Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 3 - Drei Zimmer, Leiche, Bad
ebenfalls unlängst erst ausgetauscht hatte.
„Aber du liebst dieses Haus doch, oder?“ Ich saß mit Susu an ihrem Küchentisch im Landhausstil. Überhaupt dominierte der Landhausstil in dieser Küche, bis hin zum liebevoll restaurierten Pie Safe, in dem frühere Hausfrauen Kuchen aufzubewahren pflegten, der jetzt aber auffallend leer stand. Insgesamt rechnete man jeden Moment mit einer weißen Gans in blauer Halskrause, die durch die Tür spaziert kam.
„Ja“, gestand sie und drückte ihre dritte Zigarette aus. „Meine Urgroßeltern haben es gebaut, nachdem sie geheiratet hatten, meine Eltern haben es geerbt und renoviert, und jetzt renoviere ich hier. Höchstwahrscheinlich mein Leben lang. Gut, dass Jimmy einen Eisenwarenladen hat! Nur ein Elektrogeschäft wäre noch besser. Oder ein Stoffladen. Noch Kaffee?“
„Bitte“, sagte ich. Wenn ich weiter so viel trank, erhielt ich bestimmt bald Gelegenheit, eins der frisch renovierten Badezimmer zu besichtigen. „Wie geht es denn Jimmy so?“
Über ihr Haus sprach meine alte Freundin offensichtlich viel lieber als über ihren Gatten. Der Themenwechsel machte sie nicht glücklich. „Dir kann ich es ja sagen, Roe, denn wir sind nun schon so lange befreundet … ich weiß nicht, wie es Jimmy geht. Er geht morgens in den Laden und arbeitet viel und hart.
Eigentlich hat er das Geschäft aufgebaut und zu dem gemacht, was es jetzt ist. Er nimmt an Sitzungen der Rotarier teil, geht in die Kirche, im Sommer betreut er das Baseballteam von Little Jim, und er geht zu sämtlichen Vorspielabenden an Bethanys Klavierschule! Aber manchmal habe ich so ein merkwürdiges Gefühl …“ Sie starrte auf ihre brennende Zigarette, ohne den Satz zu beenden.
„Was denn, Susu?“, fragte ich leise. Plötzlich war all die Zuneigung zurückgekehrt, die ich während unserer Schulzeit für diese kluge, mollige, blonde, schreckhafte junge Frau empfunden hatte.
„Er ist nicht mit dem Herzen dabei.“ Susu stieß ein halb unterdrücktes Lachen aus. „Ich weiß, das hört sich blöd an!“ Ich fand das überhaupt nicht blöd, sondern sehr einfühlsam und von einem Einsichtsvermögen zeugend, das ich Susu nie zugetraut hätte.
„Vielleicht leidet er unter einer verfrühten Midlife Crisis?“, schlug ich sanft vor.
„Vermutlich! Natürlich, du wirst recht haben.“ Susu war ihre Ehrlichkeit schon peinlich geworden. „Komm, sieh dir an, was ich aus Bethanys Zimmer gemacht habe. Kannst du dir vorstellen, dass sie im Handumdrehen Teenager sein wird? Ich rechne jeden Tag damit, dass sie ankommt und verkündet, sie hätte ihre Regel.“
„Oh nein!“
Unter vielen Ahs und Ohs schafften wir es die Treppe hinauf. Bethanys Zimmer glich einem perfekten Gemälde. Immer noch dominierten die Lieblingspuppen, die allerdings hier und da schon Konkurrenz von Postern mit ernst dreinblickenden jungen Männern in Lederjacken bekommen hatten. Dann besichtigten wir das Zimmer des kleinen Jim mit seiner Ententapete und den maskulinen Karomustern auf Tagesdecke und Sessel. Anscheinend teilte auch Susu die unter Innenarchitekten weit verbreitete Ansicht, in jedem männlichen Körper verzehre sich ein Gen nach der Entenjagd.
Dann gingen wir in Jimmys und Susus Zimmer. Es glich einem Traum in Chintz und gerahmten Stickereien. Rüschenkissen zierten das Bett. Neben Susus Frisierkommode hing ein Hochzeitsfoto der beiden, auf dem die gesamte Hochzeitsgesellschaft fein säuberlich aufgereiht zu sehen war.
„Da, die zweite von hinten, das bist du, Roe! War das nicht ein herrlicher Tag?“ Susus rotlackierter Fingernagel tippe auf mein noch sehr junges Gesicht mit dem etwas verspannten Lächeln. Sofort stand mir der Tag wieder fast körperlich vor Augen. Ich hatte genau gewusst, wie schlecht mir das Brautjungfernkleid mit den lavendelfarbenen Rüschen stand, wie lächerlich der ausladende Strohhut mit der passenden lavendelfarbenen Schleife auf meinen ungezähmten Locken thronte. Meine beste Freundin Amina hatte auch als Brautjungfer fungiert, aber ihr war es dank ihrer Größe und ihres langen, schmalen Halses mit Kleid und Hut viel besser ergangen, weshalb sie ohne Vorbehalte in die Kamera strahlte. Susu selbst sah in dem wohlverdienten, strahlenden Weiß einfach sagenhaft aus. Das sagte ich ihr auch. „Es war die Hochzeit des Jahres“, fuhr ich grinsend fort. „Du warst die erste von uns, die Hochzeit feierte, wir haben dich alle beneidet.“
Einen Augenblick lang leuchtete in Susus Gesicht die
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