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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Lager genutzt, aber in letzter Zeit wurde sie bei Flut so oft überschwemmt, dass sie gesperrt wurde und nicht mehr zugänglich ist. Jessup hat unter der Holzverkleidung an der Seite ein Loch gegraben und ist nach drinnen gekrochen.«
    »Wieso?«
    »Keine Ahnung. Sie konnten ihm nicht folgen, ohne zu riskieren, entdeckt zu werden. Aber das ist nicht das wirklich Entscheidende. Die wichtigste Neuigkeit ist, dass er sich gestern Abend im Townhouse in Venice mit zwei Typen getroffen hat und dann mit ihnen zu einem Auto gegangen ist, das auf einem der Parkplätze unten am Strand stand. Einer der beiden Typen hat einen in ein Handtuch eingeschlagenen Gegenstand aus dem Kofferraum genommen und Jessup gegeben.«
    »Eine Pistole?«
    Bosch zuckte mit den Achseln.
    »Was es war, konnten sie nicht erkennen, aber sie konnten mit Hilfe der Autonummer einen der beiden Typen identifizieren. Marshall Daniels. Er war in den neunziger Jahren in San Quentin – zur gleichen Zeit wie Jessup.«
    Inzwischen begann etwas von der Anspannung und Rastlosigkeit, die von Bosch ausging, auf mich überzuspringen.
    »Sie könnten sich aus dem Gefängnis kennen. Weswegen hat Daniels dort eingesessen?«
    »Drogen und Waffen.«
    Ich sah auf die Uhr. Ich musste in den Gerichtssaal zurück.
    »Dann müssen wir davon ausgehen, dass Jessup eine Waffe hat. Wir könnten ihm eine Verletzung der Kautionsauflagen anlasten, weil er mit einem verurteilten Straftäter Kontakt aufgenommen hat. Haben sie Fotos mit Jessup und Daniels drauf?«
    »Haben sie, aber ich weiß nicht, ob das so ratsam wäre.«
    »Obwohl er sich eine Schusswaffe besorgt hat? Bist du sicher, die SIS schreitet rechtzeitig ein, bevor er jemandem Schaden zufügen kann?«
    »An sich schon, aber es wäre natürlich hilfreich, wenn wir wüssten, was er vorhat.«
    Wir traten aus dem Treppenhaus in den Flur hinaus und sahen weder einen Geschworenen noch sonst einen der Prozessbeteiligten. Außer mir waren bereits alle in den Saal zurückgekehrt.
    »Lass uns später darüber reden. Ich muss zurück, sonst kriege ich von der Richterin gleich einen gewaltigen Anpfiff. Und im Gegensatz zu Royce kann ich mir keine Missachtung des Gerichts erlauben, nur um bei den Geschworenen zu punkten. Geh jetzt Atwater holen.«
    Ich eilte zum Eingang von Saal 112 zurück und drängte mich grob an zwei Prozesszuschauern vorbei, die langsam nach drinnen spazierten. Richterin Breitman hatte noch nicht auf mich gewartet. Doch bis auf mich waren alle auf ihren Plätzen, und die Geschworenen saßen bereits auf der Bank. Ich eilte den Mittelgang hinunter und durch die Schranke und rutschte auf meinen Sitz neben Maggie.
    »Das war aber knapp«, hauchte sie. »Ich glaube, die Richterin hat schon gehofft, wieder für ausgeglichene Verhältnisse sorgen und
dir
Missachtung des Gerichts vorwerfen zu können.«
    »Das kann mir ja immer noch blühen.«
    Die Richterin wandte sich von den Geschworenen ab und entdeckte mich am Tisch der Anklage.
    »Nett, dass Sie sich doch noch herbemüht haben, Mr. Haller. Hatten Sie einen schönen Ausflug?«
    Ich stand auf.
    »Ich bitte um Entschuldigung, Euer Ehren. Ich musste mich um eine Privatangelegenheit kümmern, und das hat wesentlich länger gedauert als erwartet.«
    Sie wollte mich bereits zurechtweisen, merkte dann aber, dass ich mich des gleichen Wortlauts bediente, mit dem sie sich am Vormittag für ihre Verspätung entschuldigt hatte.
    »Rufen Sie schon Ihren nächsten Zeugen auf, Counselor«, forderte sie mich schroff auf.
    Ich rief Lisa Atwater in den Zeugenstand und blickte in den hinteren Teil des Gerichtssaals, wo Bosch mit der DNA -Laborantin den Mittelgang herunterkam. Ich sah auf die Uhr an der Rückwand. Mein Ziel war, den Rest des Tages mit Atwaters Zeugenaussage herumzubringen und alle wichtigen Punkte mit ihr abzuhaken, bevor die Richterin die Verhandlung für beendet erklärte. Das verhalf Royce zwar zu einer ganzen Nacht, um sich auf sein Kreuzverhör vorzubereiten, aber dieses Manko nahm ich angesichts dessen, was dabei für mich heraussprang, gern in Kauf: dass nämlich an diesem Abend jeder Geschworene in dem Bewusstsein nach Hause führe, dass es unanfechtbare Beweise gab, die Jason Jessup mit dem Mord an Melissa Landy in Verbindung brachten.
    Wie ich sie gebeten hatte, war Atwater in ihrem Arbeitskittel aus dem LAPD -Labor ins Gericht herübergekommen. Die hellblaue Jacke verlieh ihr einen kompetenten und professionellen Ausdruck, den der Rest von ihr nicht erweckte.

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