Harry Dresden 08 - Schuldig
begrenztes Wissen über die Politik innerhalb des Hofes des Winters – und Mab ist nicht gerade dafür bekannt, dass sie andere in ihre Pläne einweiht. Ich bin nicht sicher, ob sie sich der drohenden Gefahr bewusst ist. In letzter Zeit hat sie etwas…“ Sie schloss die Augen und presste dann mit sichtlicher Anstrengung hervor: „launenhaft gehandelt.“
Ich stützte mein Kinn auf den Handballen und dachte nach. „Mab ist vieles“, sagte ich. „Aber sie ist ganz sicher nicht launenhaft. Sie erinnert mich eher an einen verfluchten Gletscher. Man kann sie unmöglich aufhalten, aber man weiß, welchen Weg sie einschlagen wird. Wie singen die Barden so schön? Konstant wie der Abendstern.“
Fix ’ Stirn umwölkte sich kurz, als ringe er innerlich mit sich selbst um eine Entscheidung, doch dann stieß er einen verärgerten Seufzer aus und meinte: „Ich weiß, dass viele, die die Sidhe kennen, dir recht gäben.“
Wodurch er weder zustimmte noch widersprach – zumindest technisch gesehen. Aber wenn man es genau nahm, ging es bei Sidhemagie auch großteils um technische Finessen.
Ich ließ mich langsam in meinem Stuhl zurücksinken, während Gedanken und Dutzende Informationsfetzen in meinem Kopf fröhlich Ringelreihen tanzten. Verzweifelt versuchte ich, mir auf all das einen Reim zu machen. Meine Schlussfolgerung wollte mir überhaupt nicht gefallen. Das letzte Mal, als eine Feenkönigin geistig ein wenig instabil geworden war, war die Situation zu einer potentiellen weltweiten Katastrophe ausgeartet, die man wohl mit einem Meteoriteneinschlag oder begrenzten Atomkrieg hätte gleichsetzen können, und das war die jüngste Königin der sanfteren und vernünftigeren Sommerseite gewesen. Lilys Vorgängerin Aurora. Gott habe sie selig.
Falls bei Mab eine Schraube locker war, stand es nicht nur schlimm um uns.
Sondern noch viel schlimmer.
Viel, viel schlimmer.
„Ich muss mehr über diese Angelegenheit herausfinden“, drängte ich.
„Das ist mir bewusst“, antwortete Lily. Sie hob ihre Hand an die Schläfe und schloss kurz mit einem schmerzverzerrten Antlitz die Augen. „Aber …“ Sie schüttelte ihren Kopf und schwieg, als Titanias Zwingzauber ihr die Lippen versiegelte.
Ich warf Fix einen festen Blick zu, doch auch er vermochte gerade noch: „Tut mir leid, Harry“, auszustoßen, ehe auch er die Augen zupresste. Er sah ganz schön grün um die Nase aus.
„Ich brauche unbedingt Antworten“, überlegte ich laut. „Aber ihr könnt sie mir nicht geben. Außerdem können es nicht viele Leute sein, die eine Ahnung haben, was abläuft.“
Stille und schmerzverzerrte Gesichter. Nach einigen Augenblicken seufzte Fix: „Ich glaube, mehr können wir nicht ausrichten.“
Ich zermarterte mir kurz mein Gehirn und rief: „Doch, das könnt ihr sehr wohl.“
Lily öffnete die Augen und sah mich mit einer hochgezogenen, silbrig-weißen Augenbraue an.
„Ich muss jemanden finden, der mir die richtigen Informationen bieten kann und der nicht unter einem Bann steht, und mir fällt nur eine Person ein, auf die diese Beschreibung zutrifft.“
Lilys Augen weiteten sich, als sie diese Worte hörte.
„Kannst du es tun?“ fragte ich sie. „Jetzt sofort?“
Sie knabberte kurz an ihrer Unterlippe und nickte dann.
„Ruf sie“, sagte ich.
Fix ’ Blick huschte zwischen uns hin und her. „Ich verstehe nicht. Was habt ihr vor?“
„Höchstwahrscheinlich etwas verdammt Dämliches“, gab ich zu. „Aber diese Affäre ist einfach zu groß. Ich brauche mehr Informationen.“
Lily schloss die Augen und faltete die Hände im Schoß. Dann entspannten sich ihre Züge in tiefer Konzentration. Ich spürte, wie subtile Energien um sie herum in der Luft spielten.
Mein Magen knurrte. Ich bat Mac, mir ein Steaksandwich herzurichten. Dann setzte ich mich und wartete.
Es dauerte nicht lange. Meine Zwischenmahlzeit war noch nicht einmal zur Hälfte fertig, als Mouse ein tiefes, warnendes Knurren ausstieß und die Temperatur in der Bar um gut fünf Grad fiel. Die surrenden Deckenventilatoren protestierten metallisch quietschend und begannen, sich schneller zu drehen. Dann öffnete sich die Tür, und Sonnenlicht sickerte wie durch einen Vorhang tief hängender Wolken herein. Das Licht umspielte eine schlanke schwarze Silhouette.
Fix ’ Augen verengten sich. Dezent senkte er die Hände unter die Tischplatte und zischte: „Oh. Sie.“
Die junge Frau, die die Bar betrat, hätte Lilys Schwester sein können. Sie besaß die
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