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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Tochter … bis sie mir genommen wurde.‹«

27
    Montag, 5. April, 13:45 Uhr
    D ie Verlesung von Regina Landys Zeugenaussage aus dem ersten Prozess dauerte bis zur Mittagspause. Sie war erforderlich, um festzustellen, wer das Opfer war und wer es identifiziert hatte. In Ermangelung der zwangsläufigen Emotionalität der ursprünglichen Aussage der Mutter hatte deren Verlesung durch Bosch größtenteils rein verfahrenstechnischen Charakter, und während der erste Zeuge des Tages Anlass zur Hoffnung gegeben hatte, war der zweite Zeuge so ernüchternd, wie eine Stimme aus dem Grab es nur sein konnte. Ich nahm an, dass die Geschworenen nicht verstanden, warum Regina Landys Aussage von Bosch vorgelesen wurde. Ihnen war nämlich nicht erklärt worden, weshalb sie dem Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter fernblieb.
    Das Anklageteam traf sich zum Mittagessen im Duffy’s, das einerseits nicht zu weit vom CCB entfernt war, andererseits aber doch weit genug, um nicht fürchten zu müssen, dass auch der eine oder andere Geschworene dort essen gehen könnte. Niemand brach angesichts des bisherigen Prozessverlaufs in Begeisterungsstürme aus, aber das war zu erwarten gewesen. Ich hatte die Präsentation der Beweise angelegt wie den musikalischen Aufbau der sinfonischen Dichtung
Scheherazade,
die langsam und ruhig beginnt und sich zu einem mitreißenden Crescendo aus Klang, Musik und Emotionen steigert.
    Am ersten Verhandlungstag ging es darum, die Fakten des Falls zu beweisen. Ich musste die Leiche einführen. Ich musste nachweisen, dass es ein Opfer gab, dass es aus dem Haus seiner Eltern entführt und wenig später tot aufgefunden worden war und dass es ermordet worden war. Zwei dieser Fakten hatte ich mit Hilfe der ersten zwei Zeugen etabliert, und jetzt sollte der Nachmittagszeuge, ein Rechtsmediziner, die Beweislage komplettieren. Danach würde sich die Anklage bei ihrer Beweisführung mit dem Angeklagten und denjenigen Beweisen befassen, die ihn mit der Tat in Verbindung brachten. Das war der Punkt, an dem meine Argumentation Fahrt aufnehmen sollte.
    Nach der Mittagspause kehrten nur Bosch und ich in den Gerichtssaal zurück. Maggie ging ins Checkers Hotel, um den Nachmittag mit unserer Starzeugin, Sarah Ann Gleason, zu verbringen. Bosch war am Samstag nach Washington hoch geflogen und am Sonntagmorgen mit ihr nach L. A. zurückgekehrt. Sie sollte zwar nicht vor Mittwochmorgen vor Gericht erscheinen, aber ich wollte sie in der Nähe haben, und außerdem war mir wichtig, dass Maggie so viel Zeit wie möglich mit ihr verbrachte, um sie auf ihren Auftritt beim Prozess vorzubereiten. Maggie hatte sie zwar bereits zweimal in Washington besucht, aber ich fand, jedes bisschen mehr an Zeit, das sie miteinander verbrachten, würde die Bande vertiefen, die sich zwischen ihnen herausbilden und vor allem auch für die Geschworenen erkennbar werden sollten.
    Maggie trennte sich nur widerstrebend von uns. Sie fürchtete, ich könnte im Gericht einen Fehler machen, wenn sie nicht auf mich aufpasste. Ich versicherte ihr, dass ich mir die Vernehmung eines Rechtsmediziners durchaus zutraute und sie ansonsten anrufen würde, wenn Probleme auftreten sollten. Was wusste ich zu diesem Zeitpunkt, wie wichtig die Aussage dieses Zeugen werden würde.
    Weil wir auf einen Geschworenen warten mussten, der nicht rechtzeitig vom Mittagessen zurückkam, begann die Nachmittagssitzung mit zehnminütiger Verspätung. Sobald die Geschworenen vollzählig waren und auf der Bank Platz genommen hatten, hielt ihnen die Richterin einen Vortrag über Pünktlichkeit und verfügte, dass sie künftig gemeinsam essen zu gehen hätten. Außerdem erteilte sie dem Deputy Anweisung, die Geschworenen zum Mittagessen zu begleiten, damit sich niemand von der Gruppe absonderte und zu spät käme.
    Nachdem dieser Punkt geklärt war, forderte mich die Richterin barsch auf, meinen nächsten Zeugen aufzurufen. Ich nickte Bosch zu, worauf er ins Zeugenzimmer ging, um David Eisenbach zu holen.
    Die Richterin wurde ungeduldig, als wir warteten, aber Eisenbach brauchte etwas länger als die meisten Zeugen, um es in den Gerichtssaal und in den Zeugenstand zu schaffen. Eisenbach war neunundsiebzig Jahre alt und ging am Stock. Außerdem hatte er ein Sitzkissen mit einem Griff dabei, als wäre er auf dem Weg zu einem USC -Footballspiel im Coliseum. Nach seiner Vereidigung legte er das Kissen auf die hölzerne Sitzfläche des Zeugenstuhls und setzte sich.
    »Dr.

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