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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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war.«
    »Du redest hier von einer Zeit, die mehr als vierundzwanzig Jahre zurückliegt.«
    »Ich weiß. Und da Jessup nicht mit ungelösten Morden in Verbindung gebracht werden konnte, haben wir es wahrscheinlich mit vermissten Kindern und Ausreißern zu tun. Fälle, in denen nie ein Tatprofil erstellt wurde. In denen die Mädchen nie gefunden wurden.«
    Bosch dachte an Jessups nächtliche Besuche in den Parks am Mulholland Drive. Er glaubte, inzwischen eine Erklärung dafür zu haben, weshalb Jessup unter einem der Bäume dort eine Kerze angezündet haben könnte.
    Dann kam ihm ein bestürzenderer und beängstigenderer Gedanke.
    »Kannst du dir vorstellen, so jemand könnte mit den Taten, die er vor langer Zeit begangen hat, seine aktuellen Phantasien befeuern?«
    »Auf jeden Fall. Er war im Gefängnis, hätte er da denn überhaupt eine andere Wahl?«
    Bosch spürte, wie sich eine tiefe Entschlossenheit seiner bemächtigte. Eine Entschlossenheit, die mit der wachsenden Gewissheit einherging, dass es sich bei diesem Mord nicht um einen Einzelfall handelte. Wenn Wallings Theorie richtig war – und er hatte keinen Grund, daran zu zweifeln –, war Jessup ein Wiederholungstäter. Und nachdem er vierundzwanzig Jahre auf Eis gelegt worden war, konnte er sich jetzt wieder frei in der Stadt bewegen. Es würde nicht lange dauern, bis er wieder den finsteren Zwängen nachgab, die ihn schon damals zu seinen tödlichen Taten getrieben hatten.
    Bosch fasste einen raschen Entschluss. Wenn Jessup unter Stress geriet und der Zwang zu töten ihn das nächste Mal überkam, wäre er zur Stelle, um dem Mann das Handwerk zu legen.
    Sein Blick fokussierte sich wieder, und er merkte, dass Rachel ihn eigenartig ansah.
    »Vielen Dank für alles, Rachel«, sagte er. »Ich glaube, ich muss jetzt los.«

19
    Donnerstag, 4. März, 9:00 Uhr
    E s war nur eine Vorverhandlung, in der es um ein paar Anträge ging, die noch nicht einmal den Prozess selbst betrafen, aber der Gerichtssaal war gerammelt voll. Neben einigen Prozessanwälten waren auch jede Menge sensationslüsterne Gerichtsgeier und Medienvertreter anwesend. Ich saß mit Maggie am Tisch der Anklage und ging noch einmal unsere Argumente mit ihr durch. Alle strittigen Verhandlungspunkte waren bereits ausdiskutiert und schriftlich eingereicht worden, und in der nun folgenden Verhandlung hatte die Richterin noch einmal Gelegenheit, weitere Fragen zu stellen, bevor sie ihre Entscheidungen bekanntgab. Mich beschlich wachsendes Unbehagen. Clive Royce’ Anträge hatten allesamt Routinecharakter gehabt, und Maggie und ich hatten solide Erwiderungen eingereicht. Wir hatten zu ihrer Untermauerung auch mündliche Argumente parat, aber in so einer Vorverhandlung konnte immer etwas Unerwartetes passieren. Als Strafverteidiger hatte ich der Anklage bei solchen Gelegenheiten schon so manchen empfindlichen Dämpfer verpasst. Und hin und wieder wird ein Fall bereits, bevor der Prozess überhaupt begonnen hat, wegen einer Entscheidung in einer dieser Vorverhandlungen gewonnen oder verloren.
    Ich lehnte mich zurück und blickte mich rasch im Gerichtssaal um. Ich bedachte einen Anwalt, den ich im Zuschauerbereich sitzen sah, mit einem aufgesetzten Lächeln und einem Nicken, dann wandte ich mich wieder Maggie zu.
    »Wo ist Bosch?«, fragte ich sie.
    »Ich glaube nicht, dass er heute kommt.«
    »Warum nicht? Er hat sich die ganze letzte Woche nicht blicken lassen.«
    »Er muss an irgendwas arbeiten. Er hat mich gestern angerufen und gefragt, ob er heute anwesend sein müsste, und ich habe ihm gesagt: Nein.«
    »Hoffentlich arbeitet er auch an etwas, was Jessup betrifft.«
    »Soviel er gesagt hat, ja. Und er will uns demnächst einweihen.«
    »Ach, tatsächlich? Die Hauptverhandlung beginnt ja auch erst in vier Wochen.«
    Ich fragte mich, warum Bosch sie angerufen hatte und nicht mich, den Chefankläger. Ich merkte, dass ich deswegen sowohl auf Maggie als auch auf Bosch sauer wurde.
    »Ich weiß zwar nicht, was bei eurem kleinen Ausflug nach Port Townsend alles war, aber eigentlich sollte er mich anrufen.«
    Maggie schüttelte den Kopf, als hätte sie es mit einem bockigen Kind zu tun.
    »Deswegen brauchst du dir nun wirklich keine Sorgen zu machen. Er weiß sehr wohl, dass du der Chefankläger bist. Wahrscheinlich denkt er, du hast zu viel um die Ohren, um dich mit den täglichen Updates über seine Aktivitäten zu befassen. Und was du gerade über Port Townsend gesagt hast, vergesse ich lieber

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