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Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Titel: Harper Connelly 04 - Grabeshauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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ob
     es ein und dieselbe Person war. Die drei Joyces und Lizzies Freund konnten alle mit Waffen umgehen, da war ich mir sicher.
     Vielleicht dachte ich in Klischees, doch ein Rancher wie Rich Joyce würde seinen Enkelinnen bestimmt nicht das Rodeoreiten
     beibringen und das Schießen vernachlässigen. Dasselbe galt natürlich erst recht für Drex und den Freund. Am wenigsten wusste
     ich über Chip Moseley. Er schien gut zu Lizzie zu passen. Er war genauso schlank und wettergegerbt und wirkte selbstbewusst
     und bodenständig. Er hatte mich skeptisch beäugt, aber das taten schließlich die meisten Leute.
    Ich war schweißnass und begann langsam mit dem Abkühlen. Ich lief noch zehn Minuten in gemächlichem Tempo, trocknete mir dann
     das Gesicht mit dem Handtuch ab und kehrte auf unser Zimmer zurück. So langsam fing ich an, Hotelzimmer zu hassen. Ich hielt
     mich für keine gute Hausfrau, wünschte mir aber ein Zuhause, ein richtiges Zuhause. Ich wünschte mir einen Bettüberwurf, der
     nicht aus Kunstfasern bestand. Ich wünschte mir Bettwäsche, in der nur ich schlief. Ich wünschte mir, meine Kleidung zusammengefaltet
     aus dem Schrank holen zu können, statt in einem Koffer wühlen zu müssen. Ich wünschte mir ein Bücherregal und keinen Pappkarton.
     In unserer Wohnung gab es das alles, aber selbst sie wirkte nicht wie ein echtes Zuhause, sondern war einfach nur ein besseres
     Hotelzimmer.
    Im Lift atmete ich tief durch und verdrängte diese Gedanken in einen Winkel meines Gedächtnisses. Dort lagerten viele Erinnerungen,
     aber jetzt, wo jemand Jagd auf uns machte, wollte ich mich durch nichts ablenken lassen. Da Tolliver außer Gefecht gesetzt
     war, musste ich doppelt vorsichtig sein.
    Rudy Flemmons stand vor unserem Zimmer und wollte gerade anklopfen.
    »Detective!«, rief ich. »Warten Sie einen Moment.«
    Er erstarrte mit erhobener Faust, und ich sah sofort, dass etwas nicht stimmte.
    Ich trat näher und musterte sein Gesicht beziehungsweise sein Profil. Er drehte sich nicht zu mir um.
    »Oh nein!«, keuchte ich. »Kommen Sie, gehen wir hinein.« Ich ging an ihm vorbei, um die Tür aufzumachen, dann betraten wir
     das Zimmer. Ich machte das Licht an und hoffte, Tolliver nicht dadurch zu wecken. Doch dann sah ich, dass Licht im Bad brannte,
     und wusste, dass er wach war. Ich klopfte an die Tür. »Hallo, bist du da drin? Wir haben Besuch.«
    »So früh?«, fragte er, und ich wusste, dass er schlecht geschlafen hatte.
    »Komm da raus, mein Schatz«, sagte ich und hoffte, dass er die Botschaft begriff.
    Das tat er und kam keine halbe Minute später ins Wohnzimmer. An der Art, wie er sich bewegte, sah ich, dass es ihm nicht gut
     ging. Ich beeilte mich, ihm Orangensaft aus unserem kleinen Kühlschrank zu holen. Rudy Flemmons brauchte ich offensichtlich
     keinen anzubieten, so sehr war er in sich zusammengesunken. Entweder er war tieftraurig oder aber extrem besorgt. Um das unterscheiden
     zu können, hätte ich ihn besser kennen müssen. Ich sah nur, dass es ihm schlecht ging.
    Das war bestimmt kein schöner Start in den Tag für Tolliver, der sich auf dem Sofa zurücklehnte.
    »Erzählen Sie uns, warum Sie hier sind«, sagte Tolliver.
    »Ich glaube, Victoria ist tot«, verkündete Rudy Flemmons. »Ihr Wagen wurde heute Morgen gefunden, auf einem Friedhof in Garland.
     Ihre Handtasche war noch darin.«
    »Aber ihre Leiche haben Sie nicht gefunden?«, fragte ich.
    »Nein. Ich wollte Sie bitten, sich dort einmal umzusehen.«
    Das war sowohl schrecklich als auch ungewohnt. Wegen seiner offensichtlichen Trauer und unserer Freundschaft mit Victoria
     dachte ich gar nicht an Geld. Ich dachte an die anderen Cops da draußen, die mein Erscheinen am Tatort als extreme Panikreaktion
     von Rudy Flemmons deuten würden.
    Aber es gab nicht viel, was ich dazu sagen konnte, außer: »Geben Sie mir zehn Minuten Zeit.«
    Ich sprang unter die Dusche, seifte mich ein und spülte mich ab. Ich putzte mir die Zähne und zog mich an. Ich schlüpfte in
     meine Stiefel – kein modisches Modell mit hohen Absätzen, sondern flache, wasserdichte Uggs. Es hatteviel geregnet, und ich wollte unangenehme Überraschungen vermeiden. Obwohl ich noch keinen Wetterbericht gesehen oder gelesen
     hatte, war mir aufgefallen, dass Rudy eine dicke Jacke trug. Dementsprechend warm zog ich mich auch an.
    Dass Tolliver mitkam, war ausgeschlossen. Das wurde mir erst so richtig bewusst, als ich zur Tür ging. Schlechtes Wetter,
     ein Friedhof: nicht

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