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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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überhaupt möglich war, stärker als am Vorabend, als mir Kutte ordentlich die Rübe durchgeschüttelt hatte. Ich wollte nicht wieder zu Bewusstsein kommen, wenn dies bedeutete, dass ich mich dem Schmerz stellen musste.
    Aber diese warmen, weichen Finger berührten mich, sanft und exquisit weiblich, und der Schmerz begann zu verblassen. Das hatte den üblichen Effekt. Wenn der Schmerz einmal weg war, wirkte allein dessen Abwesenheit wie eine Droge.
    Doch es war noch mehr. Es lag ein ganz ursprünglicher Trost darin, berührt zu werden, zu wissen, dass jemand anders, jemand, der einem nahe stand, einen berühren wollte. Wenn eine Hand über einen strich, erfüllte einen das mit einer tiefen Sicherheit, mit einer unterschwelligen, instinkthaften Versicherung, dass jemand in der Nähe war. Jemand, dem man nicht egal war.
    In der letzten Zeit hatte es den Anschein gehabt, als würde ich kaum jemals berührt.
    „Verdammt, Lash“, grummelte ich. „Ich habe dir doch gesagt, du sollst mit so was aufhören.“
    Die Finger versteiften sich für eine Sekunde, dann frage Elaine: „Wie bitte, Harry?“
    Ich blinzelte und öffnete die Augen.
    Ich lag auf einem Bett in einem schummrigen Hotelzimmer. Die Deckenfliesen waren alt und voller Wasserflecken. Die Möbel waren einfach, billig und durch langfristigen, nachlässigen Gebrauch und mangelnde Pflege abgewetzt.
    Elaine saß im Lotossitz am Kopfende des Bettes. Mein Kopf ruhte angenehm in ihrem Schoß, wie schon so oft zuvor. Meine Beine baumelten über das Fußende, wie sie es vor langer Zeit ebenfalls so oft getan hatten, in einem Zuhause, an das ich mich außer im Traum kaum mehr erinnerte.
    „Tue ich dir weh, Harry?“, bohrte Elaine. Ich konnte ihren Gesichtsausdruck nur sehen, wenn ich mir ordentlich den Hals verdrehte, und das schien mir im Moment keine ratsame Idee zu sein, dennoch konnte ich ihre Sorge klar aus ihren Worten heraushören.
    „Nein“, versicherte ich. „Bin einfach nur fertig und wache langsam auf. Entschuldigung.“
    „Ah“, sagte sie. „Wer ist Lash?“
    „Niemand, über den ich besonders gerne sprechen möchte.“
    „Na gut“, antwortete sie. In ihrer Stimme lag nur sanfte Zustimmung. „Dann leg dich einfach zurück und lass mich das hier zu Ende bringen. Dein Freund, der Vampir, behauptet, dass die Krankenhäuser unter Beobachtung stehen.“
    „Was tust du da?“, wollte ich wissen.
    „Reiki“, antwortete sie.
    „Hände auflegen?“, gab ich mich verblüfft. „Das funktioniert?“
    „Die Grundprinzipien sind äußerst fundiert“, sagte sie, und ich fühlte ein zartes Streichen über meine Stirn. Ihr Haar. Ich erkannte das Gefühl und den Geruch sofort. Plötzlich klang sie etwas unkonzentriert. „Es ist mir gelungen, das Ganze mit einigen Grundprinzipien der Bewegung der Energieflüsse zu kombinieren. Ich kann zwar noch nichts gegen schwere Traumata oder Entzündungen unternehmen, doch es ist eine erstaunlich effektive Methode, mit blauen Flecken, Prellungen und Beulen fertig zu werden.“
    Ganz im Ernst: Die Kopfschmerzen waren schon völlig verschwunden. Die Anspannung in meinem Kopf- und Nackenbereich löste sich ebenfalls, genau wie die Verspannungen in meinen Schultern und oberen Rückenbereich, und eine schöne Frau berührte mich.
    Elaine berührte mich.
    Ich hätte sie um nichts in der Welt davon abgehalten, und wenn ich mich tausend Male an Papier geschnitten und sie ihre Finger in Zitronensaft getaucht hätte.
    So blieben wir eine Weile. Manchmal bewegte sie ihre Hände und fuhr mir mit den Handflächen sanft über Wangen, Kehle und Brust. Ihre Hände vollführten immer wieder die gleichen, streichenden Bewegungen, wobei sie meine Haut kaum berührten. Irgendwann kam mir mein Hemd abhanden. All die Schmerzen, Wehwehchen und Anstrengung des vorangegangenen Kampfes verblassten und ließen nur noch eine glückliche Wolke aus Endorphinen hinter sich zurück. Ihre Hände waren warm, bedächtig, unendlich geduldig und unendlich selbstsicher.
    Es fühlte sich einmalig an.
    Hochzufrieden ließ ich mich in den Sinneseindrücken treiben.
    „So“, sagte sie schließlich leise. Ich konnte nicht abschätzen, wie viel Zeit vergangen war. „Wie fühlt sich das an?“
    „Unbeschreiblich“, sagte ich.
    Ich hörte, wie sich ein Lächeln in ihre Stimme schlich. „Das sagst du immer, wenn ich dich berühre.“
    „Ist nicht meine Schuld, wenn es immer der Wahrheit entspricht“, erwiderte ich.
    „Schmeichler“, sagte sie und schlug

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