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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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lasse die Frage zu.«
    »Sie dürfen antworten, Herr Doktor«, sagte ich. »War das ungewöhnlich?«
    »Nicht unbedingt. Viele Morde werden in Tateinheit mit Handgreiflichkeiten und anderen Handlungen begangen. Das konnte ich des Öfteren beobachten. Wenn eine Hand anderweitig beschäftigt ist, muss eben die andere genügen. Außerdem haben wir es hier mit einem zwölfjährigen Mädchen zu tun, das vierunddreißig Kilogramm wog. Sie könnte mit einer Hand festgehalten worden sein, wenn der Mörder die linke Hand für etwas anderes benötigte.«
    »Fiele darunter zum Beispiel das Lenken eines Fahrzeugs?«
    »Einspruch«, rief Royce. »Gleiche Begründung.«
    »Und gleiche Entscheidung«, erklärte Breitman. »Sie dürfen antworten, Herr Doktor.«
    »Ja«, sagte Eisenbach. »Wenn eine Hand dazu verwendet wurde, ein Fahrzeug zu steuern, könnte die andere dazu benutzt worden sein, das Opfer zu erwürgen. Das ist eine Möglichkeit.«
    An diesem Punkt glaubte ich, alles aus Eisenbach herausgeholt zu haben, was es bei ihm zu holen gab. Ich beendete die Einvernahme und übergab den Zeugen an Royce. Zu meinem Leidwesen war Eisenbach ein Zeuge, der für jeden etwas hatte. Und Royce stürzte sich sofort darauf.
    »›Eine Möglichkeit‹, so haben Sie es doch ausgedrückt, Dr. Eisenbach?«
    »Wie bitte?«
    »Sie sagten, das von Mr. Haller entworfene Szenario – eine Hand am Steuer, eine Hand am Hals – sei eine Möglichkeit. Ist das richtig?«
    »Ja, das ist eine Möglichkeit.«
    »Aber Sie waren nicht dabei, und können es deshalb nicht mit Sicherheit sagen. Das ist doch richtig, Herr Doktor?«
    »Ja, das ist richtig.«
    »Sie sagten, das sei eine Möglichkeit. Was gäbe es noch für andere Möglichkeiten?«
    »Keine Ahnung … woher soll ich das wissen. Ich habe nur auf die Frage des Staatsanwalts geantwortet.«
    »Eine Zigarette zum Beispiel?«
    »Wie bitte?«
    »Könnte der Mörder eine Zigarette in der linken Hand gehalten haben, als er das Mädchen mit der rechten erwürgte?«
    »Ja, ich denke schon. Doch.«
    »Und seinen Penis?«
    »Seinen …«
    »Seinen Penis, Herr Doktor. Könnte der Mörder das Mädchen mit der rechten Hand erwürgt haben, während er mit der linken seinen Penis hielt?«
    »Da müsste ich … doch, auch das wäre eine Möglichkeit.«
    »Er könnte mit einer Hand masturbiert haben, während er sie mit der anderen erwürgt hat, richtig, Herr Doktor?«
    »Möglich ist vieles, aber es gibt im Obduktionsbefund keinerlei Hinweise, die diese Theorie stützen würden.«
    »Und was ist mit dem, was nicht in der Akte steht, Herr Doktor?«
    »Ich wüsste nicht, was es da geben sollte.«
    »Ist das, was Sie gemeint haben, als Sie sich als Söldner bezeichnet haben, Herr Doktor? Dass Sie, egal, wie die Faktenlage ist, auf der Seite der Anklage stehen?«
    »Ich bin nicht nur für Ankläger tätig.«
    »Schön für Sie.«
    Ich stand auf.
    »Euer Ehren, er unterstellt dem Zeugen …«
    »Mr. Royce«, sagte die Richterin. »Bitte unterlassen Sie diese Unterstellungen. Und kommen Sie zum Punkt.«
    »Ja, Euer Ehren. Herr Doktor, Sie haben Ihren eigenen Aussagen zufolge zwanzigtausend Obduktionen vorgenommen. Wie viele dieser Toten waren Opfer sexuell motivierter Gewalttaten?«
    Eisenbach schaute hilfesuchend zu mir, aber ich konnte nichts für ihn tun. Auf Maggies Platz am Tisch der Anklage saß diesmal Bosch. Er beugte sich zu mir herüber und flüsterte: »Was hat der Kerl vor? Uns in die Schuhe zu pinkeln?«
    Ich hielt die Hand hoch, um nicht von dem Wortwechsel zwischen Royce und Eisenbach abgelenkt zu werden.
    »Nein, er pinkelt sich selbst in die Schuhe«, flüsterte ich zurück.
    Eisenbach hatte noch nicht geantwortet.
    »Herr Doktor«, sagte die Richterin, »bitte beantworten Sie die Frage.«
    »Ich kann Ihnen jetzt keine konkreten Zahlen nennen, aber viele dieser Morde waren sexuell motiviert.«
    »War das auch diese Tat?«
    »Allein anhand der aus der Obduktion gewonnenen Erkenntnisse konnte ich nicht zu einem solchen Schluss gelangen. Handelt es sich allerdings um ein Kind, vor allem ein Mädchen, und um eine Entführung durch einen Fremden, geht man fast immer davon aus …«
    »Ich beantrage, die Antwort als nicht sachdienlich zu streichen«, schnitt Royce dem Doktor das Wort ab. »Der Zeuge mutmaßt Fakten, die nicht erwiesen sind.«
    Die Richterin dachte über den Einspruch nach. Ich stand auf, um gegebenenfalls etwas zu entgegnen, hielt mich jedoch zunächst noch zurück.
    »Herr Doktor, beantworten

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