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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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finden, und die DNA macht Ihnen vollends den Garaus. Sie sind der Kapitän der
Titanic,
Mickey, und Gabriel Williams hat Sie auf die Brücke gestellt. Da fragt man sich schon, was er gegen Sie in der Hand hat.«
    Von allem, was Royce sagte, ließ mich nur eines stutzen. Woher wusste er von der unauffindbaren Zeugin? Natürlich fragte ich ihn das nicht, noch reagierte ich auf seine Spitze, was der DA gegen mich in der Hand haben könnte. Ich machte es wie jeder allzu selbstsichere Staatsanwalt, gegen den ich bisher angetreten war.
    »Sagen Sie Ihrem Mandanten, er soll die Zeit genießen, solange er noch in Freiheit ist, Clive. Denn sobald das Urteil gesprochen ist, wandert er wieder hinter Gitter.«
    Royce lächelte, als er seinen Aktenkoffer zuklappte. Er wechselte das Thema.
    »Wann können wir über die Akteneinsicht reden?«
    »Darüber können wir reden, wann immer Sie wollen. Ich werde morgen früh anfangen, eine Offenlegungsakte zusammenzustellen.«
    »Gut. Dann lassen Sie uns nicht allzu lange warten, ja, Mick?«
    »Wie gesagt, jederzeit, Clive.«
    Er steuerte auf den Schreibtisch des Gerichtsdeputys zu, höchstwahrscheinlich um die Haftbefreiung seines Mandanten zu veranlassen. Ich ging durch die Tür in der Schranke in den Zuschauerbereich zu Lorna und verließ mit ihr den Gerichtssaal. Draußen auf dem Flur wartete eine kleine Ansammlung von Reportern und Kameras. Die Reporter riefen mir Fragen zu, warum ich mich nicht gegen eine Haftbefreiung ausgesprochen hätte. Ich erwiderte: »Kein Kommentar«, und ging einfach weiter. Sie blieben, wo sie waren, um auf Royce zu warten.
    »Also, ich weiß nicht, Mickey«, begann Lorna. »Was wird wohl der DA dazu sagen, dass er auf Treu und Glauben rauskommt?«
    In dem Moment, in dem sie die Frage stellte, begann das Handy in meiner Tasche zu klingeln. Ich merkte, dass ich vergessen hatte, es im Gerichtssaal auszuschalten. Je nach Firestones Einstellung zu elektronischen Störungen während einer Sitzung des Gerichts hätte sich das als folgenschweres Versäumnis entpuppen können.
    Mit einem Blick auf das Display sagte ich zu Lorna: »Keine Ahnung, aber das werde ich, glaube ich, gleich erfahren.«
    Ich hielt das Handy hoch, damit sie sehen konnte, dass die Anrufererkennung LADA anzeigte, kurz für Los Angeles District Attorney.
    »Dann geh mal dran. Ich muss los. Und sei bitte vorsichtig, Mickey.«
    Sie küsste mich auf die Wange und entfernte sich in Richtung Aufzug. Ich drückte die Gesprächstaste. Ich hatte richtig geraten. Es war Gabriel Williams höchstpersönlich.
    »Haller, was soll das?«
    »Was soll was?«
    »Eben höre ich von einem meiner Leute, dass Sie Jessup auf Treu und Glauben haben laufen lassen.«
    »Das ist richtig.«
    »Dann frage ich Sie noch einmal: Was soll das?«
    »Hören Sie, ich …«
    »Nein, Sie hören jetzt zu. Ich weiß nicht, ob Sie gerade einem Ihrer Spezis von der Anwaltskammer zu dem verholfen haben, was er wollte, oder ob Sie einfach nur dämlich sind – einen Mörder lässt man
nie
frei. Haben Sie verstanden? Und jetzt gehen Sie umgehend wieder in den Saal zurück und verlangen eine neue Kautionsverhandlung.«
    »Nein, das werde ich nicht tun.«
    Darauf trat mindestens zehn Sekunden bedeutungsschweres Schweigen ein, bevor Williams sagte:
    »Habe ich da eben recht gehört, Haller?«
    »Ich weiß nicht, was Sie gehört haben, Williams, aber ich werde nicht wegen einer Neuverhandlung noch mal da reingehen. Sie müssen sich über eines klarwerden. Sie haben mir einen Fall gegeben, der ein einziger Haufen Scheiße ist, und jetzt soll ich das Beste daraus machen. Was wir an Beweisen haben, ist vierundzwanzig Jahre alt. Die DNA macht uns schwer zu schaffen, und wir haben eine unauffindbare Tatzeugin. Das heißt für mich, wenn ich diesen Fall gewinnen will, muss ich das Beste daraus machen.«
    »Und was hat das damit zu tun, dass Sie diesen Kerl auf freien Fuß gesetzt haben?«
    »Verstehen Sie denn immer noch nicht? Jessup war vierundzwanzig Jahre im Gefängnis. Das ist kein Mädcheninternat. Egal, wie übel er schon drauf war, als er in den Knast gekommen ist, ist er jetzt noch übler drauf. Er wird Scheiße bauen, wenn er draußen ist. Und wenn er Scheiße baut, kommt das nur uns zugute.«
    »Mit anderen Worten: Sie gefährden die Allgemeinheit, wenn dieser Kerl frei herumläuft.«
    »Nein, weil Sie mit dem LAPD reden werden, dass sie ihn im Auge behalten. Deshalb wird niemandem ein Leid geschehen, und sie können sofort einschreiten

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