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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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wieder vergessen, was Sie eben gesagt haben? Dass Sie keine Konkurrenz wollen? Und es gibt noch etwas, was Sie nicht wollen: eine Niederlage riskieren. Jedenfalls nicht schon zu einem so frühen Zeitpunkt. Sie wollen nur, dass sich diese unerfreuliche Geschichte in Wohlgefallen auflöst. Deshalb mein Vorschlag. Ein Jahr im County Jail und eine Entschädigung.«
    »Soll das ein Witz sein?«
    Das sagte er so laut, dass er sich einen strafenden Blick der Richterin einhandelte. Darauf fuhr er sehr leise fort:
    »Wollen Sie mich hier verarschen?«
    »Eigentlich nicht. Wenn Sie sich’s genauer überlegen, ist das eine gute Lösung, Phil. Es ist für alle das Beste.«
    »Klar, und was wird Richterin Judy sagen, wenn ich ihr das vorlege? Das Opfer ist für den Rest seines Lebens an den Rollstuhl gefesselt. Das unterschreibt sie mir nie.«
    »Wir bitten sie um eine Unterredung in ihrem Zimmer, und wir machen es ihr beide schmackhaft. Wir sagen ihr, dass Montgomery vor Gericht gehen und auf Notwehr plädieren will und dass der Staat ernste Bedenken hat, weil das Opfer nicht kooperationsbereit ist und bekanntermaßen ein hochrangiges Mitglied einer kriminellen Organisation ist. Sie war Anklägerin, bevor sie Richterin wurde. Sie wird es verstehen. Und wahrscheinlich hat sie mehr Sympathien für Montgomery als für Ihr drogendealendes Opfer.«
    Hellman dachte ziemlich lange nach. Die Verhandlung vor Champagne endete, und sie wies den Deputy an, Montgomery in den Saal zu holen. Es war der letzte Fall des Tages.
    »Jetzt oder nie, Phil«, drängte ich.
    »Also gut, meinetwegen«, sagte er schließlich.
    Damit stand Hellman auf und ging zum Tisch der Staatsanwaltschaft.
    »Euer Ehren«, setzte er an, »könnten die Anwälte über diesen Fall kurz in Ihrem Zimmer beraten, bevor wir den Angeklagten in den Saal holen?«
    Champagne, eine erfahrene Richterin, die alles mindestens schon dreimal erlebt hatte, legte die Stirn in Falten.
    »Sollen wir das zu Protokoll nehmen, meine Herren?«
    »Das ist wahrscheinlich nicht nötig«, sagte Hellman. »Wir würden gern über die Bedingungen für einen Deal reden.«
    »Dann unbedingt. Kommen Sie.«
    Die Richterin stieg von der Bank herab und ging nach hinten zu ihrem Zimmer. Hellman und ich folgten ihr. Als wir zu dem Durchgang neben dem Platz der Protokollführerin kamen, beugte ich mich vor, um dem jungen Ankläger zuzuflüstern: »Die bereits verbüßte Zeit wird Montgomery doch angerechnet, oder?«
    Hellman blieb abrupt stehen und drehte sich zu mir um.
    »Sie machen wohl …«
    »Ja, ich weiß: Witze«, sagte ich rasch.
    Ich hob beschwichtigend die Hände. Hellman runzelte die Stirn. Dann drehte er sich wieder um und ging auf das Richterzimmer zu. Ich fand, es war einen Versuch wert gewesen.

10
    Donnerstag, 18. Februar, 7:18 Uhr
    E s war ein schweigsames Frühstück. Madeline Bosch stocherte mit dem Löffel in ihren Cornflakes, beförderte aber kaum etwas davon in ihren Mund. Bosch wusste, es machte seiner Tochter nichts aus, dass er über Nacht verreiste. Und es machte ihr auch nichts aus, dass sie nicht mitkommen durfte. Er glaubte, dass sie sich inzwischen sogar freute, wenn er hin und wieder verreisen musste und sie allein zu Hause bleiben konnte. Was ihr etwas ausmachte, waren die Vorkehrungen, die er für die Zeit seiner Abwesenheit getroffen hatte. Sie war vierzehn, kam sich aber vor wie vierundzwanzig und wäre am liebsten einfach allein zu Hause geblieben. Am zweitliebsten hätte sie bei ihrer besten Freundin übernachtet, die ein Stück die Straße rauf wohnte, und am drittliebsten war ihr die jetzige Lösung: dass Mrs. Bambrough aus der Schule über Nacht bei ihr blieb.
    Bosch wusste, dass sie sich problemlos selbst versorgen konnte, aber so weit war er noch nicht. Sie lebten jetzt erst ein paar Monate zusammen, und es war nur diese paar Monate her, dass sie ihre Mutter verloren hatte.
    Er war einfach noch nicht bereit, sie völlig sich selbst zu überlassen, auch wenn sie noch so nachdrücklich darauf bestand, längst so weit zu sein.
    Schließlich legte er seinen Löffel beiseite und sagte: »Hör zu, Maddie, du hast morgen Schule, und das letzte Mal, als du bei Rory übernachtet hast, seid ihr beide die ganze Nacht aufgeblieben und habt dafür im Unterricht geschlafen, weshalb sowohl eure Eltern als auch alle Lehrer stinksauer auf euch waren.«
    »Ich hab dir doch gesagt, dass das nicht wieder vorkommt.«
    »Also, ich glaube, damit müssen wir noch ein bisschen warten. Ich

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