Harry Dresden 08 - Schuldig
stapfte dann aus dem Raum. Lydia zwinkerte mir zu, dann klebte sie sich mit ausgestrecktem Aufnahmegerät an seine Fersen und ließ einen weiteren beständigen Strom an Fragen auf ihn einprasseln, deren Antworten ihn so oder so wie einen Idioten dastehen lassen würden.
Rick sah ihm nach und schüttelte den Kopf. Dann sagte er zu mir: „Wie sind Sie eigentlich an dieser Angelegenheit beteiligt?“
„Das Mädchen ist die Tochter eines Freundes“, entgegnete ich. „Ich passe auf sie auf.“
Er nickte mir zu. „Verstehe. Greene steht unter riesengroßem Druck. Tut mir leid, dass er Sie so behandelt hat.“
„Rick“, sagte ich mit geduldiger Stimme, „ich bin keine Teenagerin. Bitte versuchen Sie nicht, mich mit ihrer Guter-Bulle-Tour zu beeindrucken.“
Sein höflicher, interessierter Gesichtsausdruck entglitt ihm für einen Augenblick und wich einem schelmischen Grinsen. Dann zuckte er die Achseln und meinte: „Einen Versuch war’s wert.“
Ich schnaubte.
„Sie wissen, er kann sich die Vorladung besorgen. Es ist nur die Frage, ob er den Amtsweg beschreiten will.“
Ich erhob mich. „Das ist nicht mein Problem. Das überlasse ich dem Anwalt der Carpenters.“
„Ich verstehe“, murmelte er. „Also behindern Sie tatsächlich eine Ermittlung. Er könnte Ihnen damit noch länger Schwierigkeiten bereiten.“
„Ach, kommen Sie, Agent. Ich schütze die Rechte einer Minderjährigen. Die Bürgerrechtler würden Sie mit Haut und Haaren fressen.“ Ich schüttelte den Kopf. „Und überhaupt – es ist falsch, was Sie tun. Mädchen einschüchtern! Bei den Glocken der Hölle, das ist ganz schön traurig.“
Ricks Miene verdunkelte sich vor verhaltener Wut. „Dresden. Ich weiß, dass Sie keine Erlaubnis besitzen, ihre Waffe verdeckt zu tragen. Hätten Sie es gerne, wenn ich sie verdächtige, eine verdeckte Waffe zu tragen? Soll ich Sie etwa durchsuchen?“
Ups. Ängstlich dachte ich an den Revolver in meinem Rucksack. Wenn Rick die Sache eskalieren lassen wollte, steckte ich wahrscheinlich ordentlich in der Tinte – doch ich wollte ihn das keinesfalls wissen lassen. Ich versuchte, das Ganze mit einem gelassenen Schulterzucken abzutun. „Wie sollten Ihnen das helfen, den Mörder aufzuhalten, ehe er erneut zuschlägt?“
Rick neigte den Kopf zur Seite und sah mich mit gerunzelter Stirn an. Verdammt. Ich muss mir ein besseres Pokerface zulegen. Er musterte mich eindringlich, und ich spürte, wie mich seine Augen förmlich nach einer verborgenen Waffe abtasteten. „Irrelevant“, antwortete er. „Wenn Sie das Gesetz brechen, brechen Sie das Gesetz.“
Von der Tür konnte man ein ungeduldiges Seufzen vernehmen, dann hörte ich Murphy sprechen: „Würde es dich wirklich umbringen, einmal für fünf Minuten kein Arschloch zu sein?“
Ich hatte ihr Kommen nicht bemerkt, und an Ricks Ausdruck konnte ich erkennen, dass es ihm um keinen Deut besser ging.
„Er ist Berater der Sondereinheit, die in diesem Fall ermittelt. Wir haben keine Zeit für einen Schwanzvergleich. Menschen sind in Gefahr. Wir müssen zusammenarbeiten.“
Rick funkelte sie böse an, doch dann zügelte er sein Temperament und zog eine Schulter hoch. „Du hast vermutlich recht. Aber Dresden, ich hätte gerne, dass Sie die Möglichkeit in Betracht ziehen, von sich aus zu verschwinden. Wenn Sie sich weiter einmischen, verhafte ich sie und lasse Sie vierundzwanzig Stunden in einer Zelle schmoren.“
„Nein“, sagte Murphy und trat ein. „Das wirst du nicht.“
Er ging um die Stuhlreihe auf Murphy zu, und seine Augen verengten sich. „Verflucht, Karrin: Du hast noch nie gewusst, wann es Zeit war aufzuhören.“
„Sicher weiß ich das“, widersprach sie mit vorgeschobenem Kinn. „Nie.“
Rick schüttelte den Kopf. Er riss die Tür auf und ging.
Murphy sah ihm nach. Dann seufzte sie und fragte: „Sind Sie in Ordnung, Miss?“
Molly nickte etwas benommen. „Ja. Nur müde.“
Einen Atemzug später kam Sandra herein, warf einen Blick in die Runde und stürzte auf Molly zu, um sie in ihre Arme zu schließen. Das Mädchen erwiderte die Umarmung fest.
„Haben Sie sie erreicht?“, fragte ich.
„Ja. Mrs. Carpenter ist auf dem Weg hierher.“
Molly erschrak.
„Gut“, sagte ich. „Könnten Sie bei Molly bleiben, bis sie hier eintrifft?“
„Natürlich.“
Ich nickte und sagte zu Molly: „Kleines, jetzt wird ’ s kompliziert. Ich möchte, dass du mit deiner Mutter gehst, ja?“
Sie nickte langsam, ohne aufzublicken.
Ich
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