Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
Verteidigung ist der Ansicht, dass diese Tattoos an Mr. Jessups Körper angebracht wurden, als er sich irrtümlich in Haft befand, und dass sie eine Folge dieser schrecklichen Erfahrung sind. Das Gefängnis ist ein gefährlicher Aufenthaltsort, Euer Ehren, und die Häftlinge ergreifen alle nur erdenklichen Maßnahmen, um sich zu schützen. Manchmal versuchen sie dies mit Tätowierungen zu erreichen, die abschreckend wirken sollen oder Gruppenzugehörigkeiten signalisieren, die für einen Häftling vielleicht gar nicht bestehen oder zumindest nicht seiner wahren Einstellung entsprechen. Wenn die Geschworenen die Tattoos meines Mandanten zu sehen bekämen, würde dies nur Vorurteile in ihnen wecken, weshalb wir diesbezüglich um Abhilfe bitten. Hierbei, möchte ich hinzufügen, handelt es sich lediglich um eine taktische Maßnahme der Anklage, den Prozessablauf zu verzögern, aber die Verteidigung steht fest zu ihrem Entschluss, in dieser Sache auf schnellstmöglichem Weg Gerechtigkeit walten zu lassen.«
    Maggie stand rasch auf. Sie hatte bereits die schriftliche Entgegnung auf diesen Antrag verfasst und war deshalb auch bei der mündlichen Verhandlung dafür zuständig.
    »Euer Ehren, darf ich mich zum Vorwurf der Verteidigung äußern?«
    »Einen Augenblick, Ms. McPherson. Ich möchte mich auch selbst dazu äußern. Mr. Royce, können Sie Ihre letzte Behauptung begründen?«
    Royce verneigte sich höflich.
    »Aber selbstverständlich, Richterin Breitman. Der Angeklagte ist gerade im Begriff, sich seine Tattoos entfernen zu lassen. Aber ein solches Verfahren dauert seine Zeit und wird bis zum Beginn der Hauptverhandlung nicht abgeschlossen sein. Wenn die Anklage gegen unseren Antrag, Make-up verwenden zu dürfen, Einspruch einlegt, versucht sie damit nur, den Prozess so lange hinauszuzögern, bis die Behandlung zur Entfernung der Tattoos abgeschlossen ist. Dem liegt die Absicht zugrunde, das Recht auf ein rasches Verfahren zu unterlaufen, auf dem die Verteidigung zur großen Bestürzung der Anklage von Anfang an bestanden hat.«
    Die Richterin wandte sich Maggie McFierce zu. Nun war sie an der Reihe.
    »Euer Ehren, das ist schlicht und einfach eine Erfindung der Verteidigung. Der Staat hat nicht ein einziges Mal um einen Aufschub gebeten oder sich dem Antrag der Verteidigung auf ein rasches Verfahren widersetzt. Im Gegenteil, die Anklage ist bereit für den Prozess. Deshalb ist diese Behauptung befremdlich und unzulässig. Der wahre Grund für den Vorbehalt der Anklage gegen diesen Antrag ist, dass der Angeklagte um Erlaubnis bittet, sich verkleiden zu dürfen. Ein Gerichtsverfahren ist eine Suche nach der Wahrheit, und ihm zu gestatten, Make-up zu verwenden, um zu verbergen, wer er tatsächlich ist, wäre ein Verstoß gegen die Prinzipien der Wahrheitsfindung. Danke, Euer Ehren.«
    »Darf ich darauf antworten, Euer Ehren?«, bat Royce, der nach wie vor stand.
    Breitman hielt kurz inne, um sich ein paar Notizen zu Maggies kurzer Entgegnung zu machen.
    »Das ist nicht nötig, Mr. Royce«, erklärte sie schließlich. »Ich werde in diesem Punkt eine Entscheidung treffen und Mr. Jessup gestatten, seine Tattoos zu verbergen. Sollte er sich dazu entschließen, in eigener Sache auszusagen, wird die Anklage diesen Punkt in Anwesenheit der Geschworenen nicht zur Sprache bringen.«
    »Danke, Euer Ehren«, sagte Maggie.
    Sie setzte sich, ohne sich ihre Enttäuschung anmerken zu lassen. Es war nur eine von vielen Entscheidungen, von denen die meisten zugunsten der Anklage ausgefallen waren. Diese Niederlage war schlimmstenfalls geringfügig.
    »Gut«, sagte die Richterin. »Damit hätten wir, glaube ich, alles abgedeckt. Gibt es vonseiten der Anwälte noch etwas?«
    »Ja, Euer Ehren.« Royce stand wieder auf. »Die Verteidigung möchte einen neuen Antrag stellen.«
    Er überreichte zuerst der Richterin und dann uns Kopien des neuen Antrags, wobei er Maggie und mir jeweils eine eigene Kopie des einseitigen Schriftsatzes aushändigte. Maggie war eine Schnellleserin, eine Fähigkeit, die sie an unsere Tochter vererbt hatte, die neben ihren Hausaufgaben jede Woche zwei Bücher las.
    »So ein Quatsch«, zischte sie schon, bevor ich überhaupt die Überschrift des Schriftsatzes gelesen hatte.
    Aber ich holte rasch auf. Royce hatte das Team der Verteidigung um einen weiteren Anwalt verstärkt und den Antrag gestellt, Maggie wegen eines daraus erwachsenden Interessenkonflikts von der Anklage zu entbinden. Der neue Anwalt hieß David

Weitere Kostenlose Bücher