelte ich die Tür erneut und zog mich in mein
     Zimmer zurück. Zum Glück gab es keine Türen, die von meinem direkt in andere Zimmer führten, und weil es im zweiten Stock
     lag, konnte auch niemand durchs Fenster einsteigen. Trotzdem zog ich die Vorhänge vor.
    Dermaßen isoliert blieb ich bis zum nächsten Morgen auf meinem Zimmer.
    Das war wirklich kein Zustand.
    Am nächsten Tag sah Tolliver noch besser aus, und der Arzt meinte, er könne entlassen werden. Er gab mir eine Listemit Anweisungen. Die Wunde durfte nicht nass werden. Tolliver sollte mit seinem rechten Arm nichts heben. Wieder zu Hause
     (in unserem Fall war damit wahrscheinlich St. Louis gemeint), sollte er mit diesem Arm physiotherapeutische Übungen machen.
     Natürlich dauerte es eine Ewigkeit, bis die Entlassungsformalitäten erledigt waren, aber irgendwann saßen wir endlich in unserem
     Wagen, und ich schnallte Tolliver an.
    Beinahe hätte ich gesagt: »Ich wünschte, wir könnten hier weg!«, wollte Tolliver aber nicht beunruhigen. Wir mussten die Anweisungen
     des Arztes befolgen, weshalb uns nichts anderes übrig blieb, als noch ein paar Tage hier in Dallas auszuharren. Ich konnte
     es kaum erwarten, Texas zu verlassen. Ich hatte eigentlich gedacht, dass wir uns auf dieser Reise nach einem Haus umschauen
     könnten. Stattdessen wollte ich nur noch unsere Sachen packen und davonrasen, als wäre der Teufel hinter uns her.
    Tolliver sah aus dem Autofenster, als wäre er im Gefängnis gewesen. Als hätte er in Einzelhaft gesessen und jahrelang keine
     Restaurants, keine Hotels und keinen Verkehr mehr zu Gesicht bekommen. Er trug die Jeans und das Hemd, die ich ihm mitgebracht
     hatte, und besaß so endlich wieder mehr Ähnlichkeit mit sich selbst als in diesem Krankenhauskittel.
    Er ertappte mich dabei, wie ich ihn kurz schräg von der Seite ansah. »Ich weiß, dass ich furchtbar aussehe«, konstatierte
     er. »Das musst du mir nicht extra sagen.«
    »Ich dachte gerade, dass du wirklich toll ausschaust«, sagte ich unschuldig, und er lachte.
    »Klar«, konterte er.
    »Ich bin noch nie

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