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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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eine Kugel deinen Mantel getroffen, nachdem du dich hingekauert hattest, und ist dann von deinem Dickschädel abgeprallt, ohne Schaden anzurichten, oder du bist gegen Eistrümmer geknallt, als du untergegangen bist.“
    Dank des verzauberten Leders meines Mantels war es möglich, dass eine Kugel von meinem Schädel abgeprallt war. Das zu hören war ernüchternd, selbst für mich. „Danke, dass du mich rausgeholt hast.“
    Elaine zog eine Braue hoch, rollte dann die Augen und meinte: „Mir war langweilig. Ich hatte nichts Besseres zu tun.“
    „Schon klar“, sagte ich. „Thomas?“
    „Ihm geht es gut. Er hatte einen Wagen in der Nähe der Docks. Ich fuhr dein Clownsauto, und so haben wir alle in die zwei Autos gestopft und sind verduftet. Mit etwas Glück hatte Madrigal größere Probleme, den Polizisten zu entwischen als wir.“
    „Nein“, sagte ich im Brustton der Überzeugung. „Zu einfach. Er ist entkommen. Wo ist Thomas?“
    „Er hat gemeint, er würde draußen Wache halten.“ Elaine runzelte die Stirn. „Er hat so … so bleich ausgesehen. Er hat sich geweigert, in einem Zimmer mit den Flüchtlingen zu bleiben. Oder auch mit mir, was das anbelangt.“
    Ich antwortete mit einem Grunzen. Thomas hatte drunten am Hafen wirklich sein Supervampcape ausgepackt. Unter gewöhnlichen Umständen war er schon äußerst stark für einen Mann seiner Größe und Statur. Doch selbst äußerst stark war nicht stark genug, um es mit nichts anderem als einem großen Stecken bewaffnet mit einer Horde Ghulen aufzunehmen und das zu überstehen. Thomas besaß Mittel und Wege, sich stärker zu machen – viel stärker –, aber nicht für ewig. Der Dämon, der mit Thomas’ Seele verwoben war, konnte ihn zu einem wahren Halbgott machen, wodurch aber auch sein Hunger nach der Lebenskraft Sterblicher wuchs, da er für diese größere Leistungsfähigkeit alles verbrannte, was er aufgespart hatte.
    Nach diesem Kampf musste Thomas einfach heißhungrig sein. So hungrig, dass er sich selbst nicht mehr zutraute, Zeit in einem Raum mit jemandem zu verbringen, den er, nun ja, als essbar ansah. Was im Falle unseres Flüchtlingstrupps außer mir und den Kindern jeder war.
    Das musste ganz schön wehtun.
    „Was ist mit dem Ordo?“, flüsterte ich.
    „Ich wollte mich erst auf den Weg machen, wenn ich sicher sein konnte, dass ich niemanden zu ihm führen würde. Also habe ich die Frauen jede Stunde angerufen, um sicherzustellen, dass sie in Ordnung sind. Ich sollte schon längst wieder anrufen.“
    Noch ehe sie den Satz beendet hatte, drehte sie sich zum Telefon und wählte. Ich wartete. Sie schwieg. Nach einer Weile legte sie auf.
    „Keine Antwort“, meinte ich leise.
    „Nein“, antwortete sie. Sie ging zur Kommode und holte von dort ihre Kette, die sie wie einen Gürtel durch die Schlaufen ihrer Hose fädelte. Als Verschluss benutze sie ein krummes Holzstück, das mit mehreren bunten Lederriemen umwunden war, das sie durch zwei Kettenglieder schob.
    Ich öffnete die Tür, streckte den Kopf ins Dämmerlicht und sah mich um. Ich konnte Thomas nirgends ausmachen, also stieß ich einen kurzen, gellenden Pfiff aus, winkte mit der Hand und begab mich wieder ins Innere. Ich schloss die Tür wieder.
    Nach kurzer Zeit hallten Thomas’ Schritte vor der Tür.
    „Harry“, sagte Elaine leicht alarmiert. „Das Schutzzeichen.“
    Ich hob kurz schulmeisterhaft den Zeigefinger, dann verschränkte ich die Arme, starrte die Tür an und wartete. Der Türknauf zuckte; dann hallte ein dumpfer Aufprall durch die Nacht, gefolgt von einem überraschten Aufkeuchen und dem lauten Scheppern leerer Mülleimer.
    Ich öffnete die Tür und fand Thomas mitten auf dem Parkplatz in einem kleinen Meer verstreuten Abfalls auf dem Rücken liegend vor. Er starrte für einen Augenblick in den Nachthimmel, stieß dann einen langen, leidenden Seufzer aus und setzte sich auf, wobei er mir einen bitterbösen Blick zuwarf.
    „Oh, das tut mir leid“, versicherte ich ihm mit der Aufrichtigkeit eines Dreijährigen, der behauptete, die Kekse nicht geklaut zu haben, auch wenn sein Gesicht vor Krümeln strotzt. „Vielleicht hätte ich eine potentielle Gefahr dir gegenüber erwähnen sollen? Ich meine, es wäre echt höflich gewesen, dich zu warnen, nicht wahr, und sinnvoll, intelligent, respektvoll und …“
    „Schon kapiert, schon kapiert“, brummte er. Er stand auf und machte sich an die Sisyphusarbeit, diverse ekelhafte Dinge von seiner Kleidung zu wischen. „Mein

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