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Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Titel: Harper Connelly 04 - Grabeshauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Ordnung, ich schaffte es auch allein.
    Das Gras war nass, und die Kiefernnadeln sorgten dafür, dass der Boden an manchen Stellen rutschig war. Ich wusste, wo ich
     hinlief, jetzt gab es keinen Zweifel mehr.
    »Dort drüben wurde schon alles abgesucht«, sagte der Detective.
    »Trotzdem, da ist jemand«, erwiderte ich. Ich wusste schon, wie diese Suche ausgehen würde. »Man wird mir unterstellen, dass
     ich irgendwie davon wusste«, murmelte ich. »Und dann wird man versuchen, mich festzuhalten.«
    Die Leiche befand sich nicht in dem Schuppen und auch nicht gleich dahinter. Nach dem Schuppen fiel der Bodensteil ab zu einem Entwässerungsgraben, wo eine dünne Erd- und Grasschicht eine unterirdische Wasserleitung bedeckte. Victoria
     lag in dem Wasserrohr. Man hatte ihre Leiche dort hineingestopft und so allen Blicken entzogen. Aber ich wusste, dass sie
     dort war, genauso wie ich wusste, dass sie angeschossen worden und verblutet war.
    Rudy sah verständnislos nach unten, und ich zeigte auf die Öffnung des Rohrs. Es gab nichts, was ich hätte sagen können. Er
     stolperte den Abhang hinunter und fiel auf die Knie. Er beugte sich vor und sah hinein.
    Dann schrie er.
    »Hier! Hier!«, brüllte er, und alle kamen angerannt. Jeder Polizist, der vor Ort war, einschließlich des Kerls, der den Wagen
     untersucht hatte. Rudy schien zu glauben, dass sie vielleicht noch am Leben war. Aber da täuschte er sich, er wollte es einfach
     nicht wahrhaben. Ich finde nämlich keine Lebenden.
    Ich zog mich zurück und ging zu Victorias verlassenem Auto. Der Kofferraum stand offen. Ich ertappte mich dabei, wie ich hineinstarrte
     und vorgab, mich nicht näher dafür zu interessieren. Darin lagen Mappen, viele einzelne und einige, die von einem breiten
     Gummiband zusammengehalten wurden. Auf dem obersten Bündel stand »Lizzie Joyce«, und ehe ich wusste, was ich tat, griff ich
     danach und legte es in Rudys Wagen. Es waren noch genügend andere Mappen übrig, redete ich mir ein – und auch, dass wir es
     uns schuldig waren, unsere Feinde zu kennen.
    Im Nachhinein wurde auch mir klar, dass das falsch gewesen war. Ich hätte das lieber der Polizei überlassen sollen. Aber in
     diesem Moment fand ich es völlig selbstverständlich, ja, hielt es für einen besonders schlauen Schachzug. Mehr kann ich zu
     meiner Verteidigung nicht vorbringen. Einer dieser Leute hatte auf uns geschossen, und ich musste herausfinden,wer von ihnen das höchstwahrscheinlich gewesen war.
    Ich stieg in Rudys Wagen. Er hatte eine alte Jacke auf den Rücksitz geworfen, und ich nahm sie nach vorn und hüllte mich darin
     ein, als wäre mir kalt, was gar nicht mal gelogen war. Nach ein paar Minuten kam ein Uniformierter angelaufen und sagte, er
     würde mich ins Hotel zurückbringen. Ich hatte die Jacke angezogen, sie bis oben hin geschlossen und die Mappen darunter versteckt.
     Ich verließ Rudys Wagen und stieg in den Streifenwagen.
    Der Uniformierte, ein Mann um die dreißig, hatte einen kahl rasierten Schädel und ein finsteres Gesicht, was angesichts der
     Umstände nicht weiter verwunderlich war. Während der Fahrt machte er genau eine Bemerkung: »Damit das klar ist: Wir haben
     sie gefunden«, sagte er und warf mir einen Blick zu, der mich wohl das Fürchten lehren sollte. Es fiel mir nicht schwer, zustimmend
     zu nicken. Ich musste richtig eingeschüchtert gewirkt haben, denn anschließend schwieg er.
    Ich stieg recht unbeholfen aus, wegen der Mappen. Er muss sich gefragt haben, ob ich irgendwie behindert bin, aber das machte
     ihn auch nicht zuvorkommender. Mit verschränkten Armen betrat ich das Hotel und war froh über die sich automatisch öffnenden
     Türen, die es mir erlaubten, meine Hände an Ort und Stelle zu lassen und die Mappen in den Lift zu schmuggeln.
    Meine Hände waren kalt, und ich tat mich schwer, nach meiner Schlüsselkarte zu greifen und diese in den dafür vorgesehenen
     Schlitz zu stecken. Aber die Tür ging auf, und ich taumelte ins Zimmer.
    »Was ist passiert?«, rief Tolliver sofort, und ich eilte ins Schlafzimmer. Das Zimmermädchen war da gewesen und hatte das
     Bett gemacht. Er trug einen sauberen Schlafanzugund lag auf dem Bettüberwurf, wobei er sich mit der Sofadecke zugedeckt hatte. Die Vorhänge waren aufgezogen und gaben den
     Blick auf den erschreckend grauen Himmel frei. Während ich im Lift gewesen war, hatte es zu regnen begonnen. Das würde die
     Arbeit auf dem Friedhof verkomplizieren. Dicke Tropfen prasselten

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