Harry Dresden 08 - Schuldig
ich.
„Dritter Monat“, bestätigte Molly. „Sie hat es selbst erst erfahren.“
„Das Baby“, weinte Rosie. „Ist das Baby in Sicherheit?“
„Sie werden alles in ihrer Macht Stehende tun, damit es euch beiden wieder gut geht“, tröstete ich Rosie. „Versuch, dir deswegen keine allzu großen Sorgen zu machen.“
Rosie schloss die Augen, und Tränen kullerten über ihre Wangen. „Gut.“
„Rosie“, sagte Molly behutsam. „Kannst du mir sagen, was passiert ist?“
„Ich bin nicht sicher“, wisperte das Mädchen. „Ich saß neben Ken und Drea. Wir hatten unsere Lieblingsszenen gesehen und wollten gerade gehen. Ich habe mich vorgebeugt, um meine Handtasche aufzuheben, und Drea hat überprüft, ob ihr Make-up noch sitzt, und dann sind die Lichter ausgegangen, und dann hat sie geschrien … und als ich wieder etwas sehen konnte, war er da.“ Sie schlotterte. „Er war da.“
„Wer?“, bohrte Molly nach.
Rosies Augen weiteten sich, bis fast nur noch das Weiße zu sehen war. „Der Reaper“, flüsterte sie.
Molly runzelte die Stirn. „Wie im Film? Jemand in einem Kostüm.“
„Das ist völlig unmöglich“, sagte Rosie und zitterte immer stärker. „Er war es. Er war es wirklich.“
Die nächste Rettungsmannschaft kam und hielt direkt auf uns zu. Rosie schien kurz vor einer weiteren Panikattacke zu stehen, als sie sie kommen sah und begann, wild herumzuzappeln. Molly beugte sich nähr an sie heran, flüsterte ihr zu und streichelte ihr beharrlich über den Kopf, bis die Sanitäter endlich ihre Arbeit aufnehmen konnten.
Ich trat zurück. Sie legten Rosie auf eine Trage. Dann legten sie vorsichtig ihren Arm neben ihren Körper, und ich konnte in ihrer Armbeuge mehrerer runde Flecken, kleine Blutergüsse und geplatzte Äderchen ausmachen.
Molly starrte mich eine Sekunde mit geweiteten Augen an, dann half sie den Sanitätern, eine Decke über Rosie und die Spuren auf ihrem Arm zu werfen. Die Rettungsleute zählten bis drei, hoben die Trage an, ließen die Räder herausschnappen und schoben Rosie auf den Ausgang zu. Als sie das taten, begann Rosie, sich schwach zu regen und unruhig herumzuzappeln, während sie leise wimmerte.
„Sie hat Angst“, sagte Molly zu der Rettungsmannschaft. „Erlauben Sie mir mitzufahren, ich kann helfen, sie zu beruhigen.“
Die Männer wechselten einen Blick und nickten. Molly atmete erleichtert aus, nickte ihnen zu und trabte dann am Kopfende neben der Trage her, wo Rosie sie sehen konnte.
„Machen Sie sich keine Sorgen“, sagte der andere Sanitäter. „Wir sind gleich wieder zurück, um nach Ihnen zu sehen.“
„Was? Wie?“, fragte ich überrascht. Dann wedelte ich mit der Hand vage in Richtung meines Kopfes. „Ach das. Nein, ich bin nicht verletzt. Das ist älter. Mir geht’s gut.“
Der Mann warf mir einen zweifelnden Blick zu. „Sind Sie sicher?“
„Ja.“
Dann brachten sie Rosie weg. Ich schleppte mich zur Wand und ließ mich mit dem Rücken zur Mauer zu Boden sinken. Eine Minute später kam ein Mann in einem Tweedanzug herein und steuerte auf Rawlins zu. Er sprach kurz mit dem Polizisten, sah im Verlauf des Gesprächs einmal zu mir herüber, dann wandte er sich von Rawlins ab und schlenderte in meine Richtung. Der Mann war von durchschnittlicher Größe, Ende vierzig, hatte etwa fünfzehn Kilo Übergewicht, bekam langsam eine Glatze, und seine Augen waren von einem wässrigen Blau. Er nickte mir zu, schnappte sich einen Stuhl, ließ sich nieder und sah zu mir herab. „Sie sind Dresden?“
„Meistens schon“, antwortete ich.
„Detective Sergeant Greene, Mordkommission.“
„Harter Job“, sagte ich.
„Meistens schon“, stimmte er zu. „Nun, Rawlins meint, sie wären ein Augenzeuge des ganzen Geschehens. Stimmt das?“
„Im Großen und Ganzen ja“, entgegnete ich. „Aber ich habe nur mitbekommen, was sich ganz am Ende abgespielt hat.“
„Mhm“, murmelte er. Er blinzelte mit seinen wässrigen Augen und fischte abwesend einen Stift und ein kleines Notizbuch aus seiner Jackentasche. Hinter ihm riegelten Polizisten den Bereich ab, in dem zuvor noch die Opfer i151
n einem Kreis von Sesseln gelegen hatten, und begannen, das Ganze mit Absperrband zu versehen. „Können Sie mir sagen, was geschehen ist?“
„Die Lichter sind ausgefallen“, erklärte ich. „Leute brachen in Panik aus. Wir hörten Schreie. Rawlins ist losgelaufen, um zu helfen, und ich habe ihn begleitet.“
„Warum?“, fragte
Weitere Kostenlose Bücher