Harry Dresden 08 - Schuldig
sagte er. „Wir haben darüber geredet. Es tat ihr eindeutig leid. Ich dachte, die Demütigung und eine gerichtliche Verurteilung würden ausreichen, diese Angelegenheit aus der Welt zu schaffen, doch Charity war der Meinung, wir fassten sie zu sanft an. Sie versuchte zu bestimmen, mit welchen Leuten Molly ihre Zeit verbringt.“
Ich zuckte zusammen. „Ah. Ich ahne, wie das ausging.“
Michael nickte und stieg in seinen Laster. Er lehnte sich aus dem Wagenfenster und sah zu mir hoch. „Ja. Beide sind unbeugsam und querköpfig. Die Reibereien wurden immer schlimmer, bis die Situation im Frühling völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Molly ist von zuhause ausgerissen, hat die Schule geschmissen. Es war … wirklich eine schwere Zeit.“
„Das kann ich mir vorstellen“, sagte ich seufzend. „Vielleicht solltest du Charity zur Seite stehen. Vielleicht könntet ihr euch einfach auf Molly setzen, bis sie wieder zu klarem Verstand kommt.“
Michael lächelte schwach. „Sie ist Charitys Tochter. Selbst wenn sich hundert Eltern auf sie setzen würden, würde sie nicht aufgeben.“ Er schüttelte den Kopf. „Selbst die Autorität von Eltern hat Grenzen. Molly muss anfangen, für sich selbst zu denken und Entscheidungen zu treffen. Wenn ich sie jetzt in den Polizeigriff nehme, bis sie heult, wird ihr das nicht im Mindesten weiterhelfen.“
„Sieht nicht so aus, als teile Charity diese Überzeugung“, meinte ich.
Michael nickte. „Sie liebt Molly über alles. Sie hat eine Wahnsinnsangst davor, dass ihrem Mädchen etwas passieren könnte.“ Sein Blick schweifte zum Haus hinüber. „Was mich zu der Frage bringt, die ich dir eigentlich stellen wollte.“
„Schieß los.“
„Braut sich gerade irgendeine gefährliche Situation zusammen?“
Ich kaute auf meiner Unterlippe herum, nickte aber schließlich. „Wahrscheinlich, aber ich habe bis jetzt noch keine Einzelheiten.“
„Ist meine Tochter darin verwickelt?“
„Meines Wissens nicht“, versicherte ich ihm. „Man hat heute Nacht ihren Freund verhaftet. Sie hat mich überredet, die Kaution für ihn zu stellen.“
Michaels Augen verengten sich ein wenig, doch dann fing er sich wieder, und ich sah, wie er den wütenden Ausdruck aus seinem Gesicht zwang. „Verstehe. Wie in aller Welt hast du sie dazu gebracht, hierher zu kommen?“
„Das war mein Honorar für meine Hilfe“, sagte ich. „Sie versuchte, sich davor zu drücken, aber ich habe sie eines Besseren belehrt.“
Michael grunzte. „Du hast ihr gedroht?“
„Höflich“, sagte ich. „Ich würde ihr nie wehtun.“
„Das weiß ich“, sagte Michael mit einem sanft tadelnden Unterton. Hinter uns sprang die Tür auf. Molly trat mit fest um sich geschlungenen Armen auf die Veranda. So stand sie eine ganze Weile da, ignorierte uns. Eine Minute später ging im Obergeschoß ein Licht an. Dem Anschein nach war Charity wieder nach oben gegangen.
Michael betrachtete Molly einen Augenblick lang mit einem schmerzverzerrten Blick. Dann atmete er tief ein und wandte sich wieder an mich. „Darf ich dich um einen Gefallen bitten?“
„Ja.“
„Sprich mit ihr“, sagte Michael. „Sie mag dich. Respektiert dich. Ein paar Worte von dir können höchstwahrscheinlich mehr bewirken als alles, was ich ihr im Moment sagen könnte.“
„Uff“, sagte ich. „Ich weiß nicht recht.“
„Du musst ja keinen Friedensvertrag aushandeln“, lächelte Michael. „Bitte sie einfach, mit Charity zu sprechen. Ein wenig nachzugeben.“
„Ein Kompromiss muss in beide Richtungen gehen“, gab ich zu bedenken. „Was ist mit Charity?“
„Sie wird sich schon wieder fangen.“
„Bin ich eigentlich der Einzige, dem aufgefallen ist, dass Charity mich mit Maßstäben misst, die ein Großteil der Welt nicht als gerecht ansähe? Oder auch nur freundlich? Ich bin die letzte Person auf diesem Planeten, die sie dazu bringen kann, sich für ein Versöhnungsgespräch an einen Tisch zu setzen.“
Er lachte. „Hab ein wenig Gottvertrauen.“
„Ach, hör mir doch auf!“ Ich seufzte, auch wenn der Laut ohne Inbrunst über meine Lippen drang.
„Wirst du versuchen zu helfen?“, fragte Michael.
Ich funkelte ihn böse an. „Ja.“
Sein Lächeln lag vorwiegend in seinen Augen. „Danke. Tut mir leid, dass du heute Nacht ins Kreuzfeuer geraten bist.“
„Molly hatte mir schon gesagt, dass es zuhause Schwierigkeiten gab. Sie hierher zu bringen, schien trotzdem das Richtige zu sein.“
„Das weiß ich auch zu
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