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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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sie Neulingen beim SID gern erzählte, waren DNS lediglich drei Buchstaben des Alphabets gewesen, als sie bei der Spurensicherung angefangen hatte. Inzwischen war sie eine Expertin auf fast allen Gebieten der Kriminaltechnik, und ihr Sohn Michael war ebenfalls beim SID und Spezialist für Blutspritzer.
    Starkey blickte von einem Computerarbeitsplatz mit zwei Bildschirmen auf, an dem sie sich ein körniges Video von einem Banküberfall ansah. Auf den Monitoren waren zwei unterschiedlich scharfe Bilder eines Mannes, der eine Pistole auf einen Kassenschalter richtete.
    »Harry Bosch! Der Mann mit dem Plan.«
    Bosch hatte keine Zeit für Nettigkeiten. Er blieb neben ihr stehen und kam sofort zur Sache.
    »Barb, ich brauche deine Hilfe.«
    Die Anspannung in Boschs Stimme ließ Starkey die Stirn runzeln.
    »Was gibt’s, Harryschätzchen?«
    Bosch hielt sein Handy hoch.
    »Ich habe ein Video auf meinem Handy. Es müsste vergrößert und langsamer abgespielt werden. Vielleicht lässt sich dann feststellen, wo es aufgenommen wurde. Es handelt sich um eine Entführung.«
    Starkey deutete auf ihren Bildschirm. »Ich bin gerade mit diesem Zwo-Elfer in West …«
    »Es geht um meine Tochter, Barbara. Du musst mir sofort helfen.«
    Diesmal zögerte Starkey nicht.
    »Lass sehen.«
    Bosch klappte das Handy auf und startete das Video, bevor er es ihr reichte. Starkeys Mienenspiel zeigte keinerlei emotionale Regungen, als sie es sich wortlos ansah. Sie nahm eine aufrechtere Haltung ein und strahlte eine Aura hochprofessioneller Konzentration aus.
    »Okay, kannst du mir das auf meinen Rechner schicken?«
    »Keine Ahnung. Ich weiß nur, wie ich es auf dein Handy schicken kann.«
    »Kannst du damit keine Mails mit Anhang verschicken?«
    »Eine Mail kann ich senden, aber wie das mit einem Anhang geht, weiß ich nicht. Habe ich noch nie gemacht.«
    Starkey erklärte ihm die einzelnen Schritte, worauf er ihr eine Mail mit dem Video als Anhang schickte.
    »Okay, jetzt warten wir, dass es ankommt.«
    Bevor Bosch fragen konnte, wie lange das dauern würde, ertönte ein leiser Glockenton.
    »Bereits da.«
    Starkey schloss die Dateien zu dem Banküberfall, öffnete ihren Posteingang und speicherte das Video ab. Wenig später hatte sie es auf dem linken Bildschirm laufen. Auf Monitormaße vergrößert, war das Bild wegen der Pixelstreuung sehr verschwommen. Starkey verkleinerte es auf die halbe Bildschirmgröße, und es wurde schärfer. Wesentlich schärfer und kontrastreicher, als Bosch es bis dahin auf seinem Handy-Display gesehen hatte. Bosch schaute auf seine Tochter und gab sich große Mühe, fokussiert zu bleiben.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Harry«, meinte Starkey.
    »Ja. Reden wir am besten nicht darüber.«
    Auf dem Bildschirm war Maddie Bosch, dreizehn Jahr alt. Sie war an einen Stuhl gefesselt und mit einem Stück leuchtend rotem Stoff geknebelt. Sie trug ihre Schuluniform, einen blaukarierten Rock und eine weiße Bluse mit dem Schulwappen auf der linken Brust. Sie blickte in die Kamera – ihre eigene Handy-Kamera –, und der Ausdruck in ihren Augen zerriss Bosch das Herz.
Verzweifelt
und
panisch
waren nur die ersten Begriffe, die ihm durch den Kopf schossen.
    Das Video hatte keinen Ton, beziehungsweise es sagte zunächst niemand etwas. Fünfzehn Sekunden lang hielt die Kamera auf seine Tochter, und das genügte. Sie wurde ihm einfach vorgeführt. Die Wut kehrte zurück. Und die Hilflosigkeit.
    Dann streckte die Person hinter der Kamera die Hand in den Bildausschnitt und zog kurz den Knebel von Maddies Mund.
    »Dad!«
    Danach wurde der Knebel sofort wieder angebracht und dämpfte alles, was nach diesem einen Wort gekreischt wurde, so dass Bosch es nicht verstehen konnte.
    Dann wanderte die Hand nach unten, um die Brüste des Mädchens zu befummeln. Sie wehrte sich heftig, wand sich trotz ihrer Fesseln seitlich von ihr weg und trat mit dem linken Bein nach dem ausgestreckten Arm. Der Bildausschnitt verwackelte kurz, richtete sich aber sofort wieder auf Maddie. Sie war mitsamt dem Stuhl umgefallen. In den letzten fünf Sekunden des Videos hielt die Kamera einfach weiter auf sie. Dann wurde der Bildschirm schwarz.
    »Keine Forderung«, bemerkte Starkey. »Sie zeigen sie nur.«
    »Es ist eine Botschaft an mich«, sagte Bosch. »Sie geben mir damit zu verstehen, ich soll die Finger von dem Fall lassen.«
    Zunächst reagierte Starkey nicht. Sie legte beide Hände auf ein Bildbearbeitungsgerät, das an die Tastatur

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