Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harry Dresden 08 - Schuldig

Harry Dresden 08 - Schuldig

Titel: Harry Dresden 08 - Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
Vom Netzwerk:
Einzig Bruchstücke, die wenig größer als Sandkörner waren, blieben zurück.
    Der ganze Turm erzitterte unter der Wucht des Hiebes, und das schwarze Eis, aus dem er bestand, schien zu kreischen und zu stöhnen. Der Boden erbebte, und ich musste mich hinkauern, um nicht wieder nach unten zu purzeln.
    Ich hörte, wie Charity einen Schmerzensschrei hinunterschluckte. Sie hatte die Türe vor uns zertrümmert, doch die Zauber, die darin verwoben gewesen waren, hatten sich in den Hammer entladen und auch diesen zerspringen lassen. Ein durch die Luft stiebendes Metallfragment hatte sich an ihrer Flanke tief in die Ringe ihrer Rüstung gegraben. Es glühte rot, und sie schlug es eilig zur Seite, auch wenn sie sich dabei selbst verbrannte. Weitere Trümmer des Hammers waren auf die Mauern des Turmes getroffen und brannten sich nun in das schwarze Eis, worauf sich um uns herum wie eine bizarre Infektion ein Spinnennetz grün-weiß gleißender Sprünge bildete. Das dunkle Eis schmolz um den rotglühenden Stahl herum. Abermals wankte der Turm wie ein gewaltiges, waidwundes Tier.
    Charity ließ den Griff des Hammers fallen. Ich sah, dass ihr rechter Arm schlaff und nutzlos an ihrer Seite herabhing, doch das hinderte sie nicht daran, leicht unbeholfen mit ihrer Linken ihr Schwert zu ziehen. Ich hielt meinen Stab wachsam in beiden Händen und trat an ihre Seite. Gemeinsam traten wir auf die Brüstung des Turms von Arctis Tor hinaus.
    Die Turmkrone war gewaltig, über dreißig Meter im Durchmesser und gut doppelt so breit wie der Turm unter uns. Es handelte sich um eine Art Garten aus Eis.
    Eis bedeckte die gesamte Balustrade und erhob sich zu geisterhaften Bäumen und Blumen. Ich erkannte Bänke, die ebenfalls aus Eis geformt waren. Ein gefrorener Brunnen stand still in der Mitte der Turmkrone. Ein schwaches Rinnsal sickerte von der Spitze einer Statue, die so dick von Eisschichten überzogen war, dass ich keine Details mehr ausmachen konnte. Überall sah ich die Nachbildungen von Rosen und Dornen. Hier war alles aus Eis. Kalt und makellos.
    Auf den Ästen eines Baumes hockte ein roter Kardinal, dessen blutrote Federn leuchtenden, auch wenn der Vogel absolut reglos dasaß. Als ich ihn genauer in Augenschein nahm, bemerkte ich, dass er von einer dünnen, durchscheinenden Eisschicht umgeben war, zu einer Eisskulptur erstarrt wie auch sonst alles an diesem Ort. Nicht weit weg erspähte ich ein Spinnennetz, in dessen Mitte die Spinne auch zu einem Kunstwerk aus Eis gefroren war. Ich ließ meinen Blick schweifen und erkannte immer mehr Kreaturen, die hier unter Eis begraben waren. Dies war kein Garten.
    Dieser Ort war ein Gefängnis.
    Neben dem Brunnen saß ein anmutiges Mädchen in einer byzantinischen Robe, dessen Finger mit denen eines jungen Mannes verschlungen waren, der ein ähnliches historisches Kostüm trug. Nicht weit davon entfernt standen drei weibliche Sidhe, Mabs Anverwandte, die Adligen des Feenvolkes, mit dem Rücken zueinander, wobei ihre Schultern ein Dreieck bildeten. Die drei sahen einander dermaßen ähnlich, dass es sich um Schwestern handeln musste. Sie hielten einander an den Händen, und ihre Gesichter waren in einem Ausdruck von Entschlossenheit und Furcht erstarrt.
    Auf der Eisskulptur eines breiten, abgestorben scheinenden Baumes hing ein toter, nackter Mann, den man wie ein bizarres Kunstwerk an den Ästen gekreuzigt hatte. Eisige Fesseln hielten ihn dort oben, die durchscheinend genug waren, dass ich das schwarze Fleisch seiner Hände und Füße darunter ausmachen konnte. Wie Wundbrand zogen sich die dunklen Spuren der Adern an seinen Armen und Beinen entlang. Sein Haar war lang, ungewaschen und fiel über sein Gesicht, als er da mit erschlafften Gliedern in seinen Fesseln hing. Sein gesamter Körper war mit einer kristallenen Frostschicht überzogen.
    Molly saß am Fuße dieses Baumes. Ihre meisterhaft zerrissene Kleidung war jetzt wirklich zerlumpt und hing in losen Fetzen an ihrem Körper. Ihr Zuckerwattehaar war ungekämmt, zerzaust und wirr. Sie zitterte vor Kälte, und ihre Augen starrten ins Leere. Ihr Gesicht war vor Qual verzerrt, und ihr Mund war aufgerissen. Erst nach einer Weile wurde mir klar, dass sie nie aufgehört hatte zu schreien. Ihre Kehle war so wund, dass kein Laut mehr aus ihr hervordrang. Aber das hinderte sie nicht daran, es zu versuchen.
    Ich bemerkte, dass Charity ihr Gewicht verlagerte, als sie vorstürmen wollte, doch ich mahnte sie zur Vorsicht. „Warten Sie. Wir sind ihr

Weitere Kostenlose Bücher